Streik gegen den Krieg

15. März 2018

Deutlich mehr Zulauf als im letzten Jahr hatte die Gedenkveranstaltung am 04. Februar auf dem Waller Friedhof. Sonnenschein sorgte für vergleichsweise milde Temperaturen, der Schneefall am frühen Morgen gab der Veranstaltung eine vertraute Kulisse. Buchtstraßenchor und Rotes Krokodil durchzogen die im besten Sinne historische Unterrichtsstunde. In der Eröffnung wurde darauf hingewiesen, dass die sich anbahnende Fortsetzung der sozialen Kahlschlagpolitik in diesem Land nicht unwidersprochen bleibt…

Achim Bigus, Vertrauenskörperleiter der IG Metall bei VW Osnabrück, legte den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf den großen Metallarbeiterstreik im Januar 1918. Ausgehend von den großen Berliner Rüstungsbetrieben streikten die Metallarbeiter gegen den Großen Krieg. Verbunden waren die Aufrufe nach einer Verbesserung der materiellen Lage über die Kriegsjahre mit antimilitaristischen Anliegen und dem Aufruf, die führenden Köpfe der organisierten Arbeiterschaft aus der Haft freizulassen…

Im Westend brillierte Aline Barthélémy anschließend mit einem sehr guten Programm aus Arbeiter- und Widerstandsliedern vor einer vergleichsweise großen und leider sehr undisziplinierten Zuhörerschaft, die wohl eher leichte Unterhaltungsmusik bei Kaffee, Tee und Kuchenbergen erhofft hatte.
Auszug BAF 04.-05.2018

Menschenhandel Budapest 1944

15. März 2018

Zwei Dutzend Interessierte sahen am 11. Februar im Kino City46 den Film „Lebende Ware“, der die verbrecherische Übernahme und Ausplünderung des Schwerindustriekonzerns der Budapester Jüdischen Familie Weiss durch den SS-Obersturmführer und späteren Bremer Getreidegroßhändler Kurt A. Becher zeigte.

Lebende Ware ist ein Film über einen Menschenhandel 1944, kurz bevor die Rote Armee die ungarische Grenze erreichte. Nach Besetzung des Landes im März 1944 kontrollierte die SS Wirtschaft und Verkehr des Landes. Nach einem Militärputsch etablierte sich eine willfährige Satellitenregierung. Der Obersturmbannführer Kurt Andreas Ernst Becher wurde zum außerordentlichen Vertrauensmann Himmlers in Budapest. Er geriet mehr und mehr in Konflikt mit Adolf Eichmann, der die vollständige Deportation der ungarischen Juden ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau betrieb. Himmler aber brauchte jüdische Geiseln als Verhandlungsmasse für ein Separatabkommen mit den Westalliierten…
Auszug BAF 04.-05.2018

Lebhafte Diskussion fundierter Rechercheberichte

15. März 2018

Zwei Dutzend TeilnehmerInnen diskutierten lebhaft auf der diesjährigen Nordkonferenz in Heideruh die beiden vorgestellten Berichte zu Rechtsentwicklung Aufrüstungsprogramm. Heideruh selbst stand im Zentrum der Bestandaufnahme unserer Bildungsarbeit. In ihrer Begrüßung erläuterte Bea Trampenau die Situation der Antifaschistischen Bildungs- und Begegnungsstätte. Auf dem Weg zum 60. Gründungstag zwei Wochen später wurde allen noch einmal die Verantwortung um den Erhalt des Diskussionsmittelpunkts deutlich…

Andrea Röpke stellte ihr zweites aufwändig recherchiertes Jahrbuch zur Entwicklung rechter Gewalt vor. Erschreckend ist das erneute Anwachsen von Tötungsdelikten gegenüber Migranten, 2.119 Angriffe alleine 2016/17. Festzustellen sind 92 rechte Terrorgruppen, manche vom Verfassungsschutz gar nicht erfasst…

Lühr Henken erläuterte faktenreich gespickt das Aufrüstungsprogramm von Nato und EU und erläuterte die Aufrüstungsschritte und Strategieveränderungen seit 1992. Er las dazu Passagen aus aktuellen Einschätzungen zum Weißbuch der Bundeswehr. Der Umbau der Bundeswehr folgt strategischen Veränderungen durch die Bundesregierung. Der langfristige Einsatz in 14 Ländern und die Festlegung auf Erhöhung des Budgets in Richtung auf 2% des BIP binnen zehn Jahren verlangt eine Erhöhung der Truppenzahl und eine erhebliche Erweiterung der Ressourcen. Das wären 80 Milliarden Euro jährlich…

