Mit Spaten, Pinsel und Georadar

8. Januar 2019

Interessierte folgten am 28. November 2018 im Nachbarschaftshaus Ohlenhof einer interessanten Schilderung der Landesarchäologin Prof. Dr. Uta Halle zu Lehrgrabungen und Forschungen auf dem Gelände der Bremer Schützengilde im letzten halben Jahr. … Entgegen aller Erwartungen der beteiligten Studierenden und SchülerInnen, der Schützengilde und der Landesarchäologie erwiesen sich die Grabungen als außerordentlich aufschlussreich. Bereits nach Entfernung der Grassode fanden sich nur wenige Zentimeter tief Fundamente. … In der Tat muss der alte Schützenhof dort gelegen haben, wo ein Jahr später die ersten beiden Baracken des KZ-Außenlagers gebaut wurden, Eingangsbaracke in der großen Halle, die noch bestehende Querbracke im Tanzsaal. … Weitere Funde aus den Akten des Bausenators im Staatsarchiv machen deutlich, dass der alte Schützenhof als Internierungslager diente…
Auszug BAF 02./03.2019

Revolutionsgedenken

8. Januar 2019

Am 15. November fanden sich im Anschluss an eine Demonstration anlässlich des 100. Jahrestages der Novemberrevolution in Bremen ca. 150 Menschen ein. … Unser Vorsitzender Raimund Gaebelein begrüßte die Anwesenden und verlas die Deklaration des Arbeiter- und Soldatenrates, die am 15.11.1918 vom Rathaus verkündet wurde. … Die erste Rednerin Claudia Bernhard (MdBB der Linken) konzentrierte sich in ihrem Beitrag auf die damalige Rolle der Frauen und das Verhältnis Feminismus und Revolution. … Claudia Bernhard vermisste auch heute eine gemeinsame Klärung linker Kräfte, was man als nächstes eigentlich will und kritisierte, dass zu viel Energie darauf verwendet werde sich das Leben schwer zu machen und sich gegenseitig alte und neue Fehler vorzuwerfen. … Im Anschluss sprach Ulrich Schneider (Generalsekretär der FIR und VVN-Bundessprecher) über die Internationale Bewegung der Revolutionen von 1917 bis 1919. Er verwies auf die Auswirkungen des 1. Weltkrieges auf die arbeitende Bevölkerung in ganz Europa hin, die bei vielen zur Kriegsmüdigkeit und zur Unterstützung der sozialistischen Kriegsgegnerinnen geführt hatte. … Drei Schlussfolgerungen für heute zog Ulrich Schneider dabei: 1. Die Verbindung von politischer Machteroberung mit sozialpolitischen Verbesserungen. Vor allem müssten die Menschen in den Betrieben gewonnen werden. 2. Die Arbeiterbewegung muss einig sein, um erfolgreich zu sein. 3. Der Reaktion kann nur in breiten Bündnissen entgegengetreten werden…
Auszug BAF 02./03.2019

Die erlaubte Kritik

8. Januar 2019

Vom 22. November bis zum 5. Dezember wurde im Kunst- und Kulturverein Spedition (Beim Handelsmuseum) die Ausstellung „Banditi e ribelli“ über die italienische Resistenza 1943-1945 gezeigt. Die Ausstellung, die mit vielen Fotos, Karten, Dokumenten von PartisanInnen arbeitet und deren Texten – bei aller notwendigen Kürze – sehr detailliert sind, möchte zu einem besseren Verständnis der Resistenza beitragen. Die Ausstellung gibt eine kurze Einführung in den Kriegsverlauf seit dem 10. Juni 1940 als das faschistische Italien durch die Kriegserklärung an Frankreich in den Krieg eintrat. Nach der Landung der westlichen Alliierten auf Sizilien wurde das faschistische Regime Mussolinis durch bisherigen italienischen Verbündeten gestürzt. Es folgten Waffenstillstand mit den Alliierten, die Besetzung Restitaliens durch die Wehrmacht und die Einrichtung der faschistischen Repubblicca Sociala Italiana (RSI) in Norditalien. … Dass es im Herbst und Winter 1944 immer wieder zu schweren Massakern in italienischen Ortschaften gekommen war, wird durch die Ausstellung klar und eindeutig gegeißelt. Die italienische Selbstbefreiung der großen norditalienischen Städte durch die Resistenza wird aber eher abwertend gesehen. … Viel wichtiger als die Ergebnisse ist aber, dass nach 1945 in der italienischen Gesellschaft eine hohe Würdigung der antifaschistischen Widerstandsbewegung eintrat, die über längere Zeit ein antifaschistisches Klima ermöglichte, das es in Deutschland nicht gab…
Auszug BAF 02./03.2019

Blutmai

8. Januar 2019

Der Privatermittler Robert Grenfeld beobachtet am 30. April 1929 von seinem Büro in der Friedrichstraße in Berlin aus einen Mann mit Pappkarton auf der Straße. Im nicht weit gelegenen Moka Efti kommt er ins Gespräch mit Kanther, einem früheren Kollegen bei der Kripo. Der Klient Paul von Hohenstein spürt Grenfeld dort auf und zeigt ihm den Schädel eines Toten. Es ist der Vorabend des Blutmai 1929, bei dem Polizeipräsident Zörgiebel mit aller Macht eine kommunistische Maidemonstration unterbinden will. 72 Stunden später werden rote Stadtviertel systematisch nach Waffen durchsucht. Panzerwagen in den Straßen, die auf alles schießen, was sich bewegt, auch auf zwei Frauen auf dem Balkon im Obergeschoss, die sich über das Geschehen informieren wollten. Zwei Jungkommunisten, die Tochter seines Exkollegen Kanther und ihr Freund, führen Grenfeld in die Wohnung und weisen ihn auf ein Spitzmantelgeschoss in der Wand hin. Im Stockwerk darüber liegt noch ein Toter, Hohenstein. Er wurde ermordet, es war kein Polizeiprojektil. Einige seiner Hinterlassenschaften scheinen sich in einem angemieteten Lagerraum zu befinden. Beim Durchsuchen wird Grenfeld vom Lagerverwalter Pfeiffer eingesperrt. Hugo Machowski, einer der führenden Leute der berüchtigten kriminellen Berliner Ringvereine, befreit ihn aus einem Kühlraum. Die Projektile aus Polizeiwaffen wecken das Interesse der politischen Polizei. Sie sind nämlich verschwunden. Grenfeld wird ins Kommissariat gebracht. Sein Freund Kanther will wissen, was es mit dem Schädel auf sich hat, den der ermordeter Hohenstein Grenfeld übergeben wollte. Etwas später spricht Kanthers Tochter Irina mit dem Filmvorführer Hamid über den toten Hohenstein. Offenbar hatte er ein Geheimnis. Um den Hals trug ein eine Bambusdose mit einem Schutzzauber. In einer Hutschachtel in seinem Zimmer befindet sich der Totenschädel. Die soll sie ihm bringen und auch die Fotoalben. Irina geht in Hohensteins Wohnung. In der Hutschachtel findet die auch das Bild eines gehenkten schwarzen Mädchens. Auf dem Weg zu Hamid wird sie von ihm überfallen und eingesperrt, kann sich aber befreien.

