Brandbücher

23. Dezember 2013

Nach dem Tod ihrer Großtante findet Karina beim Ausräumen des Hauses auf dem Dachboden geheimnisvolle, beschriebene Postkarten. Bei ihrer Suche nach dem Verfasser und dem Sinn der Karten wird sie in das Jahr 1933 zurückgeführt. Ihre Großtante, damals Haushälterin im Haushalt eines jüdischen Buchhändlers, erlebt, wie die Bücherverbrennung in Münster vorbereitet wird. Karin sticht mit ihrer Suche in ein Wespennest der „ehrbaren Bürger“ Münsters und begibt sich dadurch selber in Gefahr, weil sie den gut gehüteten Geheimnissen der NS-Zeit immer näher kommt.
Meine Meinung: Birgit Ebbert hat es geschafft eine dunkle Seite der deutschen Geschichte mit viel Einfühlungsvermögen und sehr guter Sachkenntnis in einen spannenden Krimi zu verarbeiten. Der Wechsel zwischen dem Inhalt der Postkarten, Szenen aus dem Jahr 1933 und der Gegenwart ist sehr gut gelungen und vermittelt dem Leser doch eine ineinander übergehende Handlung. Gute Recherchen zu dem Thema und Original-Aussprüche oder –Verordnungen aus dieser Zeit, die im Text markiert sind, machen das Ganze noch interessanter. Die Veränderungen mancher Personen im immer weiter greifenden Aufbau des Naziregimes sind so realistisch dargestellt, dass man an manchen Stellen des Buches zu gern die Charaktere schnappen und schütteln möchte, um sie aufzuwecken. Der sich im Anhang befindende jüdische Kalender macht es dem Leser leichter mit den Daten der Postkarten umzugehen. Besonders beeindruckt mich das Nachwort der Autorin, in dem sie sehr gut ihre Gefühle und Beweggründe zur Entstehung des Buches wiedergibt. Ich weiß nicht, ob ich es unbedingt als Krimi bezeichnen würde, eher als einen Roman, der sich mit der Aufarbeitung unserer Vergangenheit beschäftigt, mit Spannung wegen der Bedrohung der Hauptperson. Auf alle Fälle wieder mal ein sehr gelungenes Werk zu einem leider nie endenden brisanten Thema, ein Muss für Jeden, der sich mit diesem Thema befasst und gleichzeitig die Spannung liebt.
Brandbücher, von Birgit Ebbert, Gmeiner Verlag, ISBN 978-3-8392-1448-0, 281 Seiten, 11,99 Euro

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Hinter Gottes Rücken

23. Dezember 2013

Als Antikriegsroman erlebte Bastian Müllers „Hinter Gottes Rücken“ in den ersten Nachkriegsjahren vier Auflagen. Vom Stil her erinnert er an die „Schwarze Reihe“ in der französischen Existentialistenszene. Wilhelm, die beherrschende Figur des Romans, versucht in schweik’scher Manier einer Beteiligung am Krieg zu entgehen. Er hasste nach eigenen Aussagen das Militär, konnte sich nicht vorstellen, „eingekleidet, gedrillt, abgerichtet“ zu werden. Fürs erste war er bei der Musterung für untauglich befunden worden. September 1939 begann der Krieg, gleich zu Beginn seiner Hochzeitsreise nach Ostpreußen. In Berlin holt er sie ein. Als Transportführer wird Wilhelm 1941 nach Antwerpen geschickt. Auf ironische Weise werden die Widersinnigkeit von Befehlen dargestellt und die Pannen in der Kriegsmaschinerie. Die Unmenschlichkeit des Besatzungsregimes wird durch groteske Übertreibungen der Schilderung deutlich. Wilhelm träumt während der Versorgungsfahrten quer durch Europa von einer heilen Welt ohne Krieg. Ausgiebig erlebt er Gespräche mit unterschiedlichsten Leuten in Lokalen. Er will den Krieg vergessen, an den er nicht glaubt. Anfang 1944 soll Wilhelm als Dramaturg bei den Dreharbeiten zu Durchhaltefilmen mitwirken. Auf der Flucht vor den Bomben flüchtet Wilhelm auf Land, wo er mithilfe von Zwangsarbeitern Unterkünfte wohnfertig macht. Die weitere Flucht führt ihn nach Thüringen, wo er für sich, seine Frau und weitere Flüchtlinge eine Mühle requiriert. Dort warten sie die Befreiung ab. Ihr weiterer Weg führt sie in den Westen. Für den Schwarzmarkt war Wilhelm wahrlich nicht gemacht. Ausführlich beschäftigt er sich damit das Leben nach dem Kriege wieder in Gang zu bringen. Die neuentworfenen Vorschriften, das Auftreten der Besatzungsbehörden in Ost und West, den Kleinkrieg um Lebensmittel und Baumaterialien nimmt Wilhelm in seiner gewohnt schicksalsergebenen Art. Wilhelm, die Hauptfigur des Romans, spiegelt die persönliche Erfahrungswelt des Verfassers wider und schildert zugleich, was er in der Zeit des Krieges nicht zu schreiben, nicht zu sagen wagte.
Bastian Müller, Hinter Gottes Rücken, Donat Verlag Bremen 228 S., 14,80 EUR, ISBN 978-3-943425-12-3

