Rede zum 60. Jahrestag der Gründung der VVN Bremen

geschrieben von Guido Hendrickx, Vorsitzender der Stiftung Meensel-Kiezegem 44

22. August 2007

Gründungstage begehen und noch dazu einen sechzigjährigen wie heute Abend bedeutet nicht nur feiern. Das außergewöhnliche Jubiläum beinhaltet zugleich einen Auftrag.

Herr Bürgermeister, liebe Kameradinnen und Kameraden, liebe Freunde aus Meensel-Kiezegem, sehr geehrte Anwesende,

Gründungstage begehen und noch dazu einen sechzigjährigen wie heute Abend bedeutet nicht nur feiern. Das außergewöhnliche Jubiläum beinhaltet zugleich einen Auftrag. Feiern heißt immer auch ein wenig Abschied nehmen von einem Zeitabschnitt. Er wird betrachtet mit Rückblick, Erinnerung und Stolz. Das heißt auch, dass bewertet und der Blick auf die Zukunft gerichtet wird. Ich erinnere mich der Worte des niederländischen Sängers Stef Bros mit seinem Lied und Refrain: „Immer wenn du denkst – das ist das Ende – stehst du an der Grenze zu einem Beginn“.

Genau das ist hier vor 60 Jahren auch geschehen. Deutsche standen am Anfang einer „deutschen Zukunft“. Einer Zukunft, die durch Nazi-Vergangenheit gezeichnet war. Einem Augenblick, in dem der Wille ohne Faschismus zu leben notwendig schien. Der Krieg war vorbei, menschliches Leid nicht vergessen. Wie konnten wir das zulassen?

Als Verfolgte des Faschismus zusammengeschlossen, entwickelten sich ihre Vorläufer von auf sich bezogenen Bangbüxen mit einer leidenschaftlichen Stärke und unvorstellbarer Dynamik zu ausgesprochen mutigen Streitern. Sie hatten die drohende Wiederholung und Gefahr einer Wiederbelebung des Vergangenen vor Augen. Das stärkte ihre Kraft, den Kampf gegen den Faschismus fortzusetzen. Diese Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes zog gleichsam eine Grenze, um zu verhindern, dass sich eine solche wahnwitzige Menschheitsgeschichte jemals wiederholt. Dazu kam, dass sich die Verfolgten bewusst waren, welchem Unheil sie entkommen waren. Im Widerstand und Protest, die die Welt veränderten, in unsichtbaren Siegen zum Ausdruck kamen, die unauffällig in einem historischen Rückblick zu Tage traten, wurde der unerbittliche Kampf der Antifaschisten ins Leben gerufen.

Vorläufer, Aktive von der ersten Stunde an, Freiwillige und Unterstützer von heute, keinen können wir unsterblich machen. Aber ihre schwierige Aufgabe können wir vor dem Vergessen bewahren. Unvergesslich … der Beweis dafür wird heute nach 60 Jahren erbracht.

Aufbruch in die Zukunft hieß es auch für die Stiftung Meensel-Kiezegem 44, als wir endlich beschlossen auf Spurensuche zu gehen nach den über 60 Mitbürgern, unseren Opfern des Nazi-Regimes, umgebracht und zurückgelassen in verschiedenen Lagern. Eine Spurensuche nach einer Verschleppung mit tödlichem Ausgang. Neuengamme blieb seit 1998 der Dreh- und Angelpunkt. Bremen war die große Unbekannte auf unserer Suche. Bis wir 2002 unerwartet in Kontakt mit Eurem Vorsitzenden Raimund Gaebelein kamen, der uns hilfsbereit einlud. Das ist genau fünf Jahre her. Die ersten Briefe, die ersten Berichte über das Gästebuch auf unserer Internetseite, sein selbstloser Einsatz und Eingreifen, sein Rat und Informationen führten zu

– einer Auseinandersetzung mit der bestürzenden Entdeckung der großen Zahl von Neuengamme-Außenlagern

– einem Durchforsten Bremens auf der Suche nach fluchbeladenen Einsatzorten

– einem Aufsuchen gut gepflegter Grabanlagen, die uns bis dahin unbekannt waren

– einem festen Programmpunkt mit Besuch von Schützenhof, Blumenthal und Farge

– einer besonderen Begegnung mit jungen Leuten, Schulen und Zeitzeugen

Nach und nach bekam das Unbekannte für uns ein Gesicht. Eine Umkehr in unserem Erleben. Der unwiderstehliche Drang mit großem Interesse wiederzukommen.

Bremen wurde Haltepunkt auf unserer jährlichen Gedenkreise. Bremen, dem wir schon früher mit versöhnlicher Haltung entgegentraten, hat sich heute zu einer Haustür entwickelt, durch die wir weitere Lagerorte woanders besuchen können. Inzwischen sind wir uns der heilsamen Kraft dieser Begegnungen bewusst, vor allem der Kontakte mit noch lebenden Zeitzeugen. Die Wachstumsziele beider Vereinigungen bewirken, dass wir das heute ungebrochen als Freunde befestigen können: Zusammenarbeit beim antifaschistischen Gedenken und stetig wachsam sein für Demokratie, Freiheit und Beachtung der Rechte aller Menschen. Herr Vorsitzender, lieber Freund Raimund Gaebelein, herzlichen Glückwunsch zum 60. Jahrestag der Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Ich möchte mich persönlich und im Namen der Stiftung Meensel-Kiezegem 44 für die Einladung zum heutigen Abend bedanken. Unsere zehnte Gedenkreise wird damit eine unauslöschliche Erinnerung erhalten. Wir wissen, dass unsere Zeit begrenzt ist. Hier dabei sein zu können ist eine große Anerkennung und ein würdiges Geschenk an die Stiftung Meensel-Kiezegem 44. Mit respektvoller Dankbarkeit verdient es dann auch eine tiefe Verbeugung und ein wohlgemeintes: Danke für alles.

