„Keine Nazi-Demo in Gröpelingen – friedliche Bürgerproteste unterstützen“

geschrieben von Partei-Fraktionen

5. September 2006

Für den 4. November 2006 hat die NPD einen Demonstrationsmarsch in Gröpelingen angemeldet.

Für den 4. November 2006 hat die NPD einen Demonstrationsmarsch in Gröpelingen angemeldet. Die von der NPD beabsichtigte Veranstaltung ist sowohl vom Termin, kurz vor dem 9. November, als auch von der Auswahl des Ortes und der beabsichtigten Streckenführung, vorbei an Moscheen und jüdischen Einrichtungen her geeignet, den sozialen Frieden des Stadtteils Gröpelingen erheblich zu beeinträchtigen. Gröpelingen ist ein lebendiger Stadtteil, der insbesondere vom gut nachbarschaftlichen Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Nationalität und Religionszugehörigkeit geprägt ist. Viele interkulturelle Veranstaltungen des Stadtteils finden überregional Beachtung und zeigen die Integrationsfähigkeit Gröpelingens. Vor diesem Hintergrund ist die geplante Kundgebung der NPD eine reine Provokation. Sollte die Demonstration nicht juristisch verhindert werden können, werden die Gröpelinger unabhängig von Religionszugehörigkeit oder Nationalität auf friedliche Weise zeigen, dass neonazistisches Gedankengut bei ihnen keine Chance hat. Die Bürgerschaft unterstützt die Gröpelinger bei diesen friedlichen Aktionen gegen das neonazistische Gedankengut.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

1. Der Senat wird aufgefordert, alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen und auszuschöpfen, nach denen die geplante Demonstration der NPD in Gröpelingen versagt werden kann.

2. Der Senat wird aufgefordert, die friedlichen Aktionen der Gröpelinger gegen das neonazistische Gedankengut zu unterstützen.

Cornelia Wiedemeyer, Kleen, Dr. Sieling und Fraktion der SPD

Strohmann, Herderhorst, Perschau und Fraktion der CDU

Dr. Güldner, Karoline Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Die Ortsvereinkonferenz Bremen der Gewerkschaft ver.di hat am 05.09.2006 einstimmig beschlossen:

geschrieben von ver.di

4. September 2006

Nazis lösen keine sozialen Probleme!

Die Ortsvereinskonferenz am 05. September 2006 fordert den Ortsvorstand und den Bezirksvorstand auf, aktiv zu werden gegen den von der NPD für den 04. November in Gröpelingen angemeldeten Aufmarsch: eine Demonstration und Kundgebung zu organisieren mit dem Ziel, den Aufmarsch zu verhindern, und die Mitglieder zur Teilnahme zu mobilisieren.

Zeigen wir als Gewerkschaften der Öffentlichkeit und den Menschen, die in Gröpelingen leben, einem der traditionellen Arbeiterstadtteile, dass wir solche „Aufmärsche“ nicht zulassen, und sorgen wir dafür, dass sie nicht stattfinden.

Bei zu erwartenden zukünftigen der NPD oder anderer neofaschistischer Organisationen soll ver.di in gleicher Weise aktiv werden.

Die ver.di Bezirksdelegiertenkonferenz Bremen-Nordniedersachsen am 07.10.2006 hat folgende Resolution einstimmig beschlossen:

Am 04. November plant die NPD einen Aufmarsch im Bremer Stadtteil „Gröpelingen“. Die Delegierten wehren sich gegen den Nazi-Aufmarsch und rufen zu einer Demonstration gegen die braunen Umtriebe auf.

Bremen ist kein Platz für Neonazis.

Die Perversität ist kaum noch zu überbieten. Leben und arbeiten in dem Stadtteil viele unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Nazis lösen keine sozialen Probleme!

Erwerbslosigkeit ist kein Phänomen, das die hier lebenden Migrantinnen und Migranten verursachen. Sie ist das Ergebnis des bestehenden Wirtschaftssystems und einer neoliberalen Wirtschaftspolitik, in der die Unternehmensgewinne immer öfter vor dem Allgemeinwohl rangieren. Sozialabbau ist das Ergebnis politischen Handelns, das wir mit unserem Engagement und durch Wahlentscheidungen beeinflussen und verändern können. Gegen die menschenverachtenden „Ausländer raus!“-Parolen setzen wir unsere Vorstellungen einer sozial gerechten Welt.