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Blut und Ehre – Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland

23. Dezember 2013

Wie oft müssten wir den Satz „Das haben wir nicht gewusst“ schon gehören? Im Nachkriegsdeutschland will kaum jemand die KZs und Wehrmachtsgräuel gekannt haben. Der Oktoberfestmörder war natürlich ein Einzeltäter und Rostock-Lichtenhagen oder Hoyerswerda waren auch kein Zeichen der Fremdenfeindlichkeit.
So gut wie alle Politiker vom „Alten“ über „Schmidt Schnauze“ bis „Angie“ waren sich der Gefahr von Rechts bewusst und haben sie genutzt, gebraucht und doch geleugnet.
Andrea Röpke und Andreas Speit (und ihre drei Mit-Autoren Andreas Förster, Julia Jüttner und Anton Maegerle) weisen in ihrem Buch „Blut und Ehre – Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland“ auf, dass Uwe Böhnhard, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe keine Einzeltäter waren, sondern durchaus ein großes Unterstützernetzwerk gehabt haben. Der Unterschied zu anderen Büchern zum Thema Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ist, dass die beiden Autoren nicht Ende der 1990ern beginnen, sondern 1945. So entstand Nazi-Deutschland ja auch nicht erst 1933 – der Beginn liegt bereits vor 1914. Einer der „Vorläufer“ der NSU war der Technische Dienst (TD) des Bund Deutscher Jugend (BDJ – 1953 verboten). Zusammen mit Gladio (eine paramilitärische Geheimorganisation von NATO, CIA und MI6 während des Kalten Krieges) baute der TD Waffenlager in der BRD auf (z.B. in Bremen-Huchting). Eines der Ziele war die Liquidierung „unzuverlässiger“ Sozialdemokraten (z.B. Wilhelm Kaisen). Nach dem Verbot wurden alle Informationen über Personen und Aktionen vom CIC (Counter Intelligence Corps [Spionageabwehr]) eingesammelt und verschlossen. Der Adenauer-Regierung war das alles bekannt und sie schwieg selbstredend.
Wie sehr gewaltbereites rechtes Denken in Gesellschaft und Politik verwurzelt ist, zeigt die Tatsache, dass seit 1990 über 180 Menschen durch rechte Gewalttäter gestorben sind, die Bundesregierung jedoch nur gut 60 von ihnen als „Morde von Rechts“ anerkennt. Also warum waren so viele Politiker erschüttert von den NSU-Morden? Gehen doch (rein statistisch) zwei Angriffe pro Tag in Deutschland auf das Konto von Neo-Nazis.
So wurde der Anfang der NSU-Mordserie als „Döner-Mord“ tituliert. Wie schön verharmlosend! Folglich müssten die Täter aus dem Familienumkreis kommen. Wie mögen sich Angehörige fühlen, wenn sie als potentieller Täter bzw. Täterin gelten? Sand in den Augen – gestreut von Polizei und Verfassungsschutz. Alle Indizien, die nach rechts wiesen, wurden negiert. Auch das ist nichts Neues: Dass Gundolf Köhler zur neonazistischen und paramilitärischen Wehrsportgruppe Hoffmann Verbindungen hatte, war auch bekannt und wurde – richtig – negiert. Unsere Behörden und Politiker sind auf dem rechten Auge blind – vielleicht nicht ganz, denn sonst würde man ja nicht die schützende Hand über die „Rechten“ halten. Sie werden ja womöglich noch gebraucht.
Das Buch zeigt aber auch die anderen Begleitumstände auf. Seien es Szene-Treffs (z.B. aus Bremer Sicht: Sportsfreund, Bells, Klause 38) oder Nazi-Bands und -Label (auf Bremen bezogen wird die Band Endstufe von Jens Brandt erwähnt, weitere sind z.B.: Kategorie C, Endlöser [früher Schlachtruf], Patriotic Bois und bei den Label: Hanse-Records, Heimdall-Shop, sieg-oder-spielabbruch.de). Auch werden Verbindungen ins Rockermilieu beleuchtet.
Das Buch von Andrea Röpke und Andreas Speit „Blut und Ehre – Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland“, erschienen im Ch. Links Verlag, Berlin, hat 288 Seiten und kostet 19,90 EUR (ISBN978-3-86153-707-6). Es ist vielleicht eher ein Nachschlagewerk denn ein Lesebuch für den Feierabend. Dafür verfügt es über ein gut geführtes Sach-, Orts- und Personenregister.