Rede zum 60. Jahrestag der Gründung der VVN Bremen

geschrieben von Dr. Udo Witthaus (Direktor der Bremer Volkshochschule)

22. August 2007

Vor 70 Jahren haben die Nationalsozialisten den sozial, politisch und kulturell engagierten Julius Bamberger in den wirtschaftlichen Ruin getrieben und ihn gezwungen, sein Kaufhaus Bamberger zu schließen.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Böhrnsen, sehr geehrter Herr Alt-Bürgermeister Koschnik, sehr geehrter Herr VVN-Landesvorsitzender Gaebelein, lieber Herr Dr. Hübotter, verehrte belgische Gäste von der Stiftung Meensel-Kiezegem 44,

liebe Gäste,

als Direktor der Bremer Volkshochschule heiße ich Sie herzlich willkommen im Bamberger Haus, unserem neuen Domizil, das wir Anfang Juli bezogen haben. Für die Bremer Volkshochschule ist es eine besondere Ehre, dass Ihre Veranstaltung die erste ist, die in diesem neu eröffneten traditionsreichen Gebäude stattfindet. Auch wenn noch nicht alles fertig ist für unsere große Eröffnung in 14 Tagen, und die Handwerker noch viel zu tun haben – schauen Sie also heute Abend noch nicht in jede Ecke – so ist dieser Ort meines Erachtens doch ein sehr angemessener Rahmen für Ihre Jubiläumsfeier.

Vor 70 Jahren haben die Nationalsozialisten den sozial, politisch und kulturell engagierten Julius Bamberger in den wirtschaftlichen Ruin getrieben und ihn gezwungen, sein Kaufhaus Bamberger zu schließen. Trotz seiner erfolgreichen Flucht über die Schweiz und Frankreich in die USA hat sich Bamberger von dieser Verfolgung nie erholt und starb dort 1951 verarmt. Vor einigen Wochen hat Dr. Hübotter den alten Schriftzug „Bamberger“ wieder auf den aufgebauten Turm anbringen lassen. Ausgerichtet in alle vier Himmelsrichtungen, ist der Name Bamberger im Bremer Stadtbild seither nicht mehr zu übersehen. Diesen großen Veranstaltungssaal haben wir als Bremer Volkshochschule „Julius-Bamberger-Saal“ genannt. Somit wird der Name Julius Bamberger zukünftig gemeinsam mit vielen Veranstaltungen genannt werden, die hier stattfinden. Schriftzug und Saalname werden helfen, die Erinnerung an ihn wach zu halten.

Wenn jetzt die VHS im Bamberger ihre Arbeit aufnimmt, dann machen wir damit das Haus zu einem Ort der offenen Begegnung von Menschen und Ideen. „Miteinander leben – voneinander lernen“: unser Leitmotiv werden wir in diesem Haus gut entfalten können. Dialog, Verständigung, Toleranz – bei uns treffen sich Menschen unterschiedlicher Kulturen und aus allen gesellschaftlichen Milieus, hier werden wichtige Grundlagen für Integration gelegt. Und hier arbeiten wir daran, gesellschaftliche Ausgrenzung nicht zuzulassen sondern die Menschen für Teilhabe am sozialen und politischen Leben zu stärken und kompetent zu machen. Wir werden das Bamberger Haus zu einem Forum machen für öffentliche Debatten über aktuelle gesellschaftliche Fragen und Zukunftsentwürfe.

Und es wird ein Ort des Erinnerns bleiben: So hat die Volkshochschule zur Eröffnung am 7. September Nachfahren von Julius Bamberger, Enkel und Urenkel eingeladen, die unter anderem in einem Erzählcafé über ihren Großvater berichten werden. Im Herbst wird im (Treppen)Haus eine Dauerausstellung zum Leben Julius Bambergs eröffnet.

Herr Gaebelein, Sie haben in der heutigen taz auf die pädagogische Herausforderung verwiesen, die sich aus dem Verlust der Zeitzeugen ergibt. Für Sie und die VVN, aber auch andere Bildungseinrichtungen bedeutet das, die Erinnerungsarbeit zukünftig vermehrt in anderer Weise zu gestalten. Ich wünsche Ihnen dafür gute Ideen, Konzepte und nachhaltige Lernerfolge. Die Bremer Volkshochschule als Weiterbildungseinrichtung mit einem starken Standbein „politische Bildung“ ist in hierfür ein verlässlicher Kooperationspartner und starker Netzwerkknoten.

Ich wünsche der VVN alles Gute für Ihre weitere Arbeit. Ihnen allen, liebe Gäste, wünsche ich einen interessanten Abend im Bamberger. Viele Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ansprache am 23. August 2007 zum 60. Jahrestags der Gründung der VVN Bremen im Bambergerhaus

geschrieben von Raimund Gaebelein (VVN-BdA Bremen)

22. August 2007

Am 26. April 1945 waren die letzten Kampfhandlungen in Bremen beendet, die Stadt von englischen Truppen besetzt. Die Bilanz von 12 Jahren Faschismus: fast 1.000 Bremerinnen und Bremer waren aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen ermordet worden, Tausende von Zwangsarbeitern durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen umgekommen. Die Stadt war eine Trümmerwüste.

