25. Januar 2013
Event-Pläne von Ortsamtleiter und SPD-Beiratsfraktion anlässlich der Eingemeindung Blumenthals vor 75 Jahren schlichtweg neben der Spur
Aufruhr in Blumenthal. Beteiligt sind mal wieder der Ortsamtsleiter und die SPD-Beiratsfraktionen. Worum geht es diesmal?
Nächstes Jahr jährt sich die ‚Verordnung über den Neuaufbau des Reiches‘, die auch die Eingemeindung Bremen-Blumenthals beinhaltete, zum 75sten Mal. Das Blumenthaler Stadtteilparlament hat auf Antrag der SPD-Beiratsfraktion und mit den Stimmen der Christdemokraten beschlossen, vom Bremer Kulturressort eine viertel Million Euro für Jubiläums-Festivitäten zu fordern – ‚allen Unkenrufen zum Trotz‘, wie es im Beschlusstext heißt. Ortsamtsleiter Peter Nowack (SPD) dazu in der Norddeutschen: ‚Wir erwarten, dass die Stadt Bremen sich als politische Willensbekundung zu diesem Stadtteil bekennt – und Geld gibt‘. Ein ‚Fest für Jedermann auf der Bahrsplate‘ soll nach Vorstellung der Beiratsmehrheit im Juli die Feierlichkeiten krönen.
Dagegen regt sich Widerstand. Denn der geplante Veranstaltungsort, die Bahrs Plate, ist ein Erinnerungsort gegen Faschismus, Krieg und Holocaust; der Ort mahnt unter anderem an das ehemalige KZ-Außenlager an selber Stelle. Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende der LINKEN in der Bürgerschaft, meint dazu: „Mindestens 134 Menschen wurden hier Opfer der NS-Vernichtungspolitik. Die Bahrsplate ist kein Ort, um geschichtsvergessen bei Bier und Bratwurst eine Raumordnungsmaßnahme zu feiern, die von den Nazis nicht zuletzt aus Gründen effizienter Kriegswirtschaft vorgenommen wurde. Dieser Antrag hat nichts mit einer ‚Willensbekundung‘ zu irgendeinem Stadtteil zu tun, sondern ist schlichtweg neben der Spur. Auf so eine krude Idee ist im Gegensatz zum Blumenthaler Ortsamtsleiter und der dortigen SPD-CDU-Riege landesweit noch niemand gekommen.“
Der Landesvorsitzende der Bremer VVN – Bund der Antifaschisten, Raimund Gaebelein, sieht ebenfalls keinen Anlass, die Eingemeindung zu bejubeln. „Sie diente im Grunde der Kriegswirtschaft, die Industrieproduktion sollte nicht von irgendwelchen Gemeindegrenzen behindert werden.“ Auch er erinnert daran, dass auf der Bahrs Plate vor dem Zweiten Weltkrieg Aufmärsche der paramilitärischen Formationen der Nazipartei stattfanden und während des Krieges Baracken für Kriegsgefangene und das KZ-Außenlager Blumenthal standen, wo wenigstens 134 Zwangsarbeiter an Hunger, Entkräftung, umkamen, erschlagen, erschossen, erhängt wurden. Für Gaebelein ist dies eine Instinktlosigkeit sondergleichen. Er fragt in einem offenen Brief den Blumenthaler Ortsamtsleiter und den Beirat, ob das Stadtteilparlament sowie das Ortsamt denn erwarten würden, dass Angehörige und politische Erben der Opfer an den Feiern zur Schaffung der Voraussetzungen für die Deportation ihrer Väter, Brüder und Onkel teilnehmen würden.