Mit einer Bildpräsentation wurden in Gesprächen Anliegen, Schwerpunkte und Zusammensetzung in 25 Jahren Nordkonferenz rückblickend betrachtet. Die Bedeutung Heideruhs als Kristallisationspunkt der Bildungsarbeit wurde hervorgehoben die langjährigen Mitstreiter in Vorträgen und Diskussionen vorgestellt. Musikalischen Abschluss bildete ein etwas schrilles Konzert der Gruppe Sokugayu mit Texten von Erich Mühsam und Klezmer.
Auszug BAF 04.-05.2018

Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne

15. März 2018

1970 verstarb ein Mann, der als Justizinspektor in der oberhessischen Kleinstadt Laubach 1939 – 1945 Tagebuch führte. Der Sozialdemokrat Friedrich Kellner macht in seinen Aufzeichnungen deutlich, wieviel ein durchschnittlicher Deutscher während des Krieges darüber wissen konnte, was geschah. Seinem Enkel Robert Martin Scott Kellner ist es zu verdanken, dass diese Aufzeichnungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Darüber hinaus befragte er selbst Ende der 60er Jahre in Kenntnis der Tagebücher Zeitzeugen in Hessen. Es gelang ihm nach Jahren die verschollen geglaubten ersten Aufzeichnungen zu erhalten, die ein Freund seines Großvaters aufbewahrt hatte.

Dieser verließ 1934 Mainz, wo er sich als Justizinspektor nicht mehr sicher glaubte, und ließ sich in die tiefste Provinz versetzen. Zehn Tagebücher enthalten Hunderte Berichte, Schlagzeilen, Fotos, Karikaturen, Ausschnitte von Tages- oder Wochenzeitungen, die er sorgfältig ausschnitt, einklebte und kommentierte. Phrasen und dreisten Lügen faschistischer Amtsträger begegnete er mit klassischen Zitaten. Mehr noch, er deckte Widersprüche in den Aussagen über einen größeren Zeitraum auf. Als im August 1942 von Judendeportationen die Rede war, fragte er sich nach dem Wohin. Er zeichnete auf, was Soldaten auf Heimaturlaub über Mordgräuel im Osten berichteten. Bis zuletzt hoffte er auf Einsicht der Generäle, dass die Lage aussichtslos war. Den Abschluss der Aufzeichnungen bildet der Bericht eines KZ-Überlebenden.

Friedrich Kellner muss sich des Risikos bewusst gewesen sein. Zu Beginn der braunen Zeit hatte er seine Kritik noch gegenüber Arbeitskollegen geäußert. Seine Akte enthält den Vermerk, er übe „durch seine Haltung einen schlechten Einfluß auf die übrige Bevölkerung“ aus. So ging er dazu über, seine Gedanken und die Stimmungslage in einem linierten Rechnungsbuch festzuhalten. Das Propagandaministerium habe „das deutsche Volk in eine Herde tumber Tiere verwandelt“. Vergeblich versucht das Ehepaar Kellner Ausschreitungen gegen die jüdische Nachbarsfamilie Heynemann zu verhindert. Anzeigen gegen die Täter werden in der Dienststelle nicht entgegengenommen. Dagegen führt es zu Nachforschungen und Ermittlungen gegen die Kellners. Immerhin gelang es, den Heynemannkindern zu Ausreise zu verhelfen.

Er beschreibt den anfänglichen Kriegstaumel und die Unzufriedenheit über die Rationierungen im Alltag. „Der anständige Deutsche hat kaum mehr den Mut, überhaupt zu denken, geschweige denn etwas zu sprechen“, notiert er. März 1940 wird er vom Bürgermeister und NS-Ortsgruppenleiter verhört. Lediglich die Kenntnis von Grundstücksaneignung und Steuerhinterziehung durch beide Amtsträger schützen ihn vor weiterer Verfolgung. Entsetzt ist er von der flächenmäßigen Bombardierung alliierter Städte. Schwer zu begreifen sei, dass ausgebombte Deutsche beim Angriff auf die Sowjetunion jubeln. Boshaft findet er die Neutralität der Schweiz und Schwedens. Heil- und Pflegeanstalten hält er für Mordzentralen. Angst vor Vergeltung fürchtet ein Soldat auf Fronturlaub. Die Ausrottung der Juden, notiert Kellner, sei das einzige Versprechen, das die Nazis eingehalten hätten. Er schätzt ein, dass der Krieg 1943 zu Ende sei. Mit vertrauenswürdigen Freunden trifft er sich zu Gesprächsrunden und verteilt heimlich alliierte Flugblätter. Schließlich wird er zum Volkssturm eingezogen. Nach der Befreiung wird er stellvertretender Bürgermeister in Laubach und konzentriert sich auf den Aufbau der SPD. Friedrich Kellners Enkel Robert Martin Scott Kellner erbte die Aufzeichnungen. Nach Armeedienst, Studium und Promotion konzentrierte er sich auf Übersetzung, Überprüfung und Herausgabe der Kriegstagebücher des Großvaters. Der Durchbruch gelang Jahrzehnte später mit der Ausstellung in der George Bush Presidential Library and Museum und der kanadischen Filmproduktion „Mein Widerstand“.