Wir fordern alle Menschen auf, sich mit ihren Mitteln und Protestformen an den Aktivitäten gegen den Nazi-Aufmarsch zu beteiligen, um ihn möglichst schon im Vorgeld zu verhindern. Wir lassen es nicht zu, dass die Nazis ungestört ihre menschenverachtende Propaganda verbreiten können und fordern ein Verbot aller Nazi-Organisationen!

Die ver.di Bezirksdelegiertenkonferenz Bremen-Nordniedersachsen am 07.10.2006 hat einstimmig beschlossen:

Die Bezirkskonferenz fordert den Bezirksvorstand auf, auf den Senat sowie die bremische Bürgerschaft hinzuwirken, dass die geplante NPD-Demonstration in Bremen-Gröpelingen am 04. November verboten wird.

Tura Bremen protestiert gegen geplante NPD-Demonstration

geschrieben von Ekkehard Lentz

28. August 2006

Gröpelingen. Der Turn- und Rasensportverein (Tura) Bremen protestiert gegen die Planungen der NPD, am 04. November durch Bremen-Gröpelingen zu demonstrieren.

Gröpelingen. Der Turn- und Rasensportverein (Tura) Bremen protestiert gegen die Planungen der NPD, am 04. November durch Bremen-Gröpelingen zu demonstrieren. „Ein Naziaufmarsch in unserem Stadtteil, in dem ein Viertel der Bewohnerinnen und Bewohner mit Migrations-Hintergrund leben, ist eine Provokation, die auch den Widerspruch des größten Sportvereins im Bremer Westen herausfordert“, heißt es in einer Erklärung des Präsidiums von Tura.

Tura ist in diesem Jahr zum Integrations-Stützpunktverein ernannt worden. Damit wird die wichtige Arbeit des Sports für ein friedliches Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrations-Hintergrund anerkannt.

„In Gröpelingen arbeiten viele Institutionen und Vereine für ein Klima der Toleranz und gegenseitigen Achtung. Zahlreiche nterkulturelle Veranstaltungen des Stadtteils haben nicht nur überregional Beachtung gefunden, sondern zeigen auch die Integrationsfähigkeit Gröpelingens. Diese Anstrengungen würden durch die geplante Veranstaltung der NPD nachhaltig beschädigt“, befürchten Tura-Präsident Dirk Bierfischer und Vizepräsident Ekkehard Lentz.

„Sollte der Aufzug genehmigt werden, werden wir mit möglichst vielen anderen Gruppen und Personen zur Verhinderung der NPD-Demonstration aufrufen“, heißt es abschließend in der Tura-Erklärung.

„Bündnis gegen Rechts“ formiert sich wieder

geschrieben von Gröpelinger SPD

22. August 2006

Anlässlich des geplanten Aufmarsches der NPD erklärt die Vorsitzende des SPD-Ortsverbandes Gröpelingen, Babara Wulff:

„Der Plan der Nazis ist eine absolute Provokation der Gröpelinger Bürgerinnen und Bürger unterschiedlichster Herkunft, Kultur und Religion, die in unserem Stadtteil friedlich zusammen leben.“ Als die DVU erstmals im Bürgerschaftswahlkampf 1987 versuchte, durch massive volksverhetzende Propaganda fremdenfeindliche Stimmung zu provozieren, gründeten die Gröpelinger ein breites „Bündnis gegen Rechts“, in dem demokratische Parteien, Kirchenverbände, Migrantengruppen und viele andere Organisationen zusammenwirkten. Diese „Bündnis gegen Rechts“ habe sich im Konfliktfall immer bewährt und formiere sich auch jetzt wieder innerhalb kurzer Zeit. „Ich bin sicher, dass die Nazis, wenn sie sich tatsächlich hierher trauen sollten, an jeder größeren Straßenecke und in jedem öffentlichem Saal auf Gegenveranstaltungen der Gröpelinger Vereine und Institutionen treffen werden“, meint die Gröpelinger SPD-Vorsitzende. Auch an der langjährigen Tradition gemeinsamer Gedenkveranstaltungen mit der VVN zur Reichsprogromnacht vom November 1938 vor dem ehemaligen jüdischen Altersheim an der Gröpelinger Heerstraße werde die SPD festhalten.

