Der weiße Affe

16. Juli 2018

Auf dem Weg ins Hinterhaus Wrangelstraße 185 nahe dem Görlitzer Bahnhof findet die achtjährige Erika Wuhlke auf der Treppe einen Toten. Der Bankier Eduard Fromm wird zum ersten Fall des frisch von Wittenberge nach Berlin versetzten Kriminalkommissars Ariel Spiro. Er muss sich trotz oder wegen seiner hohen Aufklärungserfolge gegen antisemitische Vorurteile seiner neuen Kollegen durchsetzen. Sein Partner Ewald Bohlke hat den Weg aus dem Ersten Weltkrieg noch nicht so recht gefunden. Die Mordrekonstruktion erweist sich als schwierig, zumal der Tote von Mitbewohnern nach unten getragen wurde. Immerhin kann eine Nachbarin angeben, dass Eduard Fromm regelmäßig bei der Tänzerin Hilde Müller im dritten Stock verkehrte. Bei ihr war er, bevor er abends im Treppenhaus erschlagen wurde. Hilde Müller hat seit kurzem einen Verlobten, Gustav Mrotzek. Bei seinem Freund Hugo Pattberg in der Falckenheinstraße 17 ist er nicht zu finden. Die beiden Ermittler erfahren, dass sich dort häufig minderjährige Mädchen aufhalten. Kommissar Ariel Spiro überbringt der Bankiersfamilie die Nachricht vom Tode Eduard Fromms. Aufgrund eines Tipps von Hugo Pattberg nimmt Kommissar Ewald Bohlke in der Linde Gustav Mrotzek fest. Am folgenden Tag erfährt Ariel Spiro in der Pathologie, dass der jüdische Bankier mit einem wohl gedrechselten spitzen und wuchtigen Holzteil erschlagen wurde. In der Kopfwunde fanden sich schwarz-weiß-rote Farbpartikel. Bei der Identifizierung der Leiche Fromms begegnet er dessen erwachsenen Kindern Nike und Ambros. Er kommt Nike sehr nahe, die ihn in Magnus Hirschfelds „Institut für Sexualwissenschaft“ einlädt. Ihr Verhältnis gestaltet sich als zunehmend schwierig, denn er hegt Verdacht gegen ihren Bruder Ambros wegen seines nicht so ganz gesellschaftsfähigen Lebensstils. Weitere Nachforschungen in der Privatbank Fromms ergeben, dass sein Compagnon Silberstein mit seinen Investitionsvorhaben im Rüstungsgeschäft nicht einverstanden war. Auffindungsort und Motivlage gestalten den Ermittlungsweg sehr verwirrend. Wurde der jüdische Bankier aus persönlichen Gründen erschlagen, vielleicht aus Rache? Handelt es sich um eine Abrechnung zwischen Geschäftspartnern? Geht es bei dem Mord vielleicht um Beseitigung eines politischen Gegners aus antisemitischen Vorurteilen heraus? Ist das Motiv im Zwielicht halbseidener Lebenswelten zu finden? Ebenso wie das Berlin der Zwanziger Jahre einem immer schneller werdenden Karussell gleicht, verschwimmen die Spuren des Mordfalls bei gründlichen Nachforschungen. Sollte der Fall etwa nicht aufgeklärt werden können, weil er bei einer zufälligen Begegnung zum falschen Zeitpunkt geschah? Und dann taucht auf dem Dachboden des Hinterhauses in der Wrangelstraße 185 eine kopflose Frauenleiche auf. Die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten.
Kerstin Ehmer, Der weiße Affe, 280 S. Pendragon Verlag Bielefeld 17 Euro ISBN 978-3-86532-584-6