Friedrich Kellner, „Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne“, Tagebücher 1939 – 1945, 2 Bde. 1.130 S., 59,90 Euro, Wallstein Verlag Göttingen, 6.Aufl. 2017, ISBN 978-3-8353-0636-3

Frau Maier wirbelt Staub auf

15. März 2018

Die dörfliche Idylle im beschaulichen Kauzing am Chiemsee wird erneut von einem lästigen Vorfall beeinträchtigt. Ein Phantom wird des Nachts bemerkt. Hobby-Kriminologin Frau Maier bespricht sich mit ihrer Sparkassenhalterin Elfriede Gruber über eine Feier ihres bevorstehenden Geburtstags. Irgendwie bemerkt sie, dass regelmäßig zwei Zigarettenkippen vor ihrem Gartentor liegen und auf dem Dachboden merkwürdige scharrende Geräusche zu vernehmen sind. Sie ist Frühaufsteherin und gewohnt, regelmäßig ihre Runden zum See zu gehen. Merkwürdigerweise steht ein Wagen noch am nächsten Tag verlassen auf dem Parkplatz vor dem Steg. Darin ein Toter. Sie bittet zwei Hundehalterinnen die Polizei zu rufen. Ihr Intimfeind Kommissar Brandner sucht Frau Maier zuhause auf, um ihre Aussage aufzunehmen. Bei dem Toten handelt es sich um den Vater des Bürgermeisterkandidaten Seitzinger. Auf einem weiteren ihrer morgendlichen Spaziergänge trifft Frau Maier den Dorfchronisten Andreas Haller, der im alten Pfarrhof wohnt. Von ihm erhofft sie sich Aufschluss über ihre eigene Familiengeschichte, die sie 1945 als kleines Kind auf der Flucht in den Chiemgau führte. Außer einer Aufnahme ihrer Familie zeigt das Album ein Bild mit dem ermordeten Ferdinand Seitzinger, Franz Haller, dem Vater des Chronisten, und Ludwig Mailinger von einem Bauernhof am Ortsrand. Das Bild daneben fehlt. Vermerkt ist, dass dort Familie Mailinger zu sehen ist, Ludwig senior, Maria, Ludwig junior und Rosa. Auf eigene Faust stöbert Frau Maier im alten Pfarrhof. Das fehlende Foto befindet sich wieder im Album. Bei ihrer Rückkehr bemerkt sie das Fehlen ihrer Sofadecke. Im Briefkasten ein Umschlag mit einem Zeitungsartikel über Abschuss von Katzen. Eine Drohung? Es gibt einen zweiten Mord. Frau Maier erfährt, dass der alte Franz Haller eine Assistentin hatte, Rosa Wendt. Was geht auf Frau Maiers Dachboden vor sich? Wer hält sich dort auf? Wer beobachtet und durchsucht seit Tagen ihr Haus? Von wem stammen die Drohungen? Warum ist niemand bereit über das Schicksal Ludwig Mailingers im April 1945 zu erzählen? Wer ist das geheimnisvolle Phantom, dessen Steckbrief in der Sparkasse ausgehängt ist? Antworten erhofft Frau Maier von einem Tagebuch, dass sie beim Durchstöbern der Privaträume des Bürgermeisterkandidaten findet. Der vierte Fall Frau Maiers führt in die unausgesprochenen Geheimnisse einer Dorfgemeinschaft, die ihre Geheimnisse verschweigt und Spitzelei gegen Nachbarn unter den Teppich kehren will. Zumal da sie mit Verrat und Eigentumsaneignung verbunden sind.