9783861537076

Antifaschistische Nordkonferenz 2013

10. Dezember 2013

von Freitag, den 21. bis Sonntag, den 23. März 2014, in der Antifaschistischen Erholungs- und Begegnungsstätte Heideruh, 21244 Buchholz /Nordheide

Freitag, den 21. März
18.00 Uhr Abendessen – Lockere Gespräche am Abend in netter Atmosphäre

Sonnabend, den 22. März
9.30: Begrüßung – Ablauf der Konferenz
10.00 Uhr Rechtspopulistische und neofaschistische Parteien zur Europawahl (Andre Aden)
12.00 Uhr Mittagessen
13.30 Uhr Der 1. Weltkrieg vor 100 Jahren eine Zäsur, Deutschlands Griff nach der Weltmacht (Dr. Wolfgang Beutin)
Lehren aus der Geschichte, die Rückkehr des Krieges in die Politik. (Dr. Peter Strutynski)
15.30 Uhr Pause
16.00 Uhr Militarismus in Deutschland, Diskussionsrunde
18.00: Uhr Abendessen
19.00 Uhr Kulturelles Abendangebot von RLS und Heideruh

Sonntag, den 23. März
9.00 Uhr Antifaschistische Bewegung in den Nordländern, Neofaschistische Entwicklungen, Internetauftritt, Austausch, Verabredungen
12.00 Uhr Mittagessen

Anmeldung im Büro unter 382914 oder bei Raimund unter 6163215
Preise: Freitagabend/Sonntagmittag: 93;- Eur, Samstagmorgen/Sonntagmittag 63,- Eur, Tagespauschale: 22,- Eur. Essens- (vegetarisch?) und Unterbringungswünsche (Einzelzimmer?) bitte bei der Anmeldung angeben.