Grenfeld und Kanther sehen sich Hohensteins Leiche in der Pathologie an. Bis 1925 war er in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, arbeitete nach seiner Entlassung für die Deutsche Gesellschaft für Eingeborenenkunde, zahlte Verpflegungs- und Wohngeld an ehemalige Kolonialsoldaten und war mit der Rücksiedlung befasst. Lagerhausverwalter Pfeiffer arbeitete für ihn und für Machowski. Grenfeld fragt sich nach Irinas Bleibe durch, wo er sie findet, nicht aber die Projektile, wohl aber die Pistole, mit der Hohenstein erschossen wurde. Der war Spitzel der politischen Polizei und sollte die ehemaligen Kolonialsoldaten ausforschen. Hamid steht mit seinen ehemaligen Kolonialoffizieren in Verbindung, bringt die Hutschachtel mit dem Schädel zu ihnen in den Westhafen. Auch Finsch und Burger stehen in geschäftlichen Beziehungen zu Machowski. Hamid soll ihnen alle Dokumente beschaffen, die Hohenstein versteckt hat. Dafür verlangt er einen deutschen Pass. Er wird von Finsch niedergeschlagen und zum Filmvorführraum gebracht. Kanther und Grenfeld überlegen zur gleichen Zeit, welche Rolle Hohenstein in Ostafrika gespielt haben mag. Und wer ihn auf dem Gewissen hat, vor allem warum. Grenfeld begibt sich zu Machowski, um mehr über die Anmietung der Lagerräume herauszufinden. Der Lagerverwalter Pfeiffer wurde im Park, Burger an einem Verladekran im Westhafen ermordet aufgefunden. Sie tragen die gleiche Tätowierung wie Hohenstein, das Wort Uhuru. Kanther zwingt Hamid zur Rücknahme der belastenden Aussage gegen seine Tochter Irina. Grenfeld versucht, die Rolle Hamids und der Kolonialoffiziere in Ostafrika herauszufinden. In welche dunklen Geschäfte waren sie verwickelt? Welche Bedeutung hat der Schädel Carl Peters? Ist es überhaupt seiner? Er sollte doch im Grab ruhen. Wer und was steckt hinter den Morden? Wer ist die gehenkte Frau auf dem Foto? Welche Bedeutung hatte das Bild für Hohenstein? Was für ein Spiel spielt Kanthers Vorgesetzter Kriminalrat Schulze? Der Roman bleibt bis zum Schluss spannend und bietet einen kleinen Einblick in die politischen Auseinandersetzungen im Mai 1929. Zugleich erlaubt er einen Blick auf die Verbrechen der deutschen Kolonialherrschaft vor dem ersten Weltkrieg.

Robert Baur, Blutmai, 346 S., Gmeiner Verlag Meßkirch 2018, 13,- Euro, ISBN 978-3-8392-2290-4

Hotel ohne Wiederkehr

8. Januar 2019

Rechtsanwalt Paul Levi (1919-21 Vorsitzender der KPD) bittet seinen Freund, den Neurologen Alfred Muesall, um Begutachtung der an Grippe erkrankten Rosa Luxemburg. Die Novemberrevolution nimmt ihren Lauf. Die Spanische Grippe rafft in kurzer Zeit Hunderttausende von Krieg und Hunger entkräftete Menschen in ganz Europa hinweg. Dr. Muesalls eigene Lebensgefährtin und Assistentin Anne Becker erkrankt daran, Ihr Freund Alfred Döblin kommt gerade erst aus dem Lazarett an der Westfront zurück, wo er als Arzt Gelegenheit hatte, den Verlauf der Spanischen Grippe zu studieren. Vom Krieg desillusioniert geht er davon aus, dass die Sozialdemokraten die Revolution ersticken werden. Sind sie doch im Herzen kaisertreu geblieben. Die Volksmarinedivision, das Rückgrat der Revolution, soll Anfang Dezember 1918 entwaffnet, das von Spartakisten beherrschte Zeitungsviertel auf Anordnung der Mehrheitssozialdemokraten Ebert und Noske durch gerade von der Front zurückkehrende Einheiten mit Panzerwagen und Artillerie geräumt werden. Plakate rufen überall in Berlin zum Mord an ihren führenden Köpfen auf. Rosa Luxemburgs brutale Ermordung am 15. Januar 1919 durch den Jäger Runge von der Gardekavallerieschützendivision im Hotel Eden und Karl Liebknechts Hinrichtung im Tiergarten durch Kapitänleutnant Pflugk-Hartung auf Anordnung von Hauptmann Pabst werden aus Sicht ihres Freundes und Genossen Leo Jogiches in der „Roten Fahne“ dargestellt und bewertet. Er wird daraufhin wenige Wochen später ermordet. Zehn Jahre später verteidigt Paul Levi Josef Bornstein, einen Redakteur des „Tage-Buchs“, der wegen Beleidigung und Übler Nachrede des ehem.-Kriegsgerichtsrats Jorns angeklagt ist. Mai 1919 hatte der seine schützende Hand über die Mörder von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gehalten und sie schließlich entkommen lassen. Bornstein steht vor Gericht, weil sein Blatt eine anonyme Zuschrift veröffentlicht hat, die die Verantwortlichen nennt. Levi sorgt dafür, dass das Verfahren von damals wie auch die Flucht der Mordkomplizen in allen Einzelheiten neu aufgerollt wird. Er gewinnt den Prozess, nimmt sich aber vor seinem rechtskräftigen Abschluss das Leben. Alfred Muesall stirbt kurz nach Kriegsbeginn.

Herbert Beckmann, Hotel ohne Wiederkehr, 246 S., Gmeiner Verlag Meßkirch 2018, 15,- Euro, ISBN 978-3-8392-2316-1

Reden am 15.November 2018

26. Dezember 2018

Gerd Rolf Rosenberger:
Verflucht sei der Krieg!