Jessica Kremser, Frau Maier wirbelt Staub auf, Pendragon Verlag Bielefeld 2018, 320 S., 13,- Euro, ISBN 978-3-86532-610-2

Pik Adam

10. Januar 2018

Der Bremer Detektiv Aren erhält von Direktor Ovelmann von den Zeinithwerken den Auftrag Diebstähle in seinem Uhrenwerk aufzuklären. Dubios erscheint ihm, dass Ovelmann ihn nicht zu sich ins Kontor kommen lässt und sich auch nicht in seine Detektei bemüht, sondern ihn in eine Weinstube einlädt. Er trifft seine Vorsichtsmaßnahmen, die Weinprobe zieht sich in die Länge. Offensichtlich nutzt Ovelmanns Geschäftspartner die Zeit, um Arens Detektei zu durchsuchen. Gemeinsam mit Kommissar Winkelmann nimmt Aren die Spur auf, die beide zu einer aufwendigen Schatzsuche ins ceylonesische Hochland führen soll. Es ist ein Wettlauf mit der gefährlichen wie entschlossenen Betrügergruppe um Ovel(mann) und Alming (Mingal). Die abenteuerliche und nicht ganz ungefährliche Suche führt Aren zu dem Versteck der Diamanten des Miquel genannten Plantagenbesitzers Michael Mohringers aus Dinkholder und seinen Erben, denen er die Hinterlassenschaften des Verstorbenen übergeben kann.
1934 verboten die Nazis „Pik Adam“, den ersten Roman des Bremer Schriftstellers Josef Kastein. Seither galt er als verschollen bis Johann-Günther König ihn wieder ausgrub und der Kellner Verlag ihn dankenswerterweise als Neuauflage wieder herausgab. Entstanden ist dieser 1927 in der Schweiz verfasste Roman als Gelegenheitswerk, um Josef Kastein aus einer existentiellen Not zu retten. Er ist in der typischen Sprache jener Jahre verfasst, erinnert ein wenig an Sherlock Holmes und wird daher als Detektivroman gesehen. Der 35-jährige Bremer Anwalt Dr. Julius Katzenstein ließ sich nach Trennung von seiner Familie 1927 unter dem Namen Josef Kastein als freiberuflicher Autor und Literaturhistoriker in Ascona nieder. In den folgenden Jahren konzentriert er sich zunehmend auf die Verfassung zionistischer Werke. Die Trivialliteratur diente ihm dabei als notwendige finanzielle Absicherung seines eigentlichen literarischen Schaffens. Josef Kastein verstarb Juni 1946 in Haifa.
Josef Kastein, Pik Adam, Kellner Verlag Bremen 2017, 232 S., 12,90 Eur, mit ausführlichem Nachwort von Johann-Günther König, ISBN 9-783956-511660

Ein aufhaltsamer Aufstieg – Alternativen zu AfD und Co

10. Januar 2018

Viele Bürger sind den „Rechten“ auf den Leim gegangen. Ihre kruden Theorien prangern vieles an, zum Teil sogar zu Recht, nur liefern sie keine einzige Antwort. „Ausländer raus“ oder „Deutschland den Deutschen“ sind keine Antwort auf, geschweige denn Lösung der Probleme, mit denen wir uns herumschlagen. Ein Teil der Wähler wählt sie aus Protest. Sehr grobe Schätzungen gehen von etwa 30% aus. Natürlich stimmt es, dass „die da oben in den Parlamenten“ weit weg von „uns Bürgern da unten“ sind. Es ist eine eingeschworene, oft unnahbare Clique geworden. Alle vier oder fünf Jahre begibt sie sich runter zum Wahlvolk und verspricht ihnen das Blaue vom Himmel. Aber was verspricht den die AfD, was propagieren denn die Identitären? „Das Unwohlsein, das man empfindet, mit Unwohlsein zu befeuern (…) ist letztlich eine destruktive Strategie“, sagt Hajo Funke (Extremismusforscher), „(…) wenn sie wenigstens Lösungen, praktische, hätten, für die Probleme, die sie sehen (…)“.

Aber gehen wir „Anderen“ ihnen nicht genauso auf den Leim mit ihren Tabubrüchen? Muss jeder idiotische Spruch eines „Bernd“ Höcke, jede provokante Aktion der Identitären gleich ein riesen Medienrauschen hervorrufen? Sie wollen die Reaktion und wir geben sie ihnen. Publicity auf unsere Kosten! Wäre niemand auf Höckes „Mahnmal-der-Schande“-Rede eingegangen und man hätte einfach so neben seinem Haus das „Denkmal der Schande“ errichtet, hätte ganz Deutschland über ihn gelacht und auf seinen Kniefall gewartet.

