Hotel ohne Wiederkehr

8. Januar 2019

Rechtsanwalt Paul Levi (1919-21 Vorsitzender der KPD) bittet seinen Freund, den Neurologen Alfred Muesall, um Begutachtung der an Grippe erkrankten Rosa Luxemburg. Die Novemberrevolution nimmt ihren Lauf. Die Spanische Grippe rafft in kurzer Zeit Hunderttausende von Krieg und Hunger entkräftete Menschen in ganz Europa hinweg. Dr. Muesalls eigene Lebensgefährtin und Assistentin Anne Becker erkrankt daran, Ihr Freund Alfred Döblin kommt gerade erst aus dem Lazarett an der Westfront zurück, wo er als Arzt Gelegenheit hatte, den Verlauf der Spanischen Grippe zu studieren. Vom Krieg desillusioniert geht er davon aus, dass die Sozialdemokraten die Revolution ersticken werden. Sind sie doch im Herzen kaisertreu geblieben. Die Volksmarinedivision, das Rückgrat der Revolution, soll Anfang Dezember 1918 entwaffnet, das von Spartakisten beherrschte Zeitungsviertel auf Anordnung der Mehrheitssozialdemokraten Ebert und Noske durch gerade von der Front zurückkehrende Einheiten mit Panzerwagen und Artillerie geräumt werden. Plakate rufen überall in Berlin zum Mord an ihren führenden Köpfen auf. Rosa Luxemburgs brutale Ermordung am 15. Januar 1919 durch den Jäger Runge von der Gardekavallerieschützendivision im Hotel Eden und Karl Liebknechts Hinrichtung im Tiergarten durch Kapitänleutnant Pflugk-Hartung auf Anordnung von Hauptmann Pabst werden aus Sicht ihres Freundes und Genossen Leo Jogiches in der „Roten Fahne“ dargestellt und bewertet. Er wird daraufhin wenige Wochen später ermordet. Zehn Jahre später verteidigt Paul Levi Josef Bornstein, einen Redakteur des „Tage-Buchs“, der wegen Beleidigung und Übler Nachrede des ehem.-Kriegsgerichtsrats Jorns angeklagt ist. Mai 1919 hatte der seine schützende Hand über die Mörder von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gehalten und sie schließlich entkommen lassen. Bornstein steht vor Gericht, weil sein Blatt eine anonyme Zuschrift veröffentlicht hat, die die Verantwortlichen nennt. Levi sorgt dafür, dass das Verfahren von damals wie auch die Flucht der Mordkomplizen in allen Einzelheiten neu aufgerollt wird. Er gewinnt den Prozess, nimmt sich aber vor seinem rechtskräftigen Abschluss das Leben. Alfred Muesall stirbt kurz nach Kriegsbeginn.

Herbert Beckmann, Hotel ohne Wiederkehr, 246 S., Gmeiner Verlag Meßkirch 2018, 15,- Euro, ISBN 978-3-8392-2316-1