Genossinnen, FreundInnen, Peter Kuckuk,
Mein Großvater mütterlicherseits, überlebte das fürchterliche Kriegsgemetzel von 1914- 1918 nicht. Opa Bielawski fiel 1915. Als alter nur Blumenthaler seit 6 7 Jahren, erlebte ich keinen aus der Generation der zwischen 1 8 8 5 – 1 8 9 9 Geborenen, die mit Hurra-Patriotismus in den 1. Weltkrieg zogen. Leo Drabent, den die Nazis 1944 im Zuchthaus köpften, wollte 1 9 1 7 nicht in den Krieg ziehen, versuchte sich selbst zu verstümmeln. Man zog ihn trotz dem und er kam schwer verwundet wieder nach Blumenthal zurück. Als 1 9 Jähriger hörte er seinen Genossen Peter Diete, aktiver Kämpfer für die Bremer Räterepublik was Karl Liebknecht am 9. November 1918 den Arbeitern und Soldaten, zu sagen hatte:
„Der Tag der Revolution ist gekommen. Wir haben den Frieden erzwungen. Der Friede ist in diesem Augenblick geschlossen. Das Völkerschlachten hat endlich ein Ende.“
Die Bilanz des imperialistischen Eroberungskrieges hätte die große Mehrheit der Deutschen, zu einem Schluss führen müssen, der sich in zwei Worten sagen ließ:“ N I E W I E D E R !!“ Doch etablierte sich schon sehr bald gegen die Kriegsgegner, KommunistInnen, SozialistInnen, GewerkschafterInnen, eine reaktionäre, faschistoide, militaristische Strömung, die sich als die stärkere erwies. Kurz nach dem Ende des 1. Weltkrieges gründeten sich Traditionsverbände der Soldaten und Offiziere, pflegten die Erinnerung an den grausamen 1. Weltkrieg. BIS ZUM HEUTIGEN TAGE 1 0 0 JAHRE SPÄTER wird weiterhin in öffentlichen Räumen an die Kriegstoten erinnert. Kaum eine Stadt ohne ein Kriegerdenkmal, kaum eine Kirche ohne eine Gedenktafel. Kaum ein Friedhof ohne Gedenkstein für Volk und Vaterland.
Aber eines der Denkmäler fällt aus dem üblichen Gedenken ganz heraus. Es befindet sich in einer französischen Gemeinde und zeigt die lebensgroße Figur eines Bauernjungen, eines Kriegswaisen, der auf eine Tafel mit den Namen der Männer jenes Ortes verweist, die im Krieg umkamen, und auf die darunter stehende Inschrift die Anklage: VERFLUCHT SEI DER KRIEG!!!
Die heute Abend hier stehen, wissen, dass nicht erst mit der Machtübertragung an die Nazis am 3 0. Januar 1 9 3 3, der Tod zur Staatsdoktrin in Deutschland erhoben wurde. Die Anfänge hierfür liegen weit früher. Es waren die langjährigen Zuchthausstrafen von Rosa und Karl in den Jahren 1914 und 1916, die Schüsse, die Albin Köbis und Max Reichpietsch, die revolutionären Matrosen 1917, Karl, Rosa, Leo Jogiches, Eugen Levine meuchelten. Die Januar Aufstände 1919, die Märzaufstände 1919 in Berlin, die Räterepubliken in München und in Bremen sind jene schauerlichen Züge von Tausenden Toten und Gemordeten.
UND DEUTSCHLAND HEUTE ???
Es ging in keinem offiziellen Gedenken, in keiner medialen Aufbereitung um die historische Wahrheit der Hauptverantwortung für das über vier Jahre andauernde Völkergemetzel vor 1 0 0 Jahren. Der deutsche Imperialismus und seine Verwüstungen waren kein Thema. Wir erleben, wie GEDENKEN einen neuen Schub kriegt zur theoretischen und politischen Legitimierung gegenwärtiger imperialistischer, kapitalistischer Politik.
Die herrschenden Politiker mit ihren Eroberungskriegen, Deregulierung der Finanzmärkte, massiven Sozialabbau und Verarmung von immer mehr Menschen stehen ihren Vorgängern von vor 1 0 0 Jahren kaum etwas nach. Nach einem noch fürchterlicheren 2. Weltkrieg, dessen Keim im ersten Völkerschlachten lag, forderten imperialistische Abenteuer weitere viele Millionen Opfer. Hiroshima-Nagasaki, Korea, Vietnam, Algerien, Indonesien, Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Kongo, Libyen, Palästina, Syrien, Jemen, Mali.
„Dividenden steigen, wenn Menschen fallen“ , sagte Rosa Luxemburg; Friedrich Engels sagte den 1. Weltkrieg schon 1887 voraus. Schließen wir mit einem Zitat von Karl Liebknecht, dass heute genauso aktuell ist:
„ES LEBE DIE BEFREIUNG DER ARBEITER ALLER LÄNDER VON DER HÖLLE DES KRIEGES, DER AUSBEUTUNG UND DER SKLAVEREI!!

Maja Tegeler:
Frauenkämpfe vor 100 Jahren, Care-Revolution heute

Liebe Anwesende,
wir sind heute hier unterwegs, um dem Beginn der Bremer Räterepublik vor genau 100 Jahren am 15.11.1918 zu gedenken.
Voran gegangen waren 4 Jahre imperialistischer Weltkrieg, also Elend und Tod für Soldaten und Zivilbevölkerung, hier in Bremen und halb Europa.
Voran gegangen waren auch Jahrzehnte sozialistischer Frauenbewegung mit klaren Forderungen nach rechtlicher und sozialer Gleichstellung.
Viele Frauen mussten in der Rüstungsproduktion tätig sein und wurden zudem von den Herrschenden gedrängt, so genannte „Liebesgaben“ zB in Form von Kleidung und Lebensmitteln für die Soldaten an der Front zu sammeln – oft mit Kindern auf sich allein gestellt und von Hunger bedroht. Im so genannten Steckrübenwinter 1916/17 kam es zu Hungerdemonstrationen, unter anderem organisiert von Anna Pöhland, die schon vor dem Krieg in der Dienstmädchenbewegung aktiv war und sich den Bremer Linksradikalen anschloss, bevor sie kurz nach der Niederschlagung der Bremer Räterepublik mit nicht mal 45 Jahren starb.
Elise Kesselbeck war ebenfalls in der Dienstmädchen-bewegung und bei den Bremer Linksradikalen aktiv, kämpfte für eine Gleichstellung der Frauen bei den Arbeitseinkommen und der Erwerbslosenfürsorge und die Erhöhung der Versorgungssätze der „Kriegerfrauen“ – und gegen den §218.
Auf der Frauenversammlung am 10.11.1918, bei der es um das Frauenwahlrecht für die Bürgerschaft ging, war sie als eine von nur 3 Frauen im Arbeiter- und Soldatenrat anwesend, neben Gesine Becker und Käte Ahrens. Käte Ahrens begründete auf dieser Versammlung die Notwendigkeit des Frauenwahlrechts wie folgt: „Der revolutionäre Umwälzungsprozess ist nicht von selbst gekommen, wir Linksradikalen und die Unabhängigen haben auf ungesetzlichem Wege durch Flugblätter usw. tüchtig vorgearbeitet. Wir wollen jetzt nicht mehr fordern, wir wollen dekretieren, die Gesellschaft kann keinen Tag ohne Frauenarbeit existieren!“
Liebe Anwesende, dies gilt definitiv auch heute, nicht wenige der aktuellen Kämpfe ähneln denen von 1918.
Noch immer kämpfen Frauen für die Abschaffung von §218 und 219a, für Selbstbestimmung ihrer Körper. Viel zu viele alleinerziehende Frauen, auch hier in Bremen, müssen von Sozialleistungen, also am Rande des Existenzminimums leben.
Pflege- und Sorgearbeit wird noch immer überwiegend von Frauen* geleistet und wird gesellschaftlich zu wenig anerkannt.
Auch in der stationären Pflege in den Bremer Krankenhäusern arbeiten überwiegend Frauen unter unwürdigen Arbeitsbedingungen. Es gibt schlicht zu wenig Personal, nach Berechnungen von ver.di fehlen mindestens 1600 Pflegekräfte. Wir vom Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus haben daher kürzlich ein Volksbegehren gestartet. Die Ausstattung in der Pflege darf sich nicht an den Profiten privater oder halböffentlicher Krankenhäuser orientieren,sondern an den Bedarfen der Patient*innen. Unterzeichnet das Volksbegehren, kämpft mit uns. Lasst uns gemeinsam diskutieren, wie die soziale und politische Situation von Frauen* auch hier in Bremen verbessert werden kann. Ohne echte Gleichstellung aller Geschlechter, ohne Überwindung starrer Geschlechterrollen kein gesellschaftlicher Fortschritt. Für ein gutes Leben für Alle, für eine – auch feministische – Revolution!