Kritik erhalten Peter Nowack und die SPD-Beiratsfraktion jetzt offenbar auch aus den eigenen Reihen. Laut eines taz-Berichtes vom 23. Januar 2013 sagt der Bremer Bürgermeister und Kultursenator Jens Böhrnsen: „Ich habe vor einiger Zeit ein Mahnmal auf der Bahrsplatte eingeweiht. Deshalb erscheint mir das für mich nicht der richtige Ort für ausgelassene Feiern ungetrübter Fröhlichkeit sein zu können.“ Und auch der Blumenthaler Ortsverein der Sozialdemokraten rudert nun wohl zurück. Heute steht in der Bremer Lokalausgabe der taz, dass die Pläne der SPD-Beiratsfraktion, das 75-jährige Jubiläum der Eingemeindung Blumenthals zu Bremen zu feiern, vom SPD-Ortsverein nicht mitgetragen würden.
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass der Blumenthaler Ortsamtsleiter unangenehm auffällt. Nach einer Massenschlägerei in der George-Albrecht-Straße von Anfang Oktober 2012 machte er mit Forderungen auf sich aufmerksam, die man sonst nur aus dem rechtsradikalen Lager her kennt. Nun rächt sich einmal mehr, dass bei der Novellierung des Beirätegesetzes vor einigen Jahren zwar die Stadtteilparlamente das Recht erhalten haben, ihre Ortsamtsleiter/innen selbst auszuwählen. Die Möglichkeit einer vorzeitigen Abwahl wurde aber nicht festgeschrieben. So können wir auf weitere ‚Ideen‘ von Peter Nowack gespannt sein. Lucie Horn 75 Jahre Eingemeindung Blumenthals: LINKE kritisiert Event-Pläne als „schlichtweg neben der Spur“
2014 jährt sich die ‚Verordnung über den Neuaufbau des Reiches‘, die auch die Eingemeindung Bremen-Blumenthals beinhaltete, zum 75sten Mal. Der Blumenthaler Beirat hat auf Antrag seiner SPD-Fraktion beschlossen, vom Bremer Kulturressort eine viertel Million Euro für Jubiläums-Festivitäten zu fordern – ‚allen Unkenrufen zum Trotz‘, wie es im Beschlusstext heißt. Ortsamtsleiter Peter Nowack (SPD) dazu in der Norddeutschen: ‚Wir erwarten, dass die Stadt Bremen sich als politische Willensbekundung zu diesem Stadtteil bekennt – und Geld gibt‘. Ein ‚Fest für Jedermann auf der Bahrsplate‘ soll nach Vorstellung der Beiratsmehrheit im Juli die Feierlichkeiten krönen.
Die Linksfraktion in der Bremischen Bürgerschaft lehnt das Vorhaben ab. Die Bahrsplate ist ein Erinnerungsort gegen Faschismus, Krieg und Holocaust; der Ort mahnt unter anderem an das ehemalige KZ-Außenlager an selber Stelle. Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende, erklärt: „Mindestens 134 Menschen wurden hier Opfer der NS-Vernichtungspolitik. Die Bahrsplate ist kein Ort, um geschichtsvergessen bei Bier und Bratwurst eine Raumordnungsmaßnahme zu feiern, die von den Nazis nicht zuletzt aus Gründen effizienter Kriegswirtschaft vorgenommen wurde. Dieser Antrag hat nichts mit einer ‚Willensbekundung‘ zu irgendeinem Stadtteil zu tun, sondern ist schlichtweg neben der Spur. Auf so eine krude Idee ist im Gegensatz zum Blumenthaler Ortsamtsleiter und der dortigen SPD-CDU-Riege landesweit noch niemand gekommen.“
Peter Erlanson, kulturpolitischer Sprecher, ergänzt: „Mir fallen diverse Initiativen und Institutionen ein, die kleine Summen für hervorragende Projekte beantragen, aber mit Verweis auf die knappen Kassen regelmäßig von der Koalition abgebügelt werden. Und das beschmierte Mahnmal für die Opfer der Reichspogromnacht in der Dechanatstraße wurde erst nach einer parlamentarischen Anfrage der LINKEN saniert; finanziell ging es dabei um wenige tausend Euro. Sollten für die Jubiläumspläne der SPD auf der Bahrsplate öffentliche Mittel bewilligt werden, wäre das ein ausgemachter Skandal.“
Bericht auf Radio Bremen vom 25.01.2013 http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=82513