Wir wollen in Bremen keine Hass-Parolen der NPD

geschrieben von Tim Cordßen

22. August 2006

Die Ankündigung des Demonstrationszuges der NPD für Anfang November in Bremen-Gröpelingen macht deutlich,

Die Ankündigung des Demonstrationszuges der NPD für Anfang November in Bremen-Gröpelingen macht deutlich,dass Rechtsextreme und Neo-Nazis sich offensichtlich mehr für die Bürgerschaftswahl im Mai 2007 vorgenommen haben als bisher. „Alle Bremerinnen und Bremer sind jetzt gefordert, dem Vorhaben der NPD eine klare Absage zu erteilen und deutlich zu machen, dass Bremen immer eine weltoffene und tolerante Stadt war und dies auch bleiben wird“, so der Juso-Landesvorsitzende Tim Cordßen. Die Bremer Jusos fordern den Senator für Inneres auf, das Stattfinden der NPD-Demonstration zu verhindern. Cordßen: „Wir wollen nicht, dass in Bremen Rechtsextremen und Nazis die Gelegenheit gegeben wird, ihre menschenverachtenden und hasserfüllten Parolen zu brüllen – schon gar nicht in einem Stadtteil, in dem ein großer Teil der Bevölkerung über Migrationshintergrund verfügt.“ Sollte der Innensenator die NPD-Demonstration nicht verhindern, werden die Bremer Jusos sich aktiv an einer möglichen Gegendemonstration beteiligen. „Ich hoffe, dass in einem solchen Fall halb Bremen auf den Beinen ist und sich den Nazis in den Weg stellt“, so Cordßen weiter. Wenn die Demo tatsächlich stattfinden sollte, hält der Juso-Landesvorsitzende auch andere Protestformen für denkbar: „Alle demokratischen Organisationen und Parteien der Stadt sollten sich überlegen, ob dann nicht rund um den Termin der NPD-Demo gemeinsame Aktionen in Gröpelingen für Demokratie und Toleranz möglich sind“, so Tim Cordßen abschließend.

Nazis wollen einmarschieren

geschrieben von Christian Jakob

22. August 2006

NPD meldet Demo in Bremen an: Die Route führt am jüdischen Altenheim und der Fatih-Moschee quer durch Gröpelingen – den Stadtteil mit der höchsten Migrantenquote. Kaum Chancen für Verbot

Mit 300 Teilnehmern will die rechtsextreme NPD am 4. November durch Gröpelingen marschieren – mitten durch das von vielen Migranten bewohnte Lindenhofquartier. Die vom NPD- Landesverband am 30. Juli angemeldete Demonstration soll vom Oslebshauser Bahnhof über die Lindenhofstraße zu einer Zwischenkundgebung am Bürgermeister-Ehlers-Platz und zurück nach Oslebshausen gehen. Die vorgesehene Route führt direkt am (ehm.) [Ergänzung: VVN-BdA Bremen] jüdischen Altenheim sowie der Gröpelinger Moschee vorbei. Es würde sich um die erste Demonstration der NPD in Bremen-Stadt überhaupt handeln.

Ein Sprecher von Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) bestätigte den Eingang der Anmeldung, machte jedoch keine Angaben zu einer möglichen Verbotsverfügung. Der letzte im Bremer Stadtgebiet geplante Nazi-Aufmarsch war 1999 durchs Verwaltungsgericht gestoppt worden – wegen „öffentlicher Proteste“. Doch die aktuelle Rechtssprechung macht unwahrscheinlich, dass der Aufmarsch erneut verboten werden kann: Zuletzt mussten die Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte fast alle Verbote von NPD-Demonstrationen in Norddeutschland aufheben.

Das Ortsamt Gröpelingen äußerte gegenüber dem Stadtamt die Befürchtung, dass durch die Demo das vorbildliche Zusammenleben zwischen Migranten und Deutschen in dem Stadtteil mit der höchsten Migrantenquote „nachhaltig gestört“ werden könnte. Weiterhin, so das Ortsamt, sei es inakzeptabel, dass unmittelbar vor dem Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November Neonazis durch die Stadt marschieren. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass Fußballbundesligist Werder Bremen am selben Tag Energie Cottbus empfängt – dessen Fanszene einen hohen Anteil Neonazis aufweist. Das Ortsamt äußerte Zweifel, ob die Polizei dieser Doppelbelastung gewachsen ist.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der NPD-Pläne regten sich erste Proteste. Die antifaschistische Jugendorganisation „solid.org“ meldete für den Tag unter dem Motto „Keinen Naziaufmarsch – weder in Gröpelingen noch sonst wo“ eine Gegendemo an. Sie soll vom Depot Gröpelingen zur Demo-Route der NPD führen. solid.org kündigte an, bis November ein breites gesellschaftliches Bündnis schmieden zu wollen, um dem NPD-Aufmarsch entgegenzutreten. „Die Nazis von der NPD sind bisher noch nie durch Bremen marschiert. Wir wollen erreichen, dass das auch so bleibt“, hieß es.