Verehrte Bürgermeister, liebe Kameradinnen und Kameraden, liebe Freunde aus Meensel-Kiezegem, sehr geehrte Anwesende,

Am 26. April 1945 waren die letzten Kampfhandlungen in Bremen beendet, die Stadt von englischen Truppen besetzt. Die Bilanz von 12 Jahren Faschismus: fast 1.000 Bremerinnen und Bremer waren aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen ermordet worden, Tausende von Zwangsarbeitern durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen umgekommen. Die Stadt war eine Trümmerwüste. Am 27. April trafen sich 28 Antifaschisten zu ihrer ersten legalen Zusammenkunft. Sie gründeten die Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus und erarbeiteten ein Sofortprogramm. Mitte 1945 gab es bereits 35 Ortsgruppen der KgF mit 6.500 Mitgliedern. Ihr aktiver Einsatz galt der Wiederingangsetzung der Produktion, der gerechten Verteilung von Arbeit, Lebensmitteln und Wohnungen. Trotz unterschiedlicher politischer Meinungen und religiöser Bekenntnisse stimmten sie darin überein, dass der Einfluss der Kräfte, die hinter dem Faschismus standen, endgültig gebrochen werden musste, dass es galt eine antifaschistisch-demokratische Friedensordnung zu schaffen. Am 16. Dezember 1945 beendete die KgF ihre Tätigkeit mit einem Appell an alle inzwischen wieder zugelassenen demokratischen Parteien und Organisationen, weiter für diese Ziele zu kämpfen. Die Welt wandelte sich grundlegend. Die Entnazifizierung in den drei westlichen Besatzungszonen geriet ins Stocken, die Enteignung der Monopole kam gar nicht erst zustande. Dieselben Kapitalkreise, die Hitlers Aufstieg ermöglicht hatten, blieben im Besitz der Fabriken und Banken. Belastete Nazis und Wehrwirtschaftsführer wurden rehabilitiert und gelangten wieder in wichtige Stellen in Wirtschaft, Politik, Justiz, Verwaltung und Bil­dungswesen. Die Mehrzahl der Nazimörder und Schreibtischtäter kam mit geringen Strafen davon oder wurde nicht belangt. Schrittweise wurden „immer mehr diejenigen Kräfte, die sich wirklich im Antinazikampf bewährt haben, aus der Öffentlichkeit weggezogen, weggezerrt, weggedrückt.“ So konnte es keinen wirklichen demokratischen Neuaufbau geben. In der ersten Septemberwoche 1947 wurde der Landesverband Bremen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes gegründet. Zu seinen Gründungsmitgliedern gehörten: Fritz Bolte, Fritz Böttcher, Heinrich Enderling, Ernst Fenner, Bob Fregin, unsere langjährigen Landesvorsitzenden Theo Gassmann und Schorse Gumpert, Horst Hackenbroich, Liesbeth Jessart, Maria Krüger, Hans-Ludwig Meier, Willy Meyer-Buer, Udo Meinecke, unser letztes noch lebendes VVN-Gründungsmitglied Alma Müller, Willi Müller, Ernst Niehoff, Johann Onasch, Erich Pape, Jakob Pfarr, Käthe Popall, Heinz Pophusen, Hermann Prüser, Willi Schäfter, Ella Schneider, Heinrich Schramm, Lina Schwarz, Willi Seipel und Kalli Weidner. Sie hatten Verhör und Folterung in der Ostertorwache, im Gösselhaus, KZ-Mißler und Ochtumsand hinter sich, jahrelange Gefängnisstrafen in Oslebshausen, Lübeck oder Vechta, KZ-Haft in Buchenwald, Dachau, Esterwegen, Mauthausen, Sachsenhausen oder das Bewährungsbataillon 999 überlebt. Die VVN gründete sich, um politisch der Welt und dem deutschen Volk zu zeigen, dass „die besten, fortschrittlichsten, klarblickensten Menschen, Männer und Frauen, es sind, die gestern gelitten haben und die heute als Warner und Wegweiser antreten,“ so Dr. Hans Mayer in seinem Eröffnungsreferat anlässlich der Interzonalen Konferenz der VVN März 1947 in Frankfurt/Main. Als Hauptaufgabe stellte sich die VVN die Verwirklichung einer antifaschistischen Demokratie in Deutschland, den Kampf gegen alle Überreste von Nazismus und Militarismus, Rassenwahn und Antisemitismus gemeinsam mit allen fortschrittlichen Kräften. Die wirklich Schuldigen waren und sind gerecht zu bestrafen. Eine der wichtigsten Aufgaben sah und sieht die VVN in der Aufklärung der Bevölkerung, insbesondere der Jugend über die faschistischen Verbrechen, um eine Wiederholung für immer zu verhindern. Über alle Grenzen von Weltanschauung und Parteischranken hinweg galt und gilt das Gedenken der Opfer des Widerstandskampfes, die Solidarität über alle Grenzen hinaus mit unseren ausländischen Bruderorganisationen und Opferverbänden. Die VVN erachtet es als Ehrenpflicht des Staates die durch den deutschen Faschismus angerichteten Schäden an Gesundheit und Eigentum aller ehemals Verfolgten, Angehörigen und Hinterbliebenen zu Lasten der Schuldigen und Nutznießer an Faschismus und Eroberungskrieg zu regeln. Gegen den Widerstand großer Teile der Bevölkerung wurde die Bundesrepublik aufgerüstet und in die NATO eingegliedert. Die ehemaligen Widerstandskämpfer waren in den ersten Reihen derer zu finden, die gegen Aufrüstung und den Abbau demokratischer Rechte kämpften. Die Gefährlichkeit dieser Tendenzen wird durch die Tatsache verstärkt, dass die Grenzen zwischen der konservativen Rechten, Militaristen und Revanchisten zum einen und Neofaschisten zum anderen fließend sind. Am 4. November 2006 haben sich 10.000 Menschen klar und deutlich gegen den Aufmarsch der NPD in Gröpelingen ausgesprochen. In der Durchsetzung ihrer Ziele setzt die NPD auf Gewalt und bietet den militanten Freien Kameradschaften Führungsstellen in ihren Vorständen. Unter dem Schutz der Immunität hetzen sie gegen alles Nichtdeutsche und greifen Behinderte und Obdachlose an. Rassismus und Antisemitismus durchziehen die Ansprachen bei ihren wöchentlichen Aufmärschen. Mit demagogischen Losungen hatten sie bereits Sitze in den Landtagen von Sachsen, Berlin und Mecklenburg erzielen können. Auch in Bremen haben sie über die DVU Beiratsmandate und das Bürgerschaftsmandat über Bremerhaven erhalten. Vor vier Jahren wurde der Verbotsantrag der höchsten Organe unseres Landes vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen. Die Verbotsgründe bestehen nach wie vor, mehr noch, sie treten immer deutlicher hervor. Daher sammelt unsere Vereinigung bundesweit Unterschriften für einen Appell an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, einen neuen Antrag auf ein Verbot zu stellen. Er wurde bundesweit bisher von mehr als 100.000 Menschen unterschrieben, weit über 3.600 alleine in Bremen. Wir appellieren an die demokratischen Fraktionen der Bürgerschaft, die NPD-Verbotskampagne zu un­terstützen und auf die Bremer Bundestagsabgeordneten einzuwirken, ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD auf den Weg zu bringen. Wir fordern den neugewählten Senat auf, sich der Initiative des Berliner Innensenators Eberhardt Körting anzuschließen und die Voraussetzungen zu schaffen, damit einem erneuten Verbotsverfahren zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD endlich Erfolg beschieden ist.