Sebastian Rave:
Räterepublik und die Macht der Banken

Liebe Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen, Genossinnen und Genossen,
Die Räterepublik vor 100 Jahren wurde finanziell erdrosselt, bevor sie noch militärisch zerschlagen wurde.
Die Banken weigerten sich, der revolutionären Regierung Kredite zu geben, die sie brauchten, um die staatlichen Ausgaben zu decken.
Der Rat der Volksbeauftragten wurde erpresst, allgemeine Wahlen durchzuführen, bei denen auch die eigentlich entmachtete Bourgeoisie mitwählen durfte.
Die politische Macht der Banken war damals enorm gewachsen. Es hatte eine enorme Konzentration gegeben. Hatten 6 Berliner Großbanken 1895 noch 16 Niederlassungen in Deutschland, waren es 1911 bereits 104. Die Einlagen, also das, was die Kunden eingezahlt hatten, waren innerhalb weniger Jahrzehnten vor dem Krieg explodiert.
Viele kleine, mittlere und große Unternehmer verzinsen ihr Geld bei der Bank. Die Bank „arbeitet“ mit dem Geld, also investiert und spekuliert, grenzüberschreitend, weltweit, es entstehen Bankkartelle und Monopole.
Mittlerweile sind es die Schattenbanken, die am schnellsten wachsen. Hedgefonds, Private-Equity-Fonds usw. haben ein Volumen von 80 Billionen Dollar.
Das Finanzkapital ist heute vier mal so groß wie das Weltsozialprodukt. In Sekundenschnelle rast es um die Erde und wird durch jede gewonnene Spekulation nur noch hungriger.
Konnten damals die Banken noch die kleine Bremer Räterepublik erpressen, erpressen sie heute ganze Staaten.
Sie schreiben ihre Gesetze, sie diktieren Politik, und wenn sie sich verzocken, muss der Staat Milliarden von Steuergeldern aufbringen, weil der Zusammenbruch einer Großbank das ganze kapitalistische Kartenhaus zusammenkrachen lassen würde.
Das Bankkapital wird zum Schmiermittel der Weltwirtschaft, und alles ist davon abhängig.
Der Bankkredit ist die Droge, die der Kapitalismus zum Überleben braucht.
Den Boom gibt es nur dank günstiger Kredite, und bei einer Krise gibt es Erholung auf Pump.
Die Verschuldung von Firmen, Privaten und öffentlicher Hand liegt bei 217.000 Milliarden Dollar. Das ist das dreifache des Weltsozialprodukts! Übrigens war es vor der letzten Krise nur das doppelte.
Marx schreibt im Manifest, wie die Bourgeoisie Krisen löst: „Dadurch,daß sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.“
Die Krise des Kapitalismus geht einher mit einer Krise der bürgerlichen Demokratie.
Protektionismus und Nationalismus nehmen zu und helfen eben so wenig wie Freihandel und Globalisierung.
Billiges Geld hilft genau so wenig wie billiges Öl.
Die Politik ist genauso ratlos wie der Rat der Volksbeauftragten vor 100 Jahren.
In Bremen haben sie sich eine Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben, obwohl sie das Geld brauchen für Schulen, Kitas, Krankenhäuser, den öffentlichen Personennahverkehr.
Die Räteregierung wurde von den Banken erdrosselt. Der Senat erdrosselt sich selbst.
Wir helfen gerne nach!
Eine Linke Regierung sollte die Schuldenbremse natürlich nicht anerkennen. In den 80ern war in Liverpool eine Linke Regierung an der Macht, die einen Illegalen Haushalt aufgestellt hat. Ihr Motto war: Lieber das Gesetz brechen, als das Rückgrat der Armen.
Aber wollen wir mehr Schulden? Natürlich nicht!
650 Millionen Euro zahlt Bremen an Zinsen jedes Jahr! Das ist eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben.
Geld, das ausgegeben wurde, um Krisen auszugleichen, gehört eigentlich der Gesellschaft, die diese Werte durch ihre Arbeit erst geschaffen haben.
Also los, legen wir uns mit den Banken an, und widersprechen ihren Schuldscheinen!
Aber unser Ziel ist nicht eine andere Haushaltspolitik.
Unser Ziel ist, die Macht der Banken und Konzerne zu brechen.
Der Reichtum der Gesellschaft gehört in die Hände der Gesellschaft.
Darum müssen alle Banken verstaatlicht und unter demokratische Kontrolle gestellt werden.
Schluss mit Spekulation und Casino, Schluss mit Erpressung!
Wir werden euer Kartenhaus zerschlagen, und auf seinen Trümmern eine neue Gesellschaft aufbauen!