Zum Gedenken an die Bremer Räterepublik

10. Dezember 2013

spricht am Sonntag, den 09. Februar 2014, um 11 Uhr auf dem Waller Friedhof Inge Höger (MdB die Linke). Musik: Buchtstraßenchor, Moderation: Raimund Gaebelein, anschließend ab 12:00 Uhr Kulturprogramm im Westend mit 1. Bremer Ukuleleorchester, Familie Ströh, Michael Henk und Susanne Plückebaum
Am 4. Februar 1919 zerschlug die Division Gerstenberg, unterstützt vom Freikorps Caspari, im Auftrag des von Friedrich Ebert (MSPD) und Gustav Noske (MSPD) geführten Rats der Volksbeauftragten in Berlin gewaltsam den Versuch, auch in Bremen den Kern einer antimilitaristischen, antikapitalistischen, demokratischen Gesellschaft zu errichten. Wir werden die 30 Verteidiger der Räterepublik nicht vergessen und uns in ihrem Sinne auch heute für eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft hin zu einer friedlichen, demokratischen und sozialistischen Zukunft der Gesellschaft einsetzen!
Aufrufer: Bildungsvereinigung SALZ, Bremer Antikapitalistische Linke (BAL), Landesverband Bremen, Fraktion DIE LINKE in der Bremer Bürgerschaft, Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Bremen, DKP Bremen-Nord, GEW Bremen, Initiative Bremer Montagsdemo, Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg, Marxistische Abendschule (MASCH), Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland (MLPD), Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Bremen, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Bremen

Vortragsreihe zum Gedenken an die Opfer von Faschismus und Krieg

10. Dezember 2013

die VVN-BdA Bremen e.V. führt gemeinsam mit der Naturfreundejugend Bremen vom 28. Januar bis 4. Februar 2014 vier Lesungen zum Gedenken an die Opfer von Faschismus und Krieg durch. Sie finden jeweils um 19.30 Uhr im Seminarraum der Buchte, Naturfreundehaus in der Buchtstraße 14/15 statt. Die Veranstaltungsreihe wird unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Initiative Bremen.

Dienstag, 28.01.14, um 19:30 Uhr Buchte, Buchtstraße 14/15, Lesevortrag Andrea Röpke

Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland

Was können und müssen Staat und Gesellschaft präventiv gegen rechtsextreme Gesinnungen unternehmen?

 

Donnerstag, 30.01.14, um 19:30 Uhr Buchte, Buchtstraße 14/15, Lesevortrag Dr. Heinrich Hannover

Der verlorene Kampf … aber er war nicht vergebens

Gerade mal 18 Jahre nach der Befreiung Deutschlands vom Faschismus, verurteilte das Landgericht Bremen Willi Meyer-Buer zu acht Monaten Gefängnis, weil er trotz KPD-Verbot als Einzelbewerber bei der Bundestagswahl 1961 kandidierte.

 

Dienstag, 04.02.14, um 19:30 Uhr Buchte, Buchtstraße 14/15, Lesevortrag Herbert und Inge Breidbach

Lebenslang politisch aktiv

Nie wieder Krieg, Verbot rechtsradikaler Parteien, Gerechtigkeit und Frieden, sich auseinandersetzen, Leserbriefe formulieren, nicht alles hinnehmen, füreinander da sein.

 

Donnerstag, 06.02.14, um 19:30 Uhr Buchte, Buchtstraße 14/15, Lesevortrag Raimund Gaebelein

der deutsche Umgang mit dem Rechtsextremismus

Conrad Talers Buch entlarvt die von konservativen Kreisen heraufbeschworene Angst vor dem Bolschewismus zur Zeit des Kalten Krieges, um die Wiederbewaffnung gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen.

 