Erklärung der Linken zu Stadtteil gegen Rassismus

geschrieben von Raimund Gaebelein für Die Linke Fraktion im Beirat Gröpelingen

18. Juni 2007

Am 4. November haben sich 10.000 Menschen klar ….

Am 4. November haben sich 10.000 Menschen klar und deutlich gegen den Aufmarsch der NPD in Gröpelingen ausgesprochen. Das Wiederholen rassistischer Parolen stieß auf einhelligen Widerstand. Auch in den folgenden Wochen zeigte sich recht deutlich, dass neofaschistische Vorschläge zur Lösung unserer Sozialen Problemen nicht ankommen. Sollte sich das Klima bis zu den Beiratswahlen so verändert haben? Weniger als die Hälfte der Gröpelingerinnen und Gröpelinger ging zur Wahl, 8,3% haben rassistische Parolen gewählt. Nicht NPD/DVU, die sind hier nicht angetreten, aber dafür zwei Parteien, die Ihnen in Punkto Rassismus und Fremdenfeindlichkeit um nichts nachstehen. Ich spreche von den Republikanern und den Konservativen. Arbeitsplätze entstehen nicht durch Ausweisung von Menschen. Wohin hat uns denn der Weg geführt, als eine Partei die Ausweisung all derer forderte, die keine deutsche Abkunft hatten? Gehen Sie in die Johann-Kühn-Straße 24. Johann Kühn starb auf dem Todesmarsch nach Bergen-Belsen. Familie Littmann wurde erst ausgewiesen, dann beraubt und schließlich auf dem Weg in die Vernichtung erschlagen. Republikaner und Konservative haben uns nichts anzubieten als hohle Phrasen. Wir brauchen keine Lösung sozialer Probleme aufkosten eines Teils unserer Menschen hier! Wir wollen zusammenleben, egal wo einer herkommt. Gröpelingen ist einmal mithilfe der Menschen zu Wohlstand gekommen, die sie als Sozialschmarotzer abtun! Wir wollen eine Welt ohne Faschismus und ohne Krieg. Wir lassen uns das Zusammenleben nicht zerstören. Wir alle sind Gröpelingen. DIE LINKE stimmt dem vorliegenden Antragsentwurf zu

Von Generation zu Generation

geschrieben von Julia und Zeki Min

26. April 2007

Es war ein Montagnachmittag an dem wir, Julia (Gewerkschaftsmitglied in der NGG) und Zeki Min (Lehramtstudent in Berlin und Gitarrist/Sänger in der Punkrockband F3), das Büro der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) in Bremen betraten.

Es war ein Montagnachmittag an dem wir, Julia (Gewerkschaftsmitglied in der NGG) und Zeki Min (Lehramtstudent in Berlin und Gitarrist/Sänger in der Punkrockband F3), das Büro der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) in Bremen betraten. Begrüßt wurden wir dort herzlich von einem sehr netten Mann, der sich uns als Raimund Gaebelein vorstellte. Wir wollten uns Informationen und Unterschriftenlisten für die no·npd Aktion abholen, auf die uns die Gewerkschaft aufmerksam gemacht hatte.

Da wir in letzter Zeit sehr viel mit der Band unterwegs sind, ist dies eine optimale Situation Unterschriften zu sammeln und die Aktion publik zu machen. Denn Punkrock und Antifaschismus sind zwei Dinge, die Hand in Hand gehen (sollten). Innerhalb von zwei Wochen bekamen wir auf unseren Konzerten in Hannover, Bremen, Emden und Wilhelmshaven 489 Unterschriften zusammen.

Kommentare wie: „Nichts lieber als das“, „Ich unterschreibe mit ganzem Herzen“ und „Das ist die coolste Aktion seit langem“ bestätigten uns in unserem Tun und verdeutlichten, was wir schon längst wussten: Das NPD-Verbot und die no·npd-Aktion sind mehr als überfällig.

Zwischendurch mussten wir immer wieder die Zettel zum Unterschriftensammeln kopieren, da sich der Vorrat sehr viel schneller aufbrauchte, als wir dachten, und auf den meisten Konzerten mehr als die Hälfte aller Anwesenden unterschrieb.

Zwei Wochen nach dem besagten Montagnachmittag kamen wir wieder in das Büro der VVN, um einerseits Nachschub an Zetteln zu holen und andererseits die bereits gesammelten Unterschriften abzugeben. Als Mitglieder des VVN, welche übrigens unsere Großeltern sein könnten, unsere Ausbeute sahen, waren sie unglaublich erfreut. Ihre Augen begannen zu glänzen und sie bedankten sich von ganzem Herzen für unser Engagement.

