Die Richterin und die Tote vom Pont du Gard
7. Oktober 2018
Handelt es sich eher um einen Reiseführer oder einen Kriminalroman? Faszinierend bei Liliane Fontaines aktuellem Buch „die Richterin“ sind die interessanten historischen Einblicke und die malerische Darstellung sehenswerten Region östlich der Rhônemündung im Süden Frankreichs. Landschaftliche und bauliche Sehenswürdigkeiten wechseln sich ab mit der Beschreibung kulinarischer Finessen. Ein zweiter Blick in den Roman legt jedoch eine andere Seite mancher Einwohner der Languedoc offen, die Verdrängung der eigenen Rolle im zweiten Weltkrieg zwischen Kollaboration und Widerstand und die noch immer bestehende Fremdenfeindlichkeit. Das bricht auf mit der persönlichen Begegnung zweier Menschen und führt zu Morden.
Nach Verurteilung des Chirurgen Dr. Bernard Jalabert und seiner Frau, denen Ausbeutung der 13-jährigen Marokkanerin Aminata nachgewiesen werden konnte, wird in Nîmes ein Attentat auf die Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt verübt. Von den Folgen erholt sie sich auf das Weingut ihres Großvaters Rémy. Die Belastungszeugin wird noch vor Einleitung der Berufungsverhandlung ermordet aufgefunden. Die Ermittlungen nach dem mutmaßlichen Kinderhändlerring führt ihr Stellvertreter Rachid Bouraada weiter. Die Spurensuche ergibt, dass in vier Jahren 15 Mädchen im Alter zwischen 15 und 19 tot aufgefunden wurden. Auf der Suche nach dem Schicksal der sechzehnjährigen Najet Delosa erfährt Rachid Bouraada vom rätselhaften Tod des Anästhesisten Dr. Franck Viroulent in den Pyrenäen. Dr. Jalabert und Dr. Viroulet haben im selben Krankenhaus gearbeitet. Was hat beide über den Arbeitsplatz hinaus verbunden? Blutjunge Hausangestellte, die spurlos verschwunden sind?
Der Reiseschriftsteller Martin Endress fährt nach dem Tod seiner Mutter Anne auf Spurensuche nach dem Schicksal seiner Großeltern in die Laguedoc. Sein Großvater, Dr. Alfons Reuter, war renommierter Anatomieprofessor an der Universität Montpellier, seine jüdische Frau Sarah Tochter des Direktors der Nationaloper. Die Familie wurde 1941 in Les Milles interniert, konnte aber fliehen. Da ihre einjährige Tochter Anne fieberte, suchten sie einen guten Freund in St. Gilles auf, Dr. Claude Barbier. Auf der Weiterfahrt versagten die Bremen des Fluchtwagens, es kam zu einem Unfall, Sarah Reuter erlitt erhebliche Verletzungen und kam auf der Flucht von Sète nach Tanger ums Leben.
Mathilde de Boncourt und Martin Endress begegnen sich zufällig auf dem Markt in Ucès. Die Suche nach Menschen, die Dr. Barbier in St. Gilles kannten, führt Martin Endres auch ins Chåteau de Boncourt. Der rätselhafte Jagdunfall seines jungen Begleiters Didier Rossignoles gibt der Spurensuche eine neue Wendung. Was ist 1941 mit Familie Reuter geschehen? Weshalb hat nach 76 Jahren Jemand ein Interesse, dass ein dunkles Geheimnis nicht aufgedeckt wird?
Liliane Fontaine, Die Richterin und die Tote vom Pont du Gard, Piper Verlag München 2018, 412 S., 14 Euro, ISBN 978-3-492-50178-1