Auf der Suche nach Verständigung und Frieden, Erinnerungen eines politischen Christen,

geschrieben von Raimund Gaebelein

23. September 2013

Mehr als drei Jahrzehnte unterrichtete Diether Koch am Gymnasium am Barkhof und als Fachleiter für Politik und Geschichte am LIS in Bremen. Seine persönliche und familiäre Lebensgeschichte, sein starkes Engagement in den Kirchgemeinden Unsere Lieben Frauen, Jona und St. Stephani und seine Arbeit an der Herausgabe von Texten Gustav Heinemanns und Karl Barths beschreibt der 85-jährige in seinen Erinnerungen. Diether Koch wuchs in einem aus tief christlichen, gutbürgerlichen Elternhaus auf. Vater Hans Koch war Gymnasiallehrer, Mutter Gusta Koch Fabrikantentochter. Der Freundeskreis der Eltern stand der Bekennenden Kirche nahe, was für den heranwachsenden Sohn Diether zur Verpflichtung werden sollte. Sein Bewusstsein entwickelt sich unter Bombenhagel und im Widerspruch zwischen dem behutsamen Heraushalten der Eltern und den vorsichtigen Bemühungen seines Patenonkels Ulrich, die Familie über die grauenhaften Judenmorde im besetzten Osten aufzuklären. Als die Bombenangriffe auf Bremen 1943 zunahmen, gingen Mutter und Kinder zur Großmutter nach Alfeld/Leine. Dem HJ-Dienst und der Einberufung zur Waffen-SS konnte der 15-jährige kurz vor Kriegsende durch Rückstellung aus gesundheitlichen Gründen entkommen.
Nach der Befreiung kümmerten sich die Kochs erstmal um den Wiederaufbau in Schwachhausen, und Diether um den Schulabschluss. Helmut Gollwitzer, Martin Niemöller und Gustav Heinemann wurden für den jungen Germanistikstudenten in Göttingen zu kirchlichen wie politischen Vorbildern im Bemühen um einen Ausgleich mit dem Osten. Der Appell Albert Schweitzers gegen die Atomaufrüstungspläne Konrad Adenauers bewegte die Studienreferendare in Bremen 1957 zu einer Solidaritätserklärung. Ausführlich schildert Diether Koch seine Unterrichtsformen am Barkhof, die Erziehung der Schüler zum selbstkritischen Denken. Wesentliches Arbeitsmittel bildeten Handreichungen, bestehend aus zahllosen unkommentierten Originalquellen unterschiedlicher bis gegensätzlicher Herkunft. Den Forderungen der Schülerbewegung 1968 konnte er nur begrenzt zustimmen. Verstärkt wandte sich Diether Koch der Lehrerausbildung zu und verstärkte seine persönlichen Kontakte zu Gustav Heinemann. Daraus ging nach gründlichen Recherchen und intensiven Gesprächen ein Buch hervor: „die andere Stimme. Heinemann und die Deutschlandpolitik“. Konflikte in den Bremischen Kirchengemeinden veranlassten die Kochs von Unsere Lieben Frauen zur Jonagemeinde und schließlich zur Stephani-Gemeinde überzutreten. Wesentliche Rolle spielte die Bedeutung der Barmer Erklärung für die Friedens- und Entspannungspolitik. Intensiv beschäftigte sich Diether Koch mit den Schriften Karl Barths, der sehr entschieden gegen die Atomrüstung aufgetreten war. Daraus entstand eine Textsammlung zur Haltung von Christen in der politischen Auseinandersetzung.
Diether Kochs Erinnerungen entstanden im Rückblick nach einer schwerwiegenden Operation. Die Versäumnisse in der Beurteilung der politischen Möglichkeiten während des sog. Kalten Kriegs beschäftigen ihn sehr. Er stellt jede Selbstsicherheit infrage und fordert eine radikale Umkehr.
Dieter Koch, Auf der Suche nach Verständigung und Frieden, Erinnerungen eines politischen Christen, Donat Verlag Bremen, 384 S, ausf. Personenregister, 19,80 EUR, ISBN 978-3-943425-21-5

Dieter Koch