Der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) will am selben Tag in Gröpelingen mit einer Mahnwache und einer Menschenkette an die Reichspogromnacht erinnern. VVN-Sprecher Raimund Gaebelein erklärte, dass die NPD in Gröpelingen bisher nicht in Erscheinung getreten sei. Nur im angrenzenden Stadtteil Walle habe sie bisher Aktivitäten gezeigt – zuletzt mit einem Infostand vor dem Walle-Center in der vergangenen Woche.

Internationale Solidarität

geschrieben von Ulrich Schneider

31. Januar 2006

Ein wichtiges Element antifaschistischer Arbeit war schon immer die internationale Solidarität. Dieses Prinzip, dass politisches Handeln für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte nicht an den nationalen Grenzen halt machen oder gar zu Lasten von Menschen und Völkern anderer Nationen durchgesetzt werden kann, war eine Grunderkenntnis der Kräfte der Arbeiterbewegung, die historisch die Hauptlast des antifaschistischen Kampfes trugen.

Dabei war es keine Frage der jeweiligen politischen Position, dies galt gleichermaßen für sozialdemokratische, kommunistische und andere Richtungen der Arbeiterorganisationen.

Dieser Internationalismus im antifaschistischen Handeln wurde auch von liberalen und bürgerlichen Kräften anerkannt. Erlebten sie doch, dass Internationalismus eine existenzielle Notwendigkeit des Handelns gegen die nationalistische und chauvinistische Ideologie der jeweiligen faschistischen Herrschaft, ob in Deutschland, Italien, Spanien, Bulgarien oder in anderen Ländern war. Faschistische Ideologie und Politik, die sich zu einer direkten Bedrohung nicht nur für die Nachbarstaaten entwickelte, war in der Regel verbunden mit imperialistischen Expansions- und Herrschaftsplänen. Sie konnten nur im gemeinsamen Kampf aller von diesen Regimes bedrohten Länder und Völker bekämpft werden. Daraus ergab sich ganz originär eine Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg.

Dabei hatte solche Zusammenarbeit im antifaschistischen Handeln wenig zu tun mit dem klassischen Koalitions- und Beistandspaktdenken der herrschenden Eliten der jeweiligen Staaten. Es war vielmehr aus den Erfahrungen der Antifaschisten eine Zusammenarbeit der Völker, die sich auch in praktischer Solidarität mit den Verfolgten und im antifaschistischen Handeln ausdrückte. Dazu gehörte beispielsweise die Hilfe für Verfolgte und Exilanten oder die Unterstützung von Widerstandsgruppen bei der grenzüberschreitenden antifaschistischen Arbeit. Besonders aktiv war in diesem Zusammenhang die Internationale Transportarbeiter Föderation (ITF), die sich bei der Rettung von Verfolgten und beim illegalen Transport von Druckschriften hervorgetan hat. Aber auch in den Ländern des Exils war dieser Internationalismus lebendig. Er schuf die Rahmenbedingungen, dass in Prag der Exilvorstand der SoPaDe arbeiten konnte, in Moskau das ZK der KPD, in London der „Deutsche Kulturbund“ und in mehreren Ländern deutsche Antifaschisten, die im Exil die Komitees „Freies Deutschland“ und andere politische Strukturen des antifaschistischen Handelns aufbauen konnten. Antifaschismus als Internationalismus zeigte sich besonders deutlich im Kampf gegen die Bedrohung der Spanischen Republik durch den faschistischen Putsch von General Franco. Hier formte er sich in den Internationalen Brigaden, die – gegen die „Nichteinmischungshaltung“ der Westmächte – praktische Solidarität mit der bedrohten Republik übten. Die Kraft der internationalen Solidarität vermochte es, den faschistischen Vormarsch mehrere Monate erfolgreich aufzuhalten. Viele Antifaschisten zogen mit dem Bewusstsein nach Spanien, dort nicht nur Franco zu stoppen, sondern damit indirekt auch der faschistischen Bedrohung in ihrem eigenen Land entgegenzutreten.