Doch eigentlich sind es wir, die sich bei diesen Menschen bedanken müssen. Den Menschen, die noch immer aktiv gegen den Faschismus kämpfen und dies vor allem nicht für sich, sondern für uns tun. Für die Generation ihrer Töchter und Söhne und die Generation ihrer Enkelinnen und Enkel. Diese Menschen tun dies so leidenschaftlich, weil sie live miterlebt haben, wie damals alles begann, und was der Faschismus anrichtete, und was er noch heute anrichtet. Diese Menschen sollten uns ein Vorbild dafür sein, dass es nicht ausreicht, einfach nur dagegen zu sein, sondern dass man aktiv werden muss, um wirklich etwas zu bewegen.

Dies ist auch gar nicht so schwer, wie mancher vielleicht denken mag. Jeder kann seinen Teil dazu beitragen. Geht einfach zum Büro der VVN, oder sucht euch ein anderes Antifabüro, bei dem ihr die Unterschriftenzettel bekommt. Nehmt diese Zettel mit zu euren Freunden, in die Schule, in euren Verein, zur Arbeit, auf den Skateplatz, auf Konzerte oder in die Straßenbahn.

Es ist auch nicht wichtig, dass jeder Mensch, den ihr ansprecht unterschreibt. Manchmal ist es wichtiger ihn einfach zum Nachdenken anzuregen, denn dann unterschreibt er vielleicht beim nächsten Mal. Außerdem sollen so viele Menschen wie möglich über die Aktion Bescheid wissen, also nutzt eure persönlichen Möglichkeiten und macht die Aktion publik.

Wir werden dies weiterhin auf Konzerten mit größter Anstrengung tun, denn wir wollen uns später nicht vor unseren Kindern rechtfertigen müssen, warum die Nazis ein halbes Jahrhundert nach dem Holocaust vom Staat unterstützt werden oder gar wieder in den Bundestag einziehen konnten, nur weil wir es versäumt haben zu handeln und bloß zugeschaut haben.

Infos: www.npd-verbot-jetzt.de und www.f-three.de

Grüppchen

geschrieben von Ulrich St.

26. April 2007

Wer bei den Bürgerschafts- und Beiratswahlen am 13. Mai weder auf sein Kreuzchen verzichten noch es bei den „etablierten“ Parteien (SPD, CDU, Grüne, FDP, Linke) machen will, dem fehlen häufig Informationen über die „Kleinstparteien“ und Wählervereinigungen, die als Wahlmöglichkeiten verbleiben. Auf DVU, Republikaner und „Bremen muß leben“ wird hier nicht eingegangen. Ihre faschistische bzw. rechtspopulistische Ausrichtung ist im BAF bereits mehrfach dargelegt worden. Zu „Siegerist“ sei ergänzend auf einen hervorragenden Artikel auf den Seiten der Neofa-Kommission Küste hingewiesen.

Wer bei den Bürgerschafts- und Beiratswahlen am 13. Mai weder auf sein Kreuzchen verzichten noch es bei den „etablierten“ Parteien (SPD, CDU, Grüne, FDP, Linke) machen will, dem fehlen häufig Informationen über die „Kleinstparteien“ und Wählervereinigungen, die als Wahlmöglichkeiten verbleiben. Auf DVU, Republikaner und „Bremen muß leben“ wird hier nicht eingegangen. Ihre faschistische bzw. rechtspopulistische Ausrichtung ist im BAF bereits mehrfach dargelegt worden. Zu „Siegerist“ sei ergänzend auf einen hervorragenden Artikel auf den Seiten der Neofa-Kommission Küste hingewiesen.

Zur Bürgerschaftswahl treten zusätzlich noch zwei weitere Parteien an. Die „Feministische Partei“, deren Name bereits ihren Schwerpunkt enthält, vertritt aber auch ansonsten recht fortschrittliche Positionen. Die „Partei Bibeltreuer Christen“ positioniert sich entweder extrem repressiv (Abschaffung des Abtreibungsrechts, Erschwerung der Ehe, Verbot gotteslästerlicher, pornographischer und gewaltverherrlichender Medienangebote, Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen und „kriminellen“ Asylsuchen- den) oder religiös-bevormundend (Bibelunterweisung für alle Schüler unabhängig von deren religiöser Einstellung, Einführung der biblischen Schöpfungslehre im Schulunterricht, nationale Gebets- und Fastentage zur Sicherung des Friedens und der Abwehr von Bedrohungen).

Die weiteren Parteien oder Wählervereinigungen treten lediglich zum Kommunalparlament in Bremerhaven oder den Beiratswahlen an. Fast alle dieser Gruppierungen sind offen faschistisch oder rechtspopulistisch. Für die faschistische „Deutsche Partei“ existiert die Würde des Menschen nur als Bürger der politischen Gemeinschaft der Deutschen. Ihr Programm ist auch sonst gefüllt mit NS-Schlagwörtern wie „Arbeit und Kapital gehören zusammen“. Nicht anders bei „Bürger in Wut“, die u.a. gegen unkontrollierte Zuwanderung und Multikulti wettern, bei denen konsequente Integration der Ausländer Assimilation bedeutet, wo die zukünftige Zuwanderung ausschließlich an den vorgeblichen „Interessen Deutschlands“ auszurichten sei. Im Rahmen von Meinungs- und Geistesfreiheit dürften Themen nicht tabuisiert und Denkverbote nicht errichtet werden. Das hieße die völlige Entkriminalisierung faschistischer, rassistischer und revanchistischer Thesen in Deutschland. Die Partei „Pro Deutsche Mitte – Pro DM“ profiliert sich vordergründig als Anti-Euro-Partei. Ihre Zuwanderungspolitik ist offen rassistisch (keine Sozialhilfe für Zuwanderer) und mit einigen ihrer Forderungen positionieren sie sich klar gegen einen Rechtsstaat (Beweislastumkehr in Strafprozessen, Kontrolle von Richtern, Strafverschärfungen in allen Bereichen). Auf Repression setzt auch die „Deutsche Christliche Partei“. Ausländern will sie das Demonstrationsrecht entziehen und die Familienzusammenführung streichen. Das Mitführen und Hissen fremder Nationalflaggen soll verboten werden. Mörder, Trieb- und Serientäter sollen dauerhaft in Gewahrsam genommen und unangepasste Schüler in Sondereinrichtungen untergebracht werden. Ebenfalls zum rechten Lager gehört „Ab jetzt… Bündnis für Deutschland“, die nach außen hin für mehr Volksabstimmungen eintreten. Sie verwehren Nichtdeutschen die Parteimitgliedschaft. Sie richten sich gegen weitere EU-Mitgliedsländer (aus Zuwanderungsgründen), gegen ein politisches Asylrecht und Zuwanderung ins „soziale Netz“. Kriminelle und sozialhilfebedürftige Ausländer sind abzuschieben und ausländische Schüler getrennt zu unterrichten. Über den Bau von Moscheen als „Schicksalsfrage“ des deutschen Volkes muss stets eine Volksabstimmung erfolgen, und auch die Herabwürdigung deutscher Soldaten in Vergangenheit und Zukunft muss beendet werden. Eine neoliberale Politik verfolgt die „Allianz der Mitte“. Doch auch bei ihr müssen Ausländer mindestens fünf Jahre in Deutschland geduldet sein, bevor sie der Partei beitreten dürfen, und die Einwanderungspolitik soll nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesteuert werden. Die Bundeswehr soll nicht nur in aller Welt, sondern auch im Innern ihre Waffen einsetzen dürfen.

