Blutmai

8. Januar 2019

Der Privatermittler Robert Grenfeld beobachtet am 30. April 1929 von seinem Büro in der Friedrichstraße in Berlin aus einen Mann mit Pappkarton auf der Straße. Im nicht weit gelegenen Moka Efti kommt er ins Gespräch mit Kanther, einem früheren Kollegen bei der Kripo. Der Klient Paul von Hohenstein spürt Grenfeld dort auf und zeigt ihm den Schädel eines Toten. Es ist der Vorabend des Blutmai 1929, bei dem Polizeipräsident Zörgiebel mit aller Macht eine kommunistische Maidemonstration unterbinden will. 72 Stunden später werden rote Stadtviertel systematisch nach Waffen durchsucht. Panzerwagen in den Straßen, die auf alles schießen, was sich bewegt, auch auf zwei Frauen auf dem Balkon im Obergeschoss, die sich über das Geschehen informieren wollten. Zwei Jungkommunisten, die Tochter seines Exkollegen Kanther und ihr Freund, führen Grenfeld in die Wohnung und weisen ihn auf ein Spitzmantelgeschoss in der Wand hin. Im Stockwerk darüber liegt noch ein Toter, Hohenstein. Er wurde ermordet, es war kein Polizeiprojektil. Einige seiner Hinterlassenschaften scheinen sich in einem angemieteten Lagerraum zu befinden. Beim Durchsuchen wird Grenfeld vom Lagerverwalter Pfeiffer eingesperrt. Hugo Machowski, einer der führenden Leute der berüchtigten kriminellen Berliner Ringvereine, befreit ihn aus einem Kühlraum. Die Projektile aus Polizeiwaffen wecken das Interesse der politischen Polizei. Sie sind nämlich verschwunden. Grenfeld wird ins Kommissariat gebracht. Sein Freund Kanther will wissen, was es mit dem Schädel auf sich hat, den der ermordeter Hohenstein Grenfeld übergeben wollte. Etwas später spricht Kanthers Tochter Irina mit dem Filmvorführer Hamid über den toten Hohenstein. Offenbar hatte er ein Geheimnis. Um den Hals trug ein eine Bambusdose mit einem Schutzzauber. In einer Hutschachtel in seinem Zimmer befindet sich der Totenschädel. Die soll sie ihm bringen und auch die Fotoalben. Irina geht in Hohensteins Wohnung. In der Hutschachtel findet die auch das Bild eines gehenkten schwarzen Mädchens. Auf dem Weg zu Hamid wird sie von ihm überfallen und eingesperrt, kann sich aber befreien.

Grenfeld und Kanther sehen sich Hohensteins Leiche in der Pathologie an. Bis 1925 war er in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, arbeitete nach seiner Entlassung für die Deutsche Gesellschaft für Eingeborenenkunde, zahlte Verpflegungs- und Wohngeld an ehemalige Kolonialsoldaten und war mit der Rücksiedlung befasst. Lagerhausverwalter Pfeiffer arbeitete für ihn und für Machowski. Grenfeld fragt sich nach Irinas Bleibe durch, wo er sie findet, nicht aber die Projektile, wohl aber die Pistole, mit der Hohenstein erschossen wurde. Der war Spitzel der politischen Polizei und sollte die ehemaligen Kolonialsoldaten ausforschen. Hamid steht mit seinen ehemaligen Kolonialoffizieren in Verbindung, bringt die Hutschachtel mit dem Schädel zu ihnen in den Westhafen. Auch Finsch und Burger stehen in geschäftlichen Beziehungen zu Machowski. Hamid soll ihnen alle Dokumente beschaffen, die Hohenstein versteckt hat. Dafür verlangt er einen deutschen Pass. Er wird von Finsch niedergeschlagen und zum Filmvorführraum gebracht. Kanther und Grenfeld überlegen zur gleichen Zeit, welche Rolle Hohenstein in Ostafrika gespielt haben mag. Und wer ihn auf dem Gewissen hat, vor allem warum. Grenfeld begibt sich zu Machowski, um mehr über die Anmietung der Lagerräume herauszufinden. Der Lagerverwalter Pfeiffer wurde im Park, Burger an einem Verladekran im Westhafen ermordet aufgefunden. Sie tragen die gleiche Tätowierung wie Hohenstein, das Wort Uhuru. Kanther zwingt Hamid zur Rücknahme der belastenden Aussage gegen seine Tochter Irina. Grenfeld versucht, die Rolle Hamids und der Kolonialoffiziere in Ostafrika herauszufinden. In welche dunklen Geschäfte waren sie verwickelt? Welche Bedeutung hat der Schädel Carl Peters? Ist es überhaupt seiner? Er sollte doch im Grab ruhen. Wer und was steckt hinter den Morden? Wer ist die gehenkte Frau auf dem Foto? Welche Bedeutung hatte das Bild für Hohenstein? Was für ein Spiel spielt Kanthers Vorgesetzter Kriminalrat Schulze? Der Roman bleibt bis zum Schluss spannend und bietet einen kleinen Einblick in die politischen Auseinandersetzungen im Mai 1929. Zugleich erlaubt er einen Blick auf die Verbrechen der deutschen Kolonialherrschaft vor dem ersten Weltkrieg.

Robert Baur, Blutmai, 346 S., Gmeiner Verlag Meßkirch 2018, 13,- Euro, ISBN 978-3-8392-2290-4