Hinter Gottes Rücken

23. Dezember 2013

Als Antikriegsroman erlebte Bastian Müllers „Hinter Gottes Rücken“ in den ersten Nachkriegsjahren vier Auflagen. Vom Stil her erinnert er an die „Schwarze Reihe“ in der französischen Existentialistenszene. Wilhelm, die beherrschende Figur des Romans, versucht in schweik’scher Manier einer Beteiligung am Krieg zu entgehen. Er hasste nach eigenen Aussagen das Militär, konnte sich nicht vorstellen, „eingekleidet, gedrillt, abgerichtet“ zu werden. Fürs erste war er bei der Musterung für untauglich befunden worden. September 1939 begann der Krieg, gleich zu Beginn seiner Hochzeitsreise nach Ostpreußen. In Berlin holt er sie ein. Als Transportführer wird Wilhelm 1941 nach Antwerpen geschickt. Auf ironische Weise werden die Widersinnigkeit von Befehlen dargestellt und die Pannen in der Kriegsmaschinerie. Die Unmenschlichkeit des Besatzungsregimes wird durch groteske Übertreibungen der Schilderung deutlich. Wilhelm träumt während der Versorgungsfahrten quer durch Europa von einer heilen Welt ohne Krieg. Ausgiebig erlebt er Gespräche mit unterschiedlichsten Leuten in Lokalen. Er will den Krieg vergessen, an den er nicht glaubt. Anfang 1944 soll Wilhelm als Dramaturg bei den Dreharbeiten zu Durchhaltefilmen mitwirken. Auf der Flucht vor den Bomben flüchtet Wilhelm auf Land, wo er mithilfe von Zwangsarbeitern Unterkünfte wohnfertig macht. Die weitere Flucht führt ihn nach Thüringen, wo er für sich, seine Frau und weitere Flüchtlinge eine Mühle requiriert. Dort warten sie die Befreiung ab. Ihr weiterer Weg führt sie in den Westen. Für den Schwarzmarkt war Wilhelm wahrlich nicht gemacht. Ausführlich beschäftigt er sich damit das Leben nach dem Kriege wieder in Gang zu bringen. Die neuentworfenen Vorschriften, das Auftreten der Besatzungsbehörden in Ost und West, den Kleinkrieg um Lebensmittel und Baumaterialien nimmt Wilhelm in seiner gewohnt schicksalsergebenen Art. Wilhelm, die Hauptfigur des Romans, spiegelt die persönliche Erfahrungswelt des Verfassers wider und schildert zugleich, was er in der Zeit des Krieges nicht zu schreiben, nicht zu sagen wagte.
Bastian Müller, Hinter Gottes Rücken, Donat Verlag Bremen 228 S., 14,80 EUR, ISBN 978-3-943425-12-3

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