Und nicht nur in Spanien lebte der Internationalismus. Die Teilnahme deutscher Antifaschisten in den Reihen der Armeen der Anti-Hitler-Koalition, in der französischen Résistance und im bewaffneten Widerstand anderer Länder war ein sichtbares Zeichen für diese Gemeinsamkeit der antifaschistischen Idee über Grenzen, Nationen und Völker hinweg.

Besondere Bedeutung erhielt der internationalistische Charakter des antifaschistischen Widerstandes in den Konzentrationslagern. Hier ging es darum, durch die illegale vertrauensvolle Zusammenarbeit von deutschen und ausländischen Häftlingen ein gemeinsames Überleben zu sichern. Dies war schwerer als in den Zeiten der Illegalität, da in den KZs nicht nur politisch klar denkende Häftlinge eingesperrt waren. Umso wichtiger war es für das Überleben aller Häftlinge, auch unter diesen Bedingungen Solidarität und Internationalismus zu praktizieren. In fast allen größeren Lagern bildeten sich konspirativ internationale Häftlingskomitees. Im KZ Buchenwald gelang es bekanntermaßen, sogar eine illegale Internationale Militärorganisation aufzubauen, die die Basis für die Selbstbefreiung der Häftlinge am 11. April 1945 bildete. Und es war nur konsequent, dass die befreiten Häftlinge des Lagers am 19. April 1945 einen gemeinsamen Schwur ablegten, der bis heute das Vermächtnis aller Überlebenden des KZ Buchenwald ist, aus welchem Land auch immer sie kommen.

Dieser Internationalismus und die hohe Wertschätzung der deutschen antifaschistischen Widerstandskämpfer war die Begründung dafür, dass die VVN 1947 als erste deutsche politische Organisation wieder ein gleichberechtigtes Mitglied der internationalen Gemeinschaft in der FIAPP (Fédération Internationale des Anciens Prisonniers Politiques, Internationale Föderation ehemaliger politischer Gefangener), der Vorläuferorganisation der FIR, werden konnte. Diese internationale Zusammenarbeit erwies sich als eine wirksame politische Kraft im antifaschistisch- demokratischen Neuanfang, sei es in der Verfolgung von Nazi- und Kriegsverbrechern, sei es in der Verteidigung der sozialen und gesellschaftlichen Rechte der Verfolgten des Naziregimes, sei es in der Solidarität mit der vom Verbot bedrohten VVN oder im gemeinsamen Handeln gegen SS-Traditionsverbände und das Wiederaufkommen alt- und neofaschistischer Parteien und Gruppen. Im Umfeld der VVN-BdA entstanden zwei Organisationen, die im besonderen Maße mit dieser internationalistischen Arbeit verbunden sind: die DRAFD (Verband Deutscher in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung „Freies Deutschland“ e.V.) und die „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik“. In dem 1992 gegründeten Verband DRAFD fanden diejenigen Frauen und Männer zusammen, die im Ausland in den Truppen der Anti-Hitler-Koalition, in den Reihen der Partisanen und Résistance-Kämpfer oder in den organisatorischen Strukturen der antifaschistischen Komitees ihren Beitrag für die Befreiung Deutschlands von Faschismus und Krieg geleistet hatten.

Sie standen in der Bundesrepublik oftmals vor dem Problem, dass ihr Kampf durch die entsprechenden Entschädigungsgesetze nicht anerkannt war, sie daher um Wiedergutmachung und politische Anerkennung streiten mussten. Während sie in den europäischen Nachbarstaaten hoch geehrt sind, mit Auszeichnungen zum „Ritter der Ehrenlegion“ ernannt werden, müssen sie in der BRD um ihre Wertschätzung streiten. Dabei gelingt es der DRAFD immer besser, in der politischen Öffentlichkeit die Leistungen und Verdienste der deutschen Antifaschisten, die an der Seite der Alliierten kämpften, zu verdeutlichen. Die Ausstellung „Deutsche in der Résistance“ wurde seit 2004 mit großem Erfolg in verschiedenen Städten gezeigt. Ein wichtiges Anliegen der DRAFD ist die Weitergabe der Erfahrungen an die nachgeborenen Generationen. Ein erfolgreiches Beispiel war sicherlich die gemeinsame Fahrt von ehemaligen Kämpfern der Résistance und jungen Antifaschisten im Sommer 2004 nach Oradour sur Glane. Dabei standen Erinnerung und Begegnung mit französischen Antifaschisten gleichberechtigt nebeneinander.