Das Programm der „Demokratischen Alternative – Die Weissen“ hat außer ausnahmsweise nichtrassistischen Schlagwörtern nichts zu bieten. Die Außen- und Sicherheitspolitik bleibt völlig außen vor und wird den Mandatsträgern der Partei freigestellt. Über die WASG-Abspaltung „Alternative Linke Wahlvereinigung Bremerhaven“, „B.H.V. unabhängige Wählervereinigung B.remer-H.aV.en“ und das „Bündnis Parteiloser Bürger“ war programmatisch vom Autor dieser Zeilen nichts in Erfahrung zu bringen.

Alles in allem bleibt das Fazit, dass wohl noch nie so viele faschistische und rechtspopulistische „Grüppchen“ zu bremischen Wahlen angetreten sind. Für AntifaschistInnen erscheint mir von den inhaltlich besprochenen Parteien etc. einzig die „Feministische Partei“ wählbar.

Ulrich St.

Nie aufgegeben

geschrieben von Raimund Gaebelein

26. November 2006

Am 29. Oktober verstarb in Frankfurt/ Main der Widerstandskämpfer und Kommunist Peter Gingold im Alter von 90 Jahren.

Am 29. Oktober verstarb in Frankfurt/ Main der Widerstandskämpfer und Kommunist Peter Gingold im Alter von 90 Jahren. Vielen, gerade auch jüngeren Menschen ist Peter bekannt durch sein unermüdliches Engagement als „kritischer Aktionär“ im Kampf um Entschädigung der überlebenden Auschwitzhäftlinge durch die „IG Farben in Auflösung“. In einer Schweigeminute gedachten die 4.000 TeilnehmerInnen der antifaschistischen Demonstration am 04. November in Gröpelingen und die Versammlungen von WASG und Linkspartei-PDS am folgenden Tag dieses unbeugsamen Mannes. Am 08. März 1916 wurde Peter Gingold in Aschaffenburg geboren. Der Vater war Konfektionsschneider, Peter machte eine kaufmännische Lehre. Im Mai 1933 ging die gesamte Familie ins französische Exil. Peter blieb und beteiligte sich am Widerstand seiner kommunistischen Jugendgruppe.

Peter wurde nach mehreren Monaten Haft gedrängt Deutschland zu verlassen. Peter fand in Paris Anstellung bei der deutschsprachigen antifaschistischen Tageszeitung „Pariser Tageblatt“. In engem Kontakt mit dem Zentralkomitee der KP Frankreichs beteiligten sich deutsche Kommunisten 1941-44 an der Widerstandstätigkeit innerhalb der Verwaltung der deutschen Besatzungsmacht, des „Travail Allemand“. Peter Gingold wurde im Osten Frankreichs tätig. Illegal erstellte Flugblätter wurden unter deutschen Soldaten verbreitet. Am 03. Februar 1943 wurde Peter Gingold von der Gestapo verhaftet und über Wochen brutal gefoltert und nach Paris gebracht. Karfreitag 1943 konnte er der Gestapo entkommen als er sie zum Schein zu einer Kontaktperson zu führen vorgab. Er beteiligte sich an der Befreiung von Paris 1944 und nahm dann im Auftrag der Bewegung „Freies Deutschland für den Westen“ am Aufstand in Turin teil. Sein Bruder und seine Schwester waren bereits 1943 von den Nazis nach Auschwitz in den Tod geschickt worden.

Peter ging 1945 zurück nach Frankfurt/ Main, die deutsche Staatsbürgerschaft wurde ihm 20 Jahre lang verweigert. Die bekam die Familie Gingold erst, als Tochter Silvia sich 1974 ums Referendariat bewarb. Es folgte ein zäher Kampf gegen das Berufsverbot. Peter Gingold und seine Frau Etty waren unermüdliche Kämpfer für den Frieden, gegen Raketenstationierung und Notstandsgesetze.

Hoch dekoriert vertrat Peter Gingold den Widerstand gegen den Fortbestand der „IG Farben in Auflösung“. Den Widerstand gegen jede Form von Faschismus und Rassismus fortzuführen ist sein Vermächtnis an die kommende Generation.

AWO-Kreiskonferenz verabschiedet Resolution gegen Polizeiübergriffe

geschrieben von Dr. Andreas Weichelt AWO-Kreisvorsitzender

19. November 2006

Tausende haben am vergangenen Sonnabend gegen den Aufmarsch der NPD im Bremer Westen demonstriert.