Lesung aus Andrea Röpkes „Blut und Ehre“

Am Dienstag, den 28. Januar 2014, liest Andrea Röpke aus ihrem neusten gemeinsam mit Andreas Speit verfassten Buch „Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland“. Seit Mai 2013 findet vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen Beate Zschäpe, Mitglied des rechtsextremen NSU, und andere Verdächtige statt. Ihnen wird die Beteiligung an einer Serie rechtsextrem motivierter Morde an türkei- und griechischstämmigen Männern und an einer jungen Polizistin vorgeworfen. Insbesondere die Tatsache. Dass die rechtsterroristische Zelle nur durch Zufall enttarnt wurde, wirft eine Reihe von Fragen auf, denen dieses Buch nachgeht: Wie entwickelte sich das rechtsradikale Milieu seit Gründung der Bundesrepublik? Wie groß ist die Zahl der Unterstützer und Sympathisanten rechter Gewalt? Welche Schlüsse sind aus der Vielzahl peinlicher und bedrückender Versäumnisse und Ermittlungspannen bei der Bekämpfung und Aufdeckung rechtsextremer Straftaten zu ziehen? Wie kann den Opfern Gerechtigkeit widerfahren? Und nicht zuletzt: Was können und müssen Staat und Gesellschaft präventiv gegen rechtsextreme Gesinnungen unternehmen?

 

Lesung aus den Erinnerungen Willy Meyer-Buers

Am Donnerstag, den 30. Januar 2014, liest Heinrich Hannover aus den Erinnerungen Willi Meyer-Buers „der verlorene Kampf … aber er war nicht vergebens“. Am 20. Mai 1963, gerade mal 18 Jahre nach der Befreiung Deutschlands vom Faschismus, verurteilte das Landgericht Bremen Willi zu acht Monaten Gefängnis mit fünfjähriger „Bewährung“. Das einzige „Vergehen“: er hatte trotz KPD-Verbot als Einzelbewerber bei der Bundestagswahl 1961 kandidiert. Dieser erneute Prozess gegen ihn steht am Anfang seiner Lebenserinnerungen. Der Staatsanwalt des Landgerichts hielt dem Antifaschisten vor, “ein unbelehrbarer, fanatischer Anhänger der KPD“ zu sein. Drei Jahrzehnte vorher, 1934 hatte der Staatsanwalt des Nazi-Gerichts in Hamm dem von den Folterknechten der Gestapo geschundenen Häftling Willi Meyer-Buer in ähnlichen Worten vorgeworfen, er sei ein „unverbesserlicher Kommunist“ vor dem die Volksgemeinschaft geschützt werden müsse.

Lesung aus den Erinnerungen unserer Breidbachs

Am Dienstag, den 4. Februar 2014, lesen Herbert und Inge Breidbach aus ihren Erinnerungen. Den Worten der Autorin Marlies Böner Zollenkopf nach ist es „ein ‚subjektives’ Buch …, das mit Sicherheit nicht alle Facetten im Leben der beiden wiedergibt. Inge und Herbert sind zu Wort gekommen, aber auch Menschen, die sie ein Stück weit begleiteten… Herbert und Inge sind einen langen gemeinsamen Weg gegangen. Es waren die gleichen Ziele, für die sie sich einsetzten und für die sie sich noch heute engagieren. Nie wieder Krieg, Verbot rechtsradikaler Parteien, Gerechtigkeit und Frieden. Sich etwas zu sagen haben, sich auseinandersetzen, Leserbriefe formulieren, nicht alles hinnehmen, füreinander da sein, wenn im Alter das Leben anstrengend wird – das macht einen großen Teil der Liebe zueinander aus.“

Lesung aus Conrad Talers „Skandal ohne Ende“

Am Donnerstag, den 6. Februar 2014, liest Raimund Gaebelein aus Conrad Talers Buch über den deutschen Umgang mit dem Rechtsextremismus. In der Einleitung entlarvt er die von konservativen Kreisen heraufbeschworene Angst vor dem Bolschewismus zur Zeit des Kalten Krieges. Um die Wiederbewaffnung gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen, scheute sich Konrad Adenauer nicht, als Kriegsverbrecher verurteilte Wehrmachtsgeneräle und hochbelastete SS- und SD-Chargen in höchste Führungsgremien einzusetzen. Ob Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Bundeskriminalamt, viele der Spitzenleute „kamen aus dem braunen Sumpf“.