Einen wichtigen Beitrag zu antifaschistischer Internationalismus-Arbeit leisten auch die „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik“. Sie halten mit ihren Zeitzeugen und historischen Berichten die Erinnerung an den internationalen antifaschistischen Kampf zur Verteidigung der Republik gegen die faschistische Bedrohung lebendig. Dabei leisten sie diese Arbeit in einem Netzwerk von Organisationen in Europa und den USA und in enger Verbindung mit jungen Generationen. Die alljährlichen internationalen Sommertreffen dienen dem Austausch von Erfahrungen und der Vorbereitung gemeinsamer antifaschistischer Initiativen. So ist auf Vorschlag der britischen Organisation im Frühjahr 2006 geplant, den Weg der Pyrenäen-Überquerung der ersten Mitglieder der Internationalen Brigaden, die illegal nach Spanien einreisten, nachzugehen. Hier werden in besonderem Maße auch jüngere Antifaschisten erwartet.

Ein Sonderfall ist die über vierzigjährige Arbeit des Internationalen Rombergpark-Komitees in Dortmund. Verbunden mit der Erinnerung an ein faschistisches Verbrechen in den letzten Tagen des Krieges wurde der Kontakt zu den überlebenden Angehörigen in zahlreichen Ländern zum Ausgangspunkt der internationalen Arbeit. Dieses Komitee und die Gedenkveranstaltung zum Karfreitag in der Bittermark haben sich in den letzten Jahrzehnten als Fokus der internationalen Verbindungen der antifaschistischen Organisation in Nordrhein-Westfalen erwiesen.

Die internationale Arbeit der VVN-BdA findet aber nicht nur in der FIR oder im Rahmen solcher Organisationen statt. Unser Internationalismus ist mit vielen Handlungsfeldern verbunden und wird als lebendiger Bestandteil der Arbeit der Organisation auf Bundes-, Landes- und Kreisebene verstanden. Wenn im Folgenden einzelne Beispiele angeführt werden, ist klar, dass damit nur ein kleiner Ausschnitt der unterschiedlichen Aktivitäten abgebildet werden kann.

Dieser Internationalismus zeigte sich konkret in der Unterstützung der Entschädigung für Zwangsarbeiter des faschistischen Sklavensystems. Die Sicherung von Dokumenten, die Aufarbeitung von Einzelschicksalen, wie es beispielsweise die Bremer Landesvereinigung mit dem Schicksal niederländischer Zwangsarbeiter gemacht hat, sind konkrete Beiträge zum Internationalismus. Schon seit vielen Jahrzehnten arbeitet die VVN-BdA im Saarland an der Aufarbeitung der Schicksale französischer Verfolgter im KZ Neue Bremm und anderen Haftstätten. Dies erfolgt in enger Verbundenheit mit französischen Partnern, wie der FNDIRP, der ANACR, der ANCAC und anderen. Begegnungen, Konferenzen und Dokumentationen sind die bisherigen praktischen Resultate dieser Arbeit.

Entsprechend der historischen und geographischen Nähe ist in Baden-Württemberg die Geschichtsarbeit eng mit der Arbeit am Gedenkort Natzweiler-Struthof verbunden. Dabei haben sich VVN-BdA-Mitglieder als anerkannte Betreuer von Gruppenbesuchen in der Gedenkstätte etabliert. Mit Gedenkmärschen durch das Elsass auf den Spuren von Heidi Hautval werden alternative Formen der Zugänge zur antifaschistischen Geschichte gesucht und erfolgreich umgesetzt.

Internationalistische Arbeit im Kontext einer Gedenkstätte steht auch für die Thüringische VVN-BdA im Zentrum. Seit vielen Jahren betreuen die Mitglieder die Überlebenden des KZ Buchenwald, wenn sie im Rahmen der Feiern zur Selbstbefreiung nach Thüringen kommen. Besonders im Jahr 2005 konnten zahlreiche Veranstaltungen mit Schulklassen und Jugendgruppen mit den Häftlingen aus allen Teilen Europas und aus Israel durchgeführt werden. Dadurch verbindet sich solche internationale Arbeit mit der Jugendarbeit der VVN-BdA. Ähnliches kann auch aus der Arbeit der sächsischen VVN-BdA berichtet werden. Ob es die erfolgreiche Arbeit der deutsch-tschechischen „Spurensucher“ oder die Begegnung in Auschwitz mit Jugendlichen aus Hoyerswerda ist, die von der VVN-BdA angeregt wurde.