Claudia Bernhard:
Revolution, Frauenwahlrecht, Feminismus

Liebe Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen, Genossinnen und Genossen!
Heute vor 100 Jahren, am 15.November 1918, um 11 Uhr vormittags, wurde hier an dieser Stelle in Bremen die Revolution ausgerufen. Auf dem Platz hier hatten sich Tausende versammelt, die Garnisonskapelle spielte. Die Mitglieder des Arbeiter- und Soldatenrates traten auf den Balkon des Rathauses. Alfred Henke, Vorsitzender des Aktionsausschusses, verkündete:
„Der Arbeiter- und Soldatenrat hat die Ausübung der politischen Gewalt im Bremer Staatsgebiet übernommen. Senat und Bürgerschaft bestehen nicht mehr. (…) Damit nun bekannt werde, welcher Geist der obwaltende ist, wird auf diesem Hause die rote Fahne gehisst. (…) Die proletarische Internationale lebe hoch!“
Hier, und das müssen wir uns bewusst machen, an diesem Ort war der Schauplatz dieses historisch bedeutsamen Ereignisses.
Damals, vor 100 Jahren, fand in Bremen und in ganz Deutschland eine Revolution statt. Und wir sind heute hier, weil wir sagen: Das war richtig. Das war gut so.
Die Revolution von 1918 war eine notwendige und eine erfolgreiche Revolution, und ihre Form war die Übernahme der politischen Gewalt durch die Räte. Durch die Revolution im November 1918 wurde der Krieg beendet. Kaiser und Fürsten wurden abgesetzt. Die Monarchie wurde beendet. Die undemokratisch gewählten Parlamente wurden aufgelöst. Gewerkschaften, Betriebsräte und soziale Rechte wurden anerkannt. Und die Frauen erhielten das Wahlrecht.
Das Frauenwahlrecht aber begann nicht mit dem 12.November, als der Rat der Volksbeauftragten in Berlin es erließ. Es begann sofort mit der Revolution. In allen Betrieben wählten bei der Wahl der Arbeiterräte die Frauen wie selbstverständlich mit.
In Bremen geschah das zum ersten Mal am 7.November. Die Frauen haben sich das Wahlrecht damals genommen. Es war Teil der Revolution, und es wäre ohne die Revolution nicht durchgesetzt worden.
Das Verhältnis von Frauenemanzipation und Revolution war allerdings schwierig. Die Frauen wählten zwar, aber in den Arbeiterräten waren sie kaum vertreten. In Bremen waren von den 180 Mitgliedern des Arbeiterrates 3 Frauen. In den Ausschüssen waren sie gar nicht vertreten. Das war in den anderen Städten genauso. Obwohl die Frauen maßgeblich an der Revolution beteiligt waren, obwohl sie bereits während des Krieges die Hungerdemonstrationen organisiert hatten, obwohl sie in Bremen auch organisiert waren, wurden sie von den Organen der Revolution weitgehend ausgeschlossen.
Es wäre vielleicht manches anders gelaufen, wenn man diesen Fehler nicht gemacht hätte. Denn die Sozialistinnen und Feministinnen hatten auf vieles einen sehr klaren Blick.
Toni Sender, USPD, Generalsekretärin des Frankfurter Arbeiterrates, hielt 1919 ein Referat über „Die Frauen und das Rätesystem“. Darin kritisiert sie den weitgehenden Ausschluss der Frauen gerade aus den Vollzugsausschüssen. Sie fordert eine Quotierung der Arbeiterräte und die Einbeziehung der Heimarbeiterinnen, Hausangestellten und proletarischen Hausfrauen.
Toni Sender äußert sich in ihrem Referat aber auch zur allgemeinen Entwicklung der Revolution. In einer Weise, die ich für heute höchst aktuell finde. Natürlich, sagt sie, ist die Revolution behindert worden von denen, die nur deshalb an ihre Spitze wollten, um sie zu verhindern. Sprich: Die Führung der MSPD.
Aber dann stellt sie fest:
„Es genügt wahrlich nicht, Genossinnen und Genossen, nur die Führer für die Entwicklung, die die deutsche Revolution genommen hat, verantwortlich machen zu wollen.“
Die Räte hätten zumeist kaum gewusst, was sie eigentlich tun sollten. Die ganze Arbeiterbewegung sei auf den revolutionären Moment nicht vorbereitet gewesen. Wie der soziale Umsturz „in der Praxis zu verwirklichen wäre, darüber hatte man sich nicht im Einzelnen den Kopf zerbrochen!“ Und anstatt sich innerhalb der Linken zu einigen, hätte man sich lieber mit den Kräften geeinigt, die alles beim Alten lassen wollten.
Ich glaube, man kann ohne Übertreibung sagen: Da sind wir heute nicht so richtig weiter. Wenn nur die Hälfte der Energie, mit der Linke sich gegenseitig das Leben schwer machen, darauf verwendet würde, gemeinsam die Gesellschaft zu verändern, wären die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse weniger trübe, als sie es heute sind. Wenn nur die Hälfte der Begeisterung, mit der man sich gegenseitig alte und neue Fehler vorwirft, für die gemeinsame Klärung eingesetzt würde, was man eigentlich als Nächstes will, dann wäre die Linke mit Sicherheit ein attraktiverer Ort.
Alle Feministinnen haben, wenn sie ehrlich sind, ein zwiespältiges Verhältnis zur Revolution. Sie wissen, dass die Forderungen der Frauen häufig als erste über Bord gehen. Sie wissen um die Risiken und darum, dass diese Risiken vor allem von Frauen getragen werden.
Revolution wird in der allgemeinen Vorstellung nach wie vor mit „Gewalt“ und „Chaos“ verbunden – und dass die Linke kaum etwas dafür getan hat, diesem Bild etwas entgegenzusetzen. Wenn Feministinnen von einer „feministischen Revolution“ sprechen, stellen sie sich etwas anderes vor, als Linke, wenn sie an Revolution denken.
Die nächste Revolution wird aber immer anders aussehen als die letzte. Trotzdem muss man sich darüber Gedanken machen, wie damit umzugehen ist.
Der Gedanke der radikalen Veränderung, das revolutionäre Prinzip, sich an alte Regeln einfach nicht mehr zu halten und neue zu formulieren: Das hat sich nicht erledigt.
Weltweit, und auch hier.
Wir haben auch heute kein allgemeines Wahlrecht.
Frauen sind nicht gleichberechtig.
Multinationale Konzerne haben sich heute weit in die Zukunft reichende Eigentumsrechte an allem und jedem gesichert, bis hin zum Recht, dass Regeln nicht zu ihren Ungunsten verändert werden dürfen.
Das aktuelle System vernichtet unsere Umwelt.
Es gibt keine tatsächliche und faire Teilhabe aller am Reichtum und an den Entscheidungen der Gesellschaft.
Das wird nur gehen, wenn Linke und Feministinnen lernen, gemeinsam zu handeln. Die Revolutionen in Ägypten, in der Elfenbeinküste und vielen anderen Orten 2011 wurden von Frauen ausgelöst. Die Wut der neuen Rechten über alles, was sich seit 1968 in der Gesellschaft verändert hat, ist auch eine antifeministische Konterrevolution. Und es sind vor allem Frauen, die ihr entgegentreten.
Alle Berichte über den November 1918 sind sich einig, wie viel Hoffnung, wie viel Erleichterung die Revolution damals zunächst verbreitete. Wie viel Begeisterung es auslöste, dass man alte Regeln einfach beiseiteschieben konnte. Die Enttäuschungen kamen später. Aber auf den Enttäuschungen können wir nicht aufbauen. Wir stehen heute hier, weil wir an den Ort dieser Hoffnung zurückkehren: Der Hoffnung auf eine radikale soziale und feministische Veränderung. Diese Hoffnung ist aktuell, und sie ist genauso berechtigt, wie vor 100 Jahren. Das ist die Botschaft dieser Kundgebung.
Und in diesem Sinne: Es lebe die Revolution!

Ulrich Schneider:
Bremer Räterepublik, Novemberrevolution in Deutschland und ihr Platz in der internationalen Entwicklung