 

Auf der Suche nach Verständigung und Frieden, Erinnerungen eines politischen Christen,

geschrieben von Raimund Gaebelein

23. September 2013

Mehr als drei Jahrzehnte unterrichtete Diether Koch am Gymnasium am Barkhof und als Fachleiter für Politik und Geschichte am LIS in Bremen. Seine persönliche und familiäre Lebensgeschichte, sein starkes Engagement in den Kirchgemeinden Unsere Lieben Frauen, Jona und St. Stephani und seine Arbeit an der Herausgabe von Texten Gustav Heinemanns und Karl Barths beschreibt der 85-jährige in seinen Erinnerungen. Diether Koch wuchs in einem aus tief christlichen, gutbürgerlichen Elternhaus auf. Vater Hans Koch war Gymnasiallehrer, Mutter Gusta Koch Fabrikantentochter. Der Freundeskreis der Eltern stand der Bekennenden Kirche nahe, was für den heranwachsenden Sohn Diether zur Verpflichtung werden sollte. Sein Bewusstsein entwickelt sich unter Bombenhagel und im Widerspruch zwischen dem behutsamen Heraushalten der Eltern und den vorsichtigen Bemühungen seines Patenonkels Ulrich, die Familie über die grauenhaften Judenmorde im besetzten Osten aufzuklären. Als die Bombenangriffe auf Bremen 1943 zunahmen, gingen Mutter und Kinder zur Großmutter nach Alfeld/Leine. Dem HJ-Dienst und der Einberufung zur Waffen-SS konnte der 15-jährige kurz vor Kriegsende durch Rückstellung aus gesundheitlichen Gründen entkommen.
Nach der Befreiung kümmerten sich die Kochs erstmal um den Wiederaufbau in Schwachhausen, und Diether um den Schulabschluss. Helmut Gollwitzer, Martin Niemöller und Gustav Heinemann wurden für den jungen Germanistikstudenten in Göttingen zu kirchlichen wie politischen Vorbildern im Bemühen um einen Ausgleich mit dem Osten. Der Appell Albert Schweitzers gegen die Atomaufrüstungspläne Konrad Adenauers bewegte die Studienreferendare in Bremen 1957 zu einer Solidaritätserklärung. Ausführlich schildert Diether Koch seine Unterrichtsformen am Barkhof, die Erziehung der Schüler zum selbstkritischen Denken. Wesentliches Arbeitsmittel bildeten Handreichungen, bestehend aus zahllosen unkommentierten Originalquellen unterschiedlicher bis gegensätzlicher Herkunft. Den Forderungen der Schülerbewegung 1968 konnte er nur begrenzt zustimmen. Verstärkt wandte sich Diether Koch der Lehrerausbildung zu und verstärkte seine persönlichen Kontakte zu Gustav Heinemann. Daraus ging nach gründlichen Recherchen und intensiven Gesprächen ein Buch hervor: „die andere Stimme. Heinemann und die Deutschlandpolitik“. Konflikte in den Bremischen Kirchengemeinden veranlassten die Kochs von Unsere Lieben Frauen zur Jonagemeinde und schließlich zur Stephani-Gemeinde überzutreten. Wesentliche Rolle spielte die Bedeutung der Barmer Erklärung für die Friedens- und Entspannungspolitik. Intensiv beschäftigte sich Diether Koch mit den Schriften Karl Barths, der sehr entschieden gegen die Atomrüstung aufgetreten war. Daraus entstand eine Textsammlung zur Haltung von Christen in der politischen Auseinandersetzung.
Diether Kochs Erinnerungen entstanden im Rückblick nach einer schwerwiegenden Operation. Die Versäumnisse in der Beurteilung der politischen Möglichkeiten während des sog. Kalten Kriegs beschäftigen ihn sehr. Er stellt jede Selbstsicherheit infrage und fordert eine radikale Umkehr.
Dieter Koch, Auf der Suche nach Verständigung und Frieden, Erinnerungen eines politischen Christen, Donat Verlag Bremen, 384 S, ausf. Personenregister, 19,80 EUR, ISBN 978-3-943425-21-5

Dieter Koch

Willensfreiheit?