Tausende haben am vergangenen Sonnabend gegen den Aufmarsch der NPD im Bremer Westen demonstriert. Auch die AWO Bremen gehörte mit zu den Initiatoren des Protestes. In einem gemeinsamen Aufruf hatten Geschäftsführung, Betriebsrat und Vorstand zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Mitglieder waren diesem Aufruf gefolgt und demonstrierten friedlich gegen die Nazis. Doch was sie am Rande der Demonstration an Übergriffen der Polizei miterleben mussten, war schockierend. Da wurden einzelne Demonstranten herausgegriffen, verprügelt und dann wieder laufen gelassen. Da wurden Hunde ohne Maulkorb und an langer Leine durch die Menschenmenge geführt. Da wurden ganz normale Bürger von der Polizei ohne Grund aggressiv angegangen. All diese persönlichen Erlebnisse veranlasste am gestrigen Abend die Kreiskonferenz der AWO Bremen dazu, einstimmig eine Resolution zu verabschieden. Darin wird das streckenweise überzogene Vorgehen der Einsatzkräfte der Polizei gegen einige Teilnehmer der Demonstration verurteilt. „Auch bei einer Demonstration haben die Einsatzkräfte die Verhältnismäßigkeit der einzusetzenden Mittel zu beachten. In Deutschland muss sich jeder Bürger in jeder Situation auf die korrekte Handlungsweise seiner Polizeikräfte verlassen können.“ Auf der Demonstration am vergangenen Sonnabend sei dies eindeutig nicht so gewesen. Die AWO Bremen wird darüber hinaus das Gespräch mit der Polizei suchen.

Pressemitteilung des Bremer Bündnisses gegen Rechts

geschrieben von Raimund Gaebelein (Landesvorsitzender VVN-BdA Bremen)

8. November 2006

Die Gründe, die ein Verbot des NPD-Aufzugs notwendig machen, haben sich seit ihrem ersten Bekanntwerden nicht verändert.

Die Gründe, die ein Verbot des NPD-Aufzugs notwendig machen, haben sich seit ihrem ersten Bekannt werden nicht verändert. Sie wollen auf der Straße marschieren, auf der Anfang März 1933 Zehntausende Bremer dem von der SA ermordeten Reichsbannermann Johann Lücke das letzte Geleit gaben, hin zum Waller Friedhof, auf dem die 1919 von Freikorps erschossenen Verteidiger der Bremer Räterepublik begraben liegen. Dieselbe Straße entlang wurden am Morgen des 10. November 1938 Hunderte Bremer Juden zu den Viehwaggons getrieben, die sie ins KZ Sachsenhausen brachten. Hunderte von sowjetischen Zwangsarbeiterinnen waren in Lagern entlang der Waller Heerstraße untergebracht und mussten täglich den Weg zur Zwangsarbeit für den Hafenbetriebsverein antreten und zurückgehen. Mehr noch spricht für ein vollständiges Verbot des NPD-Aufmarschs. In Hamburg fand vor zwei Wochen eine gleichartige Veranstaltung der NPD in Wandsbek statt, bei der führende Köpfe zum „Nationalen Widerstand“ gegen die „Systemparteien“ aufriefen, eine Verhöhnung unserer Demokratie. Sie geben vor, die Ängste der Menschen vor Arbeitslosigkeit und Verelendung ernst zu nehmen. Durch Ausgliederung der über Jahrzehnte hier ansässigen eingewanderten Teile der Bevölkerung aus der Sozialversicherung glauben sie die Wiedereingliederung von Millionen Arbeitsloser ins Erwerbsleben erreichen zu können. Menschen, die hier ihre Kraft und Gesundheit für das Wohl aller eingesetzt haben, sollen plötzlich aus der Gesellschaft ausgestoßen und in die Heimat ihrer Vorfahren abgeschoben werden, die viele nur aus dem Urlaub kennen. In verbalen Bekundungen gehen einzelne der führenden Köpfe von NPD und „Kameradschaften“ soweit, die „Bombardierung Israels“ zu fordern. Diese rassistischen und antisemitischen Vorstellungswelten der Neofaschisten dürfen in unserer Demokratie nicht unbestraft öffentlich verbreitet werden.

Reden zur Demonstration gegen den NPD-Aufmarsch

geschrieben von Auszug aus der Rede von Jens Böhrnsen und Pastor Rolf Sänger-Diestelmeier

4. November 2006

“ (…) In dieser Woche, am 4.November, wollen sich Nazis auf Straßen und Plätzen im Bremer Westen breit machen.

Jens Böhrnsen:

“ (…) In dieser Woche, am 4.November, wollen sich Nazis auf Straßen und Plätzen im Bremer Westen breit machen.

Ich sag Nazis, weil Neo-Nazis klingt irgendwie nach Neu.

Aber bitte, was ist neu an diesen Ewiggestrigen?

Nichts. Sie sind Nazis und nichts anderes.

Wir werden uns auch nicht von dem Biedermann-Gehabe einiger NPD-Funktionäre täuschen lassen.

Im Wahlkampf in Berlin oder Meck-Pomm, da haben diese Biedermänner Beifall geklatscht, wenn ihre Schlägertrupps Juso-Veranstaltungen gesprengt oder Wahlhelfer verprügelt haben. Die NPD, oder in Arbeitsteilung in Bremen die DVU, kämpft nicht um demokratische Mandate in der Bürgerschaft, sie will unsere Demokratie zerschlagen.

Dagegen müssen wir uns von Anfang an wehren, und nicht erst dann, wenn sie schon in Fraktionsstärke im Parlament sitzen.

Deshalb werde ich dabei sein, wenn sich die demokratischen Kräfte des Stadtteils und aus ganz Bremen zusammen gegen diesen Aufmarsch wehren.

Wir wollen keine Nazis.