Die Bremer Räterepublik – auch wenn es ein regionales Ereignis war – war Teil der revolutionären Krise der europäischen Hegemonialstaaten und verschiedener durch den Krieg betroffenen Länder war. Auch wenn ihr vollkommen zurecht euch mit den lokalen Bezügen beschäftigt, an die bremischen Akteure und die Niederschlagung der Revolution erinnert, möchte ich heute den Blick über die regionalen Grenzen richten und schauen, in wie weit diese politische Bewegung Entsprechungen auch international hatte.
Die Entwicklung revolutionärer Bewegungen:
Die Kriegssituation beeinflusste in allen Ländern die politische Lage, selbst wenn große Teile der Bevölkerung nicht von Kriegshandlungen selber betroffen waren. Denn dieser Krieg wurde in allen beteiligten Staaten zulasten der arbeitenden Bevölkerung geführt:
• Arbeiter wurden in den Kriegsdienst mobilisiert
• Arbeitsbedingungen wurden unter den „Kriegsnotwendigkeiten“ verschlechtert –Verlängerung der Arbeitszeiten, Streikverbot, Militarisierung der Arbeitswelt, Frauen als „Billiglöhner“ (Konkurrenz) etc.
Die Kriegsbegeisterung – selbst in Teilen der Arbeiterschaft, in Deutschland gefördert durch die sozialdemokratische Burgfriedenpolitik und die damit verbundene nationalistische Propaganda, aber auch in anderen Ländern nationalistisch aufgeladen – endete bereits nach dem ersten Kriegsjahr, als jegliche „Blitzkriegs“-Euphorie verflogen war.
Die Folgen für die Arbeiterbewegung waren massive Debatten in den Parteien und letztlich die Abspaltung der Kräfte, die sich gegen Krieg und Unterstützung der nationalen Kriegspolitik wehrten. Bekannteste Beispiele dafür sind in Deutschland die Verweigerung der Zustimmung zu den Kriegskrediten durch Karl Liebknecht und später weiterer Mitglieder der SPD-Fraktion, die den Kern der späteren USPD bildeten. In Russland profilierten sich die Bolschewiki durch ihre klare Antikriegs-Haltung. Insbesondere in Petersburg und anderen industriellen Zentren wuchs ihr Einfluss unter der arbeitenden Bevölkerung gegenüber den Menschewiki und den Sozialrevolutionären.
Verbunden mit der wachsenden Antikriegsstimmung gelang im Frühjahr 1917 in Russland mit der Februar-Revolution der Sturz der Zarenherrschaft. Das war ein wichtiger Schritt, aber die Losung der Massen lautete darüber hinaus „Frieden – Arbeit – Brot“. Als die Regierung unter Kerenski – trotz der militärischen Lage – eine Fortführung des Krieges propagierte, ergriffen die Bolschewiki unter den Losungen „Frieden“ und „Alle Macht den Räten“ die Initiative und ermöglichten den Erfolg der Oktoberrevolution 1917. Denn es war nicht zuerst die Frage der politischen Macht, sondern die Friedensfrage, die die Massen bewegte.
Konsequenterweise lautete auch der erste Beschluss der Sowjetmacht „Dekret über den Frieden“. Das Rätesystem (Alle Macht den Räten) als Form der direkten Demokratie der Arbeiter und Bauern bildete die politische Grundlage und wurde zur Losung, die von Russland ausgehend Vorbild für alle revolutionäre Bewegungen in anderen europäischen Ländern ausstrahlte. Und diese Unterstützung der revolutionären Erhebung in Russland war nötig, wie Lenin schon 1918 erklärte: „Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Endsieg unserer Revolution eine hoffnungslose Sache wäre, wenn sie allein bliebe, wenn es in den anderen Ländern keine revolutionäre Bewegung gäbe. (…) Unsere Rettung aus all diesen Schwierigkeiten ist, wie gesagt, die Revolution in ganz Europa.“
Die Friedensfrage und mit ihr die Sicherstellung der Versorgung war auch Kernpunkt der Arbeiterbewegung in Westeuropa. „Frieden und Brot“ lautete die Losung beim Streik der Rüstungsarbeiter im Frühjahr 1918 in Bremen. Schon 1916 und 1917 hatte es in der Stadt Hungerdemonstrationen gegeben. Insbesondere die Kollegen der AG Weser, von Hansa-Lloyd und der Hansa-Werke, die für die Kriegswirtschaft unabdingbar waren, waren im letzten Kriegsjahr nicht mehr bereit, die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und der Versorgungslage zu akzeptieren. Ihnen war klar, dass sie mit der Verweigerung ihrer Arbeitskraft die Kriegspolitik behindern konnten und damit ein deutliches Druckmittel gegenüber den ökonomisch und politisch Mächtigen hatten. Doch die abwiegelnde Haltung der MSPD und der Gewerkschaften erreichte, dass aus diesem Streik keine politische Bewegung zur Beendigung des Krieges wurde. Deren Funktionäre leisteten auch keinen Widerstand, als die politische Polizei mit der Verfolgung der „Rädelsführer“ und anderer Streikenden diese Bewegung unterdrückten. Zur Beruhigung der Rüstungsarbeiter im ganzen deutschen Reich waren die Vertreter der wilhelminischen Herrschaft bereit, kleinere Zugeständnisse und eine bescheidene Machtbeteiligung von Repräsentanten der Mehrheitssozialdemokraten, wie Philipp Scheidemann und Gustav Bauer, zuzugestehen. Für einen revolutionären Umschwung und eine tatsächliche Beendigung des Krieges wäre auch in Deutschland eine breitere Massenbewegung – unter Einbeziehung der Arbeiter in Uniform, der Soldaten und Matrosen – notwendig.
Ähnlich wie in Deutschland sahen sich zu dieser Zeit fast alle europäischen Kriegsparteien mit massenhaften Protesten, Streiks und Demonstrationen konfrontiert. Selbst in Frankreich demonstrierten Arbeiter – angesichts der Verlängerung des Stellungskrieges – schon 1917 gegen die Fortsetzung des Krieges. Der Inlandsgeheimdienst „Sureté générale“ konstatierte eine Zunahme pazifistischer Tendenzen unter Gewerkschaftern, Sozialisten, Anarchisten, Lehrern und „Intellektuellen“ und nach Paris geflüchteten russischen Revolutionären. Zwar schlug diese Stimmung noch nicht in politische Aktionen um, man empfahl der Regierung jedoch sofort Unterdrückungsmaßnahmen zu ergreifen und den Druck „pazifistischer Flugblätter“ zu verbieten.
In Österreich-Ungarn wurde die Entwicklung Ende 1918 vor allem durch das Auseinanderfallen der ehemaligen Doppelmonarchie in Nationalstaaten geprägt. Alle Versuche von Kaiser Karl I mit Zugeständnissen an die nationale Autonomie die Entwicklung abzuwenden, waren vergeblich. Die politische Unzufriedenheit über den Kriegsverlauf, die politische und militärische Schwäche der Herrschenden und ein zunehmender Nationalismus in den Regionen verbanden sich zu einem Konglomerat, das zu einem Zerfall des Staates führte. Am 24. Oktober erklärte sich Ungarn, am 28. Oktober die Tschechoslowakei, am 29. Oktober das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (später Jugoslawien) für unabhängig.
Für die deutschsprachigen Gebiete der Monarchie konstituierte sich am 21. Oktober 1918 in Wien eine provisorische Nationalversammlung, die eine provisorische Verfassung beschloss und eine provisorische Regierung unter Karl Renner einsetzte, die am 31. Oktober von der kaiserlichen Regierung die politische Gewalt übernahm. Die k. und k. Armee löste sich nach dem am 3. November geschlossenen Waffenstillstand auf. Am 11. November 1918 trat Kaiser Karl I. zurück, am nächsten Tag wurde im Parlament die Republik Deutsch-Österreich ausgerufen.
Anders als in Berlin oder hier in Bremen war die revolutionäre Bewegung in Österreich jedoch so schwach, dass ein Versuch der Roten Garden, eine Arbeiterregierung durchzusetzen, erfolglos blieb. Erst in der zweiten Phase der revolutionären Bewegung von Februar bis Juli 1919, die man auch als „sozialrevolutionäre Periode“ bezeichnet, gelang es den linken Kräften, durch Streiks und andere Arbeitskämpfe sozialpolitische Verbesserungen durchzusetzen. Dennoch spricht man auch im Falle Österreichs von einer Revolution, gelang mit ihr doch ein grundsätzlicher Systemwechsel aus dem Vakuum, das durch den Zerfall der Monarchie eingetreten war.
Unter größerer gesellschaftlicher Beteiligung vollzog sich die revolutionäre Umwälzung in Ungarn. Im Oktober 1918 wurde das Land selbstständig, der Krieg beendet und die Monarchie beseitigt. Das ungarische Volk hatte demokratische Rechte und Freiheiten und seine nationale Unabhängigkeit erkämpft und eine bürgerlich-sozialdemokratische Koalitionsregierung unter dem „roten Graf“ Mihály Károlyi übernahm die politische Verantwortung.
Unter dem Eindruck der siegreichen Oktoberrevolution in Russland und der Novemberrevolution in Deutschland verstärkten sich auch in Ungarn die revolutionären Kräfte der Volksbewegung, die sich nicht mit einem einfachen Wechsel der Regierungsform zufrieden geben wollten, sondern reale Veränderungen – darunter auch Vergesellschaftung von Konzernen und Banken – forderten. Da Graf Károlyi zu solchen grundlegenden Veränderungen nicht bereit war, trat die Koalitionsregierung unter dem Druck einer Volksbewegung am 21. März 1919 zurück.
Und hier passierte etwas, was in der Bremer Räterepublik nur in Ansätzen gelang und dessen Fehlen in Berlin zur Niederlage der Novemberrevolution beigetragen hat. Die Führer der ungarischen Arbeiterparteien vereinbarten, die sozialdemokratische und kommunistische Partei zu vereinigen und gemeinsam die Staatsmacht zu übernehmen. So entstand auf der Grundlage eines revolutionären Parteiprogramms die Sozialistische Partei Ungarns. Noch am 21. März 1919 wurde die Ungarische Räterepublik proklamiert. Im ganzen Land errichteten Arbeiter, Soldaten und Landarbeiter Räte.
Gestützt auf diese Räte nahm der Revolutionäre Regierungsrat mit Bela Kun an der Spitze umfassende soziale Umgestaltungen in Angriff. Man arbeitete an der Vergesellschaftung der großen und mittleren Betriebe, der Gruben und Banken, der großen und mittleren Güter; an der Bildung von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, der Einführung des Achtstundentages und des Prinzips des gleichen Lohns für gleiche Arbeit, der Erweiterung der Sozialfürsorge und der Brechung des bürgerlichen Bildungsprivilegs. Zur Sicherung dieser revolutionären Errungenschaften wurde mit dem Aufbau einer Roten Armee begonnen.
Konterrevolutionäre Angriffe auf die revolutionären Bewegungen
Es kann niemanden verwundern, dass eine solche revolutionäre Entwicklung von den alten Mächten und selbst von den Staaten der Entende und ihren Verbündeten als Bedrohung angesehen wurde.