geschrieben von Richard Keßler

23. September 2013

Heinrich Hannover stellte am 29. August in der Buchhandlung Leuwer am Wall eine Neuauflage seines Klassikers „Die Republik vor Gericht“ vor. So kurz vor dem Antikriegstag trug er Momente aus seinem Plädoyer für Dr. Michael Passauer vor dem Amtsgericht Schwäbisch-Gmünd vor. Der Richter hatte am 12. Januar 1987 bei klirrender Kälte mit neunzehn weiteren Richtern für zwei Stunden die Haupteinfahrt zum US-Raketendepot Mutlangen blockiert, aus Protest gegen die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen. …
An die Öffentlichkeit gerichtet wies Heinrich Hannover in seinem Plädoyer darauf hin, dass Richter nur ausnahmsweise angeklagt würden. ..
Er prophezeite, dass am Ende „die Zeit allzu offensichtlich über sie hinweggegangen“ sein werde. So war es dann auch: Gegen den entschiedenen Protest liberal-konservativer Politiker …
korrigierte das Bundesverfassungsgericht März 1995 seine neun Jahre zuvor gefasste Begriffsdefinition von Nötigung

Auszug aus BAF-Artikel 10./11.2013

Wissenschaft instrumentalisiert

geschrieben von Wilhelm Henkel

23. September 2013

Immerhin kamen am 11. August schließlich doch 15 Interessierte im Rahmen unseres Sommerausflugs zur Ausstellungsführung ins Fockemuseum. Das Thema war interessant, die Führung bot einiges an bislang wenig bekannten Informationen und wurde auch anschaulich überbracht. „Graben für Germanien – Archäologie unterm Hakenkreuz“ hatte einen starken regionalen Bezug und ging auch ein auf die selbsternannten Erben des völkischen Germanenkults heute. …
In der Böttcherstraße ließ Ludwig Roselius von Bernhardt Hoetger seine Vorstellung in Stein umsetzen. Die aufgeworfenen Fragen wurden anschließend wenigstens ansatzweise beim Kaffee weiter durchgesprochen….

Auszug aus BAF-Artikel 10./11.2013

Materassi-Ausstellung

geschrieben von Ulrich Stuwe

23. September 2013

Im Rathaus von Schwanewede wurde am 5. September eine Ausstellung der Familie Materassi eröffnet. Die Ausstellung enthält 9 Texttafeln mit Ausschnitten aus dem Tagebuch Elio Materassis, der als „Italienischer Militärinternierter“ zwischen 1943 und 1945 auch auf der Baustelle „U-Boot-Bunker Valentin“ Zwangsarbeit leisten musste. Daneben enthält die Ausstellung noch 27 Fotografien, die Yuri Materassi bei seinem ersten Besuch der Orte 2011 erstellt hatte, an denen sein Großvater leben und arbeiten musste…..
Am 22.10.1943 wurde in Neuenkirchen für die Imis ein abgetrennter Lagerteil geschaffen. Da sie als Verräter galten wurden sie zu den schwersten Arbeiten herangezogen und mit am schlechtesten ernährt. Entsprechend waren auch die Befehle des Oberkommandos der Wehrmacht, die höchste Arbeitsleistung, schwerste Strafen bei Vergehen von Imis verlangte und Wehrmachtspersonal decken würde, welche die Schutzregeln für Imis nicht beachteten….
Meines Erachtens entspricht die Ausstellung diesen Intentionen Yuri Materassis. Die Ausstellung dient nicht dazu Kenntnisse über den „Bunker Valentin“ und sein Umfeld zu erweitern. Den modernen und künstlerisch hochwertigen Fotos im Zusammenhang mit den ausgewählten Texten aus Elios Tagebuch verlangen aber emotionale Parteinahme für die entrechteten und ausgebeuteten Häftlinge, gegen Täter und „Mythen“, die eingesetzte Technik und schiere Größe des „Bunkers Valentin“ entstehen ließen.

Auszug aus BAF-Artikel 10./11.2013

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