Die Demonstration wird dafür am 04. November ein kraftvolles Zeichen setzen. (…)“

Pastor Rolf Sänger-Diestelmeier (Rede zur Demonstration gegen den NPD-Aufmarsch)

Liebe Freundinnen und Freunde, Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Ich habe heute ein Plakat gesehen. Gröpelingen hat was – gegen Gewalt und Faschismus, stand drauf.

Ja, Gröpelingen hat was! Walle auch: Wir haben was gegen Gewalt und Rassismus, gegen Menschenverachtung, Verdummung und Demagogie. Und wir werden nicht vergessen die über hundert Toten, die in den letzten Jahren durch faschistische Gewalttäter in unserem Land umgebracht wurden, erstochen, erschlagen, zusammengetreten, vor S-Bahnzüge gestoßen.

Gröpelingen hat was! Walle auch. Unsere Stadtteile haben was, weil sie bunt sind. Und wir wollen nicht dass sie braun werden. Unsere Stadtteile haben was. Und wir wollen, dass unter uns leben können – ohne Angst – Menschen welcher Herkunft auch immer. Wir haben was gegen no go Areas. Wir haben was dagegen, dass Menschen unter uns angemacht, bedroht, entwürdigt, zusammengeschlagen werden, weil sie – sagen wir – punkig-bunte Haare tragen, Rollstuhl fahren, schwul sind oder hiphop mögen. Und wir haben was dagegen, wenn Menschen mit anderer Hautfarbe nicht mehr alleine Bahn fahren mögen. Wir haben was dagegen wenn die NAZIS unter dem Motto „Unsere Zeit wird kommen“ Anti-Hartz IV Demos prägen wollen, Schöffenplätze in Gerichte besetzen oder sich in Elternbeiräte wählen lassen.

Gröpelingen hat was, weil es hier zum Beispiel Schulen gegen Rassismus gibt wie das Pestalozzischulzentrum. Die machen vor, wie das geht, dass Schülerinnen und Schüler von fast 30 Nationen zusammen leben und miteinander und voneinander lernen. Wir wollen hinkucken, nicht wegkucken. Die Faschisten unter uns – wie immer sie sich auch nennen mögen – sie sind ja längst mehr als ein monolitischer Block von irregeleiteten kahlköpfigen Parolenschreiern. Sie sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Sie versuchen die Ohnmachtsgefühle in weiten Teilen der Bevölkerung umzupolen in Gefühle von Macht und nationaler Größe. Lasst sie uns aus dem Tritt bringen, ob sie nun mit Springerstiefeln durch unsere Straßen ziehen oder mit Nadelstreifenanzug in unsere Parlamente einziehen wollen. Lasst sie uns aus dem Tritt bringen wegen der Stolpersteine, die auch in unserem Stadtteil erinnern an unsere ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, an Widerstandskämpfer und verfolgte Antifaschisten, um des Gedenkens an die ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner des jüdischen Altersheimes hier in Gröpelingen und um des Gedenkens an die Gefangenen und Zwangsarbeiter in den Lagern, die es hier im Bremer Westen zwischen Schützenhof und Riespott gegeben hat.

Und lasst uns nicht nur vom Erstarken der anderen reden. Lasst uns reden von unserer eigenen Kraft. Menschen in dieser Stadt sind gemeinsam aufgestanden. Für heute sind 3 Demos, 6 Infostände, 3 Menschenketten, 2 Mahnwachen und 2 Gedenkgänge angemeldet worden. Und wir hätten uns dies alles von niemandem verbieten lassen.

Bloß: das wird nicht ausreichen. Das sind nur Re-Aktionen. Wir werden uns angewöhnen müssen zu agieren, statt zu reagieren. Und dieser beeindruckende Tag wäre nicht viel wert, wenn daraus nicht eine beharrliche Bewegung wird in Jugendcliquen, Moscheen und Kirchengemeinden, in Bürgerhäusern und Jugendzentren, in Schulen und Menschenrechtsgruppen – und auch in persönlichen Gesprächen oder bei Pöbeleien in der Straßenbahn, eine phantasievolle Bewegung, die dem heimlichen oder offenen Rassismus das Wasser abgräbt. (Damit eins klar ist: Gewalt ist in jedem Falle ein Ausdruck von hilflosem Antifaschismus) Doch auch unsere Parolen – so richtig sie sind – sie wären Ausdruck eines hilflosen Antifaschismus, – wenn wir nicht die Ursachen in Blick nehmen und an einer gerechten Gesellschaft mit Perspektiven und mit Teilhabe für alle arbeiten. Dabei wird der politische Streit unvermeidlich sein. Gut so! Aber wenn es darauf ankommt, werden wir zusammenstehen, Sportvereine, Schulen Religionsgemeinschaften und Initiativen, Gewerkschaften und demokratische Parteien, so wie gestern bei dem Gröpelinger Feuerspuren-Umzug sogar Teufel und Engel zusammenarbeiteten und sich verbündeten.

Gröpelingen hat was! Walle auch. Wir in Walle haben insbesondere was dagegen, dass die NPD in unserem Stadtteil ein Reihenhaus als Parteizentrale sucht – wie zu erfahren war. Wir rufen alle Wohnungseigentümer, Makler und Maklerinnen auf: verweigert ihnen die Zusammenarbeit, was immer sie auch bieten mögen. Es ist Drecksgeld. Wir werden dagegen aufstehen wie die Bevölkerung Delmenhorsts aufgestanden ist gegen den Verkauf eines Hotels an den Hamburger Nazi Rieger. In Walle gibt es vor Reihenhäusern ja noch nicht mal Vorgärten, in die sie einen Gartenzwerg stellen könnten, um sich als Biedermänner zu tarnen. Sie sind keine Biedermänner. Brandstifter sind sie. Und Brandstiftern überlassen wir nicht unsere Häuser und nicht unser Gemeinwesen. Lasst uns Toleranz leben und lernen. Aber den Nazis – null Toleranz und keinen Meter.

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