Und die Antwort der alten adeligen Mächte, des kaiserlichen Militärs und der Vertreter der Unternehmen, Banken und Großgrundbesitzer war in allen Ländern vergleichbar. Dort, wo sie noch über die bewaffneten Machtmittel verfügten, wurden sie in aller Brutalität zur Niederschlagung der revolutionären Bewegungen eingesetzt. In Russland tobte von 1918 bis 1921 ein blutiger Bürgerkrieg, bei dem die russischen Weißgardisten von England und Frankreich militärisch gegen die Sowjetmacht unterstützt wurden.
Für Deutschland dürften die meisten die Berichte über die Januar-Kämpfe in Berlin kennen, bei denen Freikorps aus den Reihen der Garde-Kavallerie-Schützen-Division unter Generalstabsoffizier Waldemar Pabst am 14. Januar 1919 Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ermordeten. Bei den März-Kämpfen von 1919 – und ich spreche noch nicht vom Kapp-Putsch 1920, bei dem Waldemar Pabst ebenfalls die neugegründete Republik bekämpfte – wurden in Berlin über 1.200 revolutionäre Arbeiter und Soldaten ermordet. Diesmal waren auch reguläre Truppenteile der kaiserlichen Armee beteiligt. Das Wüten dieser Einheiten geschah übrigens mit Zustimmung der Reichsregierung, die mit dem Ebert-Groener-Abkommen der Konterrevolution faktisch einen Freibrief für alle Verbrechen ausgestellt hatte.
Ähnliches musste auch die am 10. Januar 1919 ausgerufene Bremer Räterepublik erleben. Bekanntermaßen standen im Zentrum der Forderungen die Übernahme der Staatsmacht und der Aufbau bewaffneter Arbeitermilizen. Sozialpolitische Forderungen wurden zwar thematisiert, es gab jedoch keine Maßnahmen zur Einschränkung der Banken oder der Freiheit der Unternehmen. Dennoch musste man sich von Anfang an militärischer Angriffe erwehren. Nachdem es in den ersten Wochen noch gelungen war, die konterrevolutionären Militäreinheiten zu entwaffnen, mussten sich die Arbeitermilizen der Übermacht von 3.000 Soldaten der Division Gerstenberg und des Freikorps Caspari geschlagen geben. Sie wurde am 4. Februar 1919 in Bremen und am 8./9. Februar 1919 in Bremerhaven blutig niedergeschlagen. Alljährlich gedenkt ihr auf dem Waller Friedhof der Ermordeten.
Auch der Kampf gegen die revolutionäre Entwicklung in Bayern begann Ende Februar 1919 mit dem Mord an dem Bayerischen Ministerpräsident Kurt Eisner (USPD). Nach massiven Auseinandersetzung innerhalb der Arbeiterparteien übernahmen die linksradikalen Kräfte die Regierung und proklamierten Anfang April die Bayerische Räterepublik. Sie blickten mit Hoffnung auf die ungarische Räterepublik und sahen darin ein gewisses Vorbild. Doch es blieb ihnen keine Zeit, ein politisches Programm umzusetzen, da sie sich von Anfang an gegen militärische Angriffe von Freikorps und Einheiten der regulären Armee wehren musste. Am 2. Mai 1919 unterlag die Räterepublik endgültig der militärischen Übermacht. Ihre führenden Protagonisten sowie mehr als 2000 – auch vermeintliche – Anhänger der Räterepublik wurden in den nachfolgenden Tagen und Wochen ermordet, von Standgerichten zum Tode oder zu langen Haftstrafen verurteilt.
Den militärischen Angriffen auf die Ungarische Räterepublik waren auch die Revolutionäre in Budapest nicht gewachsen. Sie mussten sich den Heeren der ausländischen Interventen und der Konterrevolution geschlagen geben. Am 1. August 1919 trat die Räteregierung zurück. Selbst die dann folgende Übergangsregierung wurde von der Konterrevolution am 6. August 1919 gestürzt. Und nun entfaltete man unter dem Schutz der rumänischen Okkupanten und der Entente-Mächte einen zügellosen Terror gegen die Kämpfer der Räterepublik. Die Bilanz des „weißen Massenterrors“ waren etwa 5.000 Ermordete, 70.000 Eingekerkerte und 100.000 aus dem Land vertriebene politische Aktivisten.
Ungeachtet solcher blutigen Rückschläge gab es in Deutschland und in anderen europäischen Ländern bis Ende 1920 weiterhin revolutionäre Bewegungen, die sozialpolitische Veränderungen einforderten und in verschiedenen Formen die Machtfrage stellten. In Deutschland sollte man an die Arbeiterregierungen von Sozialdemokraten und Kommunisten in Thüringen und Sachsen erinnern, die von der ebenfalls sozialdemokratisch geprägten Reichsregierung mit militärischen Mitteln beseitigt wurden, sowie die Kämpfe der Roten Ruhrarmee.
In Italien beispielsweise gingen die Jahre 1919 und 1920 als „Biennio rosso“, die „zwei Roten Jahren“ in die Geschichte ein. Es waren Jahre der Arbeiterkämpfe, bei denen es zwar nicht um die politische Macht ging, bei denen aber durch Massenstreiks und zahlreiche Betriebsbesetzungen das ökonomische Herrschaftssystem in Frage gestellt wurde. Die Arbeiter besetzten nicht nur die Betriebe, sie übernahmen selbst die Verwaltung und bildeten Fabrikkomitees. In dieser Bewegung, die zeitweilig Betriebe mit 500.000 Beschäftigten in Norditalien umfasste und in der die Produzenten selber die Verantwortung übernahmen, sah Antonio Gramsci die Keimzelle einer zukünftigen kommunistischen Gesellschaft. Er war der Überzeugung, dass „entweder die Eroberung der politischen Macht durch das revolutionäre Proletariat folge, oder eine furchtbare Reaktion durch die besitzende Klasse.“
Und tatsächlich kam es so. Das Scheitern des Generalstreiks im März 1921, das auf das Eingreifen der „Fasci di combattimento“ Mussolinis zurückzuführen ist, leitete die Wende zum „Biennio nero“, den beiden „Schwarzen Jahren“ ein, während der die „Schwarzhemden“ der Faschisten dominierten und schließlich unter Mussolini die Macht übernahmen.
Diejenigen, die die Welt in diesen Krieg gestürzt hatten, hatten eine Zeitlang um ihre Macht gebangt. So notierte der britische Premierminister Lloyd George im März 1919 besorgt: „Ganz Europa ist vom Geist der Revolution erfüllt. Die Arbeiter sind nicht nur von einem tiefen Gefühl der Unzufriedenheit mit den Lebensbedingungen, wie sie vor dem Krieg bestanden, ergriffen, sondern von Groll und Empörung. Die ganze bestehende soziale, politische und wirtschaftliche Ordnung wird von der Masse der Bevölkerung von einem Ende Europas zum anderen in Frage gestellt.“
Solche revolutionären Umwälzungen wurden durch ein Bündnis der reaktionärsten Kreise des Militärs, der Unternehmen und Banken, der Junker und der alten Politiker-Kaste verhindert. Als Instrument der Machtsicherung entstanden faschistische Bewegungen, die – wie in Italien – sich als Straßenkampftruppen einbrachten, oder – wie in Deutschland –Freikorps, die mit militärischen Mitteln in Ostelbien, in Berlin und in anderen Teilen der neuen Republik die Verantwortung für die Verbrechen übernahmen. Erst nach dem Scheitern des Kapp-Putsches im März 1920 entstand auch in Deutschland jene faschistische Bewegung, die am 9. November 1923 beim Hitler-Ludendorff-Putsch zum ersten Mal selber Machtansprüche erhob.
Tatsächlich erwies sich die faschistische Bewegung bereits in dieser Phase der revolutionären Nachkriegskrise als ein möglicher Ausweg der Herrschenden. In aller Brutalität wurde das nicht nur durch die Machteinsetzung Mussolinis in Italien, sondern auch durch die reaktionär-monarchistisch Niederschlagung der linken Bauernbewegung in Bulgarien im September 1923 sichtbar.
Die Niederschlagung der Novemberrevolution in Deutschland und der revolutionären Bestrebungen in anderen europäischen Ländern war nicht nur die Sicherung bürgerlich demokratischer Herrschaftsverhältnisse, sondern auch der Vorbote einer drohenden faschistischen Herrschaft, die die reaktionärsten Teile der Herrschenden zwölf Jahre später als ihren Ausweg aus der Krise auf den Weg brachten.
Ich möchte zum Abschluss in drei Gedanken Lehren aus der Geschichte der Novemberrevolution formulieren:
1. Es bedarf für eine gesellschaftsverändernde Politik die unmittelbare Verbindung von politischer Macht und sozialpolitischen Verbesserungen, wie es in der ungarischen Räterepublik sichtbar wurde. Der Kampf um die Staatsmacht ist nur dann wichtig, wenn damit konkrete Verbesserungen für die arbeitenden Menschen verbunden waren. Das Streben nach Regierungsbeteiligung zur Exekution von sozialem Abbau ist ebenso abzulehnen wie die Verweigerung von Koalitionen mit der Behauptung, der Staatsapparat sei doch nur ein bürgerliches Herrschaftsinstrument. Und es geht nicht nur um die Macht im Staate, sondern es muss – wie es die italienische Arbeiterbewegung exemplarisch zeigte – auch die Macht in den Betrieben erobert werden.
2. Sicherlich war und ist die ideologische Auseinandersetzung innerhalb der Arbeiterbewegung, ihrer Parteien und Organisationen über den politischen Weg zu einer gerechteren Gesellschaft notwendig. Aber die Durchsetzung von Zielen, die auch die Grundfesten kapitalistischer Ordnung in Frage stellen, ist nur mit der geeinten Arbeiterbewegung möglich. Wer also für tatsächliche Veränderungen eintritt, muss sich auch für die Einheit der Arbeiterbewegung einsetzen.
3. Die reaktionären Kräfte, die alten Mächte, die ökonomisch Mächtigen und die Vertreter des Militarismus sind für ihren Machterhalt bereit, auch mit brutalsten Gewaltmitteln vorzugehen. Ihnen effektiv entgegenzutreten geht nur auf der Basis breitester gesellschaftlicher Bündnisse. Das Scheitern des Kapp-Putsches 1920 in Berlin war nicht das Resultat von Parlamentsentscheidungen, sondern das Ergebnis des Generalstreiks der einheitlich handelnden Arbeiterbewegung gemeinsam mit liberalen Kräften der bürgerlichen Gesellschaft. Um wieviel mehr sind solche breiten Bündnisse nötig, wenn es um die Verteidigung der grundlegenden demokratischen Rechte und Freiheiten geht, wenn die politisch Mächtigen glauben, einen faschistischen Ausweg aus der Krise suchen zu müssen.
In diesem Sinne ist eine Auseinandersetzung mit der Geschichte auch der Bremer Räterepublik und ihrer Niederschlagung eine Lehre für heute, wenn es darum geht, politische Optionen der Herrschenden für einen rechten Ausweg aus der Krise zu verhindern.
© Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten

Was folgt aus dem Scheitern der Bremer Räterepublik?

26. Dezember 2018

10.01. um 19:30 Uhr Gewerkschaftshaus, Bahnhofsplatz 18-22, Tivolisaal Veranstaltung

Was folgt aus dem Scheitern der Bremer Räterepublik?

Der Buchtstraßenchor singt eingangs einen vertonten und erstmalig für den Chor bearbeiteten Ausschnitt aus Peter Weiß‘ Ästhetik des Widerstands. Danach folgt eine Begrüßung durch die Vorsitzende des DGB Weser-Ems, Annette Düring. Prof. Dr. Jörg Wollenberg spricht über die Bedeutung der Bremer Linksradikalen für die revolutionäre Entwicklung Bremens von 1916 bis 1919. Der Schauspieler Rolf Becker verliest Zeitzeugendokumente beteiligter Akteure. Dr. Karl-Heinz Roth (Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts) beleuchtet offene Forschungsfragen und die Halbheiten des Umsturzes wie die nichtgelungene Zusammenführung internationaler wie Nationaler Prozesse. Rolf Becker spricht über die skandalöse Umdeutung der Revolution und Räterepublik durch SPD und Gewerkschaft zum100. Jahrestag.

Ausstellung Experiment Moderne.

26. Dezember 2018

Ausstellung Experiment Moderne. Bremen nach 1918 Focke Museum 14.10.18 – 02.06.19 Wandel der globalen Alltagskultur, politische Umbrüche, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung Bremens in den 20er und 30er Jahren.

„Denn ich bin unter das Jugendamt gekommen – Bremer Jugendfürsorge und Heimerziehung 1933-1945“

26. Dezember 2018

Die Ausstellung „Denn ich bin unter das Jugendamt gekommen – Bremer Jugendfürsorge und Heimerziehung 1933-1945“ ist noch bis zum 14. Februar in der Galerie im Park, Züricher Straße 40 zu sehen. Der biographische Ansatz macht in Bildern, Tafeln, Tondokumenten den Schrecken im Ellener Hof, Isenbergheim, Marthasheim und St. Petri Waisenhaus bedrückend greifbar, „wo am Ende für alle bis auf eines der Tod stand“. (Gerda Engelbracht)

Gedenken Bremer Räterepublik

26. Dezember 2018

03.02. um 11 Uhr Waller Friedhof, Haupteingang, Gedenkgang zum Mahnmal

Zum Vermächtnis der Bremer Sozialistischen Republik sprechen Annette Düring (Vorsitzende DGB Bremen Weser-Ems), Gerrit Brüning (DKP Bremen) und Joachim Griesbaum (MLPD Hamburg) am Mahnmal für ihre Verteidiger. Musikalisch unterstützt wird die Gedenkveranstaltung vom „Roten Krokodil“ und Buchtstraßenchor. Im Anschluss gibt der Buchtstraßenchor in der Kulturwerkstatt Westend eine musikalische Aufführung.

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