Die Politik der „Etablierten“ von CSU bis zu den Grünen hat „die Deutschen“ entsolidarisiert. Die Macht des Stärkeren, die Macht des Marktes wurde und wird propagiert. In Krisenfällen (Erdbeben, Überschwemmungen) kommt die Solidarität und Empathie wieder durch – halten tun sie nur nicht lang genug. Und hier docken die „Rechten“ an. Sie kümmern sich, sie helfen – natürlich nur denen, die ihnen passen. Aber sie tun das, was die Institutionen den Hilfebedürftigen nicht geben wollen oder können. Bei der Bundestagswahl 2017 holte die AfD zwischen 8,2% (Schleswig-Holstein) und 27,0% (Sachsen). Bundesweit waren es 12,6%.

Ausgrenzen oder Nichtbeachten ist falsch. Inhaltliche Reaktionen sind gefordert. Was will die AfD, was sind ihre „Vorstellungen“? Was wollen sie z.B. in Sachen Steuerreform: Die Arbeitgeber zahlen in die Sozialkassen weniger bzw. nicht mehr ein – d.h. die Arbeitnehmer müssten mehr zahlen. Klingt das sehr anti-establishment-mäßig? Nein, es könnte problemlos von der FDP kommen. Neben der Senkung des Arbeitgeberanteils fordern sie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, wie auch Union und FDP. Sie sind für die Privatisierung öffentlicher Aufgaben. Sie sind somit die Handlanger der Investmentfonds und „Heuschrecken“. „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“, Hauptsache ihre Taschen sind voll. Wiegel zeigt in seinem Buch, dass er sie als im neoliberalen Kapitalismus verwurzelt sieht. Sie sind die Neoliberalen in der Extremversion. „Das Boot ist voll“ sagte auch Otto Schily, vom Stopp des Zuzugs redet auch Horst Seehofer. Es sind Rechtsnationale in der Extremversion. Zudem steht die Partei für eine stärkere Militarisierung. Aussagen der AfD, sie würden sich gegen die NATO stellen, weist u.a. Wiegel als klar falsch dar. Eine Stärkung der Rüstungsindustrie und höhere Rüstungskosten wären die Folge. Sie sind Kriegstreiber in der Extremversion. Man muss deren Politik auseinandernehmen und den potentiellen Wählern klarmachen, dass die AfD alles andere als eine Alternative für Deutschland ist.

Die Meisten der Mitglieder sind keine Nazis, rechts denkend, völkisch motiviert, ja, aber nicht nazistisch. Einem Höcke, Gauland oder Meuthen nachzusagen, sie wären Nazis, wird keinen Protest auslösen – auch nicht bei den Angesprochenen, denn sie wissen es ja. Kein Wähler kann jetzt noch für sich reklamieren, nicht gewusst zu haben, wofür die AfD wirklich steht. Den Mitgliedern muss klargemacht werden, wohin sie Deutschland steuern. In den Abgrund. O-Ton Höcke: „Deutschland in seiner jetzigen Form soll abgeschafft werden.“ Die Wahl beim Bundesparteitag am 02. Dezember 2017 von Gauland und Meuthen als Führer hat gezeigt, dass der rechtsnationalistische Weg der AfD weitergeht. Höckes Wusch, Deutschland „abzuschaffen“, ist nicht unwahrscheinlicher geworden. Die Enkelkinder der AfDler, und der „anderen“ ebenso, werden fragen: „Warum habt ihr das getan, bzw. warum habt ihr nichts getan?“

Doch was können wir tun? Ausgrenzen bringt wie gesagt nichts. Alles was die AfDler sagen, vorschlagen oder initiieren müssen sie auch begründen und erklären – dadurch sind sie auch oft genug entlarvt worden. Die Aura des „Rebellenseins“ muss weg. Es ist wichtig, dass gezeigt wird, dass ihre Ideen Irrsinn sind. Ihnen muss der Opferstatus genommen werden („Alle sind gegen uns“). Sie sind Täter! Aber auch die „Anderen“ müssen etwas tun: Raus aus dem Elfenbeinturm hin zu den Bürgern. Das bedarf aber wohl der größeren Anstrengung.