Zu unseren internationalistischen Inhalten gehörten die politische Solidarität gegen die faschistischen Regime in Portugal, Griechenland oder Chile und – ganz aktuell – die Kampagne zur Rettung von Mumia Abu Jamal. Es war ein deutliches Zeichen dafür, dass der internationalistische Antifaschismus in der VVN-BdA lebendig ist, ihn auf dem Vereinigungskongress einstimmig als Ehrenmitglied aufzunehmen. Seine Grußadresse an den Bundeskongress Ende Mai 2005 war ein emotionaler Höhepunkt.

Der Internationalismus antifaschistischer Politik beweist sich aber nicht allein in der Solidarität mit Völkern und Menschen, die in anderen Ländern von Faschismus und Rassismus bedroht werden. Dazu gehört in unserem Land auch die Solidarität mit Menschen ohne deutschen Pass. Hier erweist sich antifaschistischer Internationalismus als „Humanismus in Aktion“, geht es doch darum, das Recht eines jeden Menschen auf Würde und körperliche Unversehrtheit zu verteidigen.

Antifaschismus ist eine internationalistische Kraft: damals, heute und morgen. Denn Internationalismus ist auch ein Gegenentwurf zu Nationalismus, Chauvinismus und Rassismus – nicht allein der extremen Rechten.

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Neues, altes Europa

geschrieben von Erika Klantz

26. Mai 2004

Wenn es nach der Bundesregierung gegangen wäre,

Wenn es nach der Bundesregierung gegangen wäre, hätten sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) bereits jetzt auf ihre erste Verfassung geeinigt, die, soweit es Deutschland betrifft, in Bundestag und Bun­desrat dann nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit abgenickt werden müsste. Dass dieses Szenario so vorerst nicht eintrat, hatte nichts mit wirklich inhaltlicher Kritik an diesem Verfassungsentwurf, sondern nur mit reinen Macht­fragen zwischen der EU und einigen abtrünnigen Mitgliedsstaaten zu tun.

An Hand einiger Thesen werde ich im Folgenden die Punkte, die mir positiv oder negativ an dieser Verfassung aufgefallen sind, näher erläutern.

A) Die EU bleibt undemokratisch

Der Verfassungsentwurf lässt zwei wesentliche Tendenzen gegenüber den vorigen EU-Verträgen, erkennen. Einerseits versuchen die Verfasser wesentliche Kompetenzen (Wirtschafts-, Finanz-, Außen-, Militär- und Asylpo­litik sowie die Grenzkontrollen) auf EU-Ebene zu zentralisieren. Andererseits gibt es die durchaus lobenswerte Tendenz durch die Verfassung die Zuständigkeiten gegenüber den Mitgliedsstaaten schärfer abzugrenzen als bisher. Auch wenn sich Brüssel über die so genannte Flexibilitätsklausel des Art. 17 von Teil I (im Folgenden: Art. I-17 EU-VerfE) ein Hintertürchen für jederzeitiges Eingreifen offen gelassen hat.

Fast unverändert, aber höchst umstritten, bleibt das Zusammenspiel zwischen den vier wichtigsten Organen der EU. Alle wichtigen Entscheidungen treffen nach wie vor der Rat (der Staats- und Regierungschefs) bzw. der Mi­nisterrat (bestehend aus den jeweiligen Fachministern). Wichtigster Streitpunkt in der EU ist derzeit, ob diese Gremien zukünftig nach wie vor fast alles einstimmig oder mehr nach ausgeklügelten Mehrheitssystemen ent­scheiden. Die ohne jegliche Demokratie agierende Kommission (sozusagen der Vorläufer einer EU-Regierung) arbeitet die Vorschläge für Rat und Ministerrat aus, setzt deren Beschlüsse auch mittels EU-Verordnungen und EU-Richtlinien um und hat die gesamte EU-Verwaltung unter sich.

Das einzige Organ, das demokratisch von den Bevölkerungen der EU-Länder gewählt worden ist, das EU-Parla­ment, darf nach wie vor den EU-Haushalt genehmigen und bei einigen (immerhin einigen mehr als bisher) Ent­scheidungen mitentscheiden. Die gesamte Konstruktion ist so intransparent, das die Kompetenzverteilung nach dem Grundgesetz (GG) regelrecht durchschaubar erscheint und erinnert mehr an die bismarcksche Reichsver­fassung zwischen 1871-1918, als an einen demokratischen Rechtsstaat.