Gerd Wiegel: Ein aufhaltsamer Aufstieg – Alternativen zu AfD und Co., Papyrossa-Verlag, Köln 2017, 126 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 978-3-89438-616-0

Protest gegen den Aufmarsch der lettischen Legion der Waffen-SS in Riga

10. Januar 2018

wir werden am Donnerstag, den 15. März 2018, in der Zeit von 12:30 – 14:00 Uhr mit ca. 10-20 Personen vor dem lettischen Honorarkonsulat, Allerkai 4 in 28309 Bremen, gegen den Aufmarsch der lettischen Legion der Waffen-SS in Riga am folgenden Tag protestieren und dem Honorarkonsul, Herrn Lutz Peper, einen Protestbrief übergeben, in dem wir ihn bitten, in seiner Funktion als Honorarkonsul der Republik Lettland seinen Einfluss und seine Kontakte in Lettland zu nutzen und sowohl gegen die Ehrung an sich als auch gegen die wahrscheinliche Verhaftung und Behinderung unserer Mitglieder Stellung zu nehmen. Wir beabsichtigen Fotomaterial über die Verbrechen lettischer SS-Einheiten während des Zweiten Weltkriegs, ein großformatiges Transparent und Protestplakate zu halten.

„Ganz Deutschland sieht auf uns“

10. Januar 2018

Am Dienstag, 13.02.18 spricht im Rahmen der Marxistischen Abendschule um 19:30 Uhr in der Villa Ichon, Goetheplatz 4, Prof. Dr. Jörg Wollenberg über die Bremer Linke auf dem Weg von der Sozialreform zur Revolution unter dem Titel „Ganz Deutschland sieht auf uns“. Im Gegensatz zur Reichsentwicklung gehörte Bremen neben Leipzig schon vor 1914 zu einer der Hochburgen des linken Flügels der Arbeiterbewegung. Die revolutionär orientierten Kräfte der Bremer Linken führten für sich die Bezeichnung „Linksradikale“ ein. Sie gaben ab 1916 die „Arbeiterpolitik“ als „Wochenschrift für den wissenschaftlichen Sozialismus“ heraus, wesentlich geprägt von Johann Knief und Paul Frölich. Und die linken „Zentristen“ im Sozialdemokratischen Verein Bremen trugen mit dem Chefredakteur und Reichstagsabgeordneten Alfred Henke in der Parteizeitung, der Bremer Bürger-Zeitung (BBZ), dazu bei, die linke politische Kultur der Bremer Arbeiterbewegung abzusichern und sich als Sprachrohr der führenden Linken auf Reichsebene zu profilieren. Die informelle Zusammenarbeit aller linken Richtungen wurde so aufrechterhalten. Nach 1914 gab es keine Stadt in Deutschland, in der die Organisationen des revolutionären Marxismus in der noch nicht gespaltenen Sozialdemokratie eine vergleichbare Basis besaßen. Nicht nur für Rosa Luxemburg galt Bremen deshalb als „Pfeiler des Radikalismus in Deutschland“. Spätestens der Krieg, so hofften sie, gestützt auf die streikbereite Stimmung der Bremer Werftarbeiter, würde für die Masse das Signal zur revolutionären Erhebung sein. Und sie waren es, die gemeinsam am 10. Januar 1919 die Sozialistische Republik Bremen ausriefen.

Veranstaltung zur Bremer Räterepublik

10. Januar 2018

Am Sonntag, 4. Februar 2018 spricht 11 Uhr Achim Bigus (freigestellter Vertrauensmann Osnabrück) auf dem Waller Friedhof, Moderation: Raimund Gaebelein
Musik: Buchtstraßenchor und das Rote Krokodil
Anschließend: Kulturprogramm im Westend ab 12.00 Uhr Aline Barthélémy sowie Gedichte
Es laden ein:
Bildungsgemeinschaft SALZ; Bremer Antikapitalistische Linke (BAL); Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Bremen; DKP Bremen-Nord; DGB Bremen-Elbe-Weser; DIE LINKE. Landesverband Bremen; GEW Bremen; IG Bau Region Weser-Ems; IG BCE Bezirk Oldenburg; IG Metall Bremen; Initiative Bremer Montagsdemonstration; Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg; Marxistische Abendschule (MASCH) Bremen; Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland (MLPD) Bremen; NGG Region Bremen-Weser-Elbe; Jugendverband REBELL Bremen; Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Bremen; VER.DI Bezirk Bremen-Nordniedersachsen; Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Bremen.

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