B) Die EU verfasst sich kapitalistisch

Hält das GG der BRD die Wirtschaftsordnung noch offiziell offen, so legt sich die EU mit ihrem Verfassungsent­wurf auf eine fast schon manchesterkapitalistische Wirtschaftsordnung fest (jedenfalls außerhalb der Landwirt­schaft). Natürlich statt dem bösem Wort „Kapitalismus“ immer „Marktwirtschaft“ geschrieben, doch am Ende kommt es auf das gleiche hinaus. In Art. I-3 Absatz 3 EU-VerfE strebt die EU zwar u.a. eine wettbewerbsfähige, soziale Marktwirtschaft an, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, doch bei dieser Absichtser­klärung bleibt es. Im Teil III, der Einzelregelungen in den Bereichen, wo die EU gesetzeskompetent wäre, ist von sozial nicht mehr die Rede. Die Wirtschaftspolitik der EU und der Mitgliedstaaten ist dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet (Art. III-69 EU-VerfE). Vorrangiges Ziel der Währungspolitik ist Preisstabilität (Art. III-77 EU-VerfE). Andere Ziele, wie Vollbeschäftigung, ausgewogenes Wirtschaftswachstum etc. spielen keine Rolle. Zur Beschäftigungspolitik heißt es „Die Union und die Mitgliedsstaaten arbeiten… insbe­sondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer und der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hin, auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren“ (Art. III-97 EU-VerfE), d.h. der Arbeitnehmer hat sich als Humankapital uneingeschränkt den Wünschen der Wirtschaft anzupas­sen. So ist denn die Sozialpolitik der EU und der Mitgliedsstaaten auch der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der EU untergeordnet (Art. III-103 EU-VerfE). Sozialstaatsklausel des GG ade; dem Sozialkahlschlag sind Tür und Tor geöffnet.

C) Die EU verfasst sich militaristisch

Die wohl umfassendsten Änderungen zwischen dem EU-Verfassungsentwurf und den bisherigen EU-Verträgen ergeben sich bei der so genannten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Die GASP soll bei der EU zentralisiert werden. Die Mitgliedsstaaten sollen die GASP dann umsetzen. Eine zentrale EU-Armee ist auf dieser Stufe bisher noch nicht vorgesehen.

Im Prinzip denken sich die Mitglieder der Verfassungskommission den Ablauf folgendermaßen: Nach Art. I-39 EU-VerfE bestimmt der Rat die strategischen Interessen der EU und legt die Ziele der GASP fest. Wie das z. B. aussehen kann, zeigen Strucks Verteidigungspolitische Richtlinien. Ein Teil der GASP bildet die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Nach ihr erfolgen militärische und zivile (z.B. polizeiliche oder me­dizinische) Operationen. Solche Operationen können auch außerhalb der EU zur Friedenssicherung (z.B. Ein­greifen in laufende militärische Konflikte), Konfliktverhütung (Präventivkrieg im Falle eines bevorstehenden Kon­flikts) und Stärkung der internationalen Sicherheit (Eingreifen auch ohne Konflikt, wenn es den Interessen der EU bzw. ihrer Mitgliedsstaaten nützt) gemäß den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen (UN) (Art. I-40 Abs. 1 EU-VerfE) stattfinden. Beschlossen werden diese Operationen vom Ministerrat (Außenminister). Diese Be­schlüsse sind für die Mitgliedsstaaten bindend (Art III-198 Abs. 1,2 EU-VerfE). Praktisch hieße das, dass nach derzeitig gültigem deutschem Verfassungsrecht der Außenminister bei einem geplanten Auslandseinsatz der Bundeswehr das Votum des Bundestages abwarten müsste, bevor er im Ministerrat sein Votum abgibt.

Drei mögliche Entscheidungsalternativen hat ein Außenminister (Zustimmung, Enthaltung und Ablehnung). Lehnt ein Außenminister ab, kann die EU die Operation nicht durchführen (Einstimmigkeitsprinzip). Einzelne Mitglieds­staaten können die Operation natürlich im Rahmen von UN- oder NATO-Aktionen, bzw. aus eigener Machtvoll­kommenheit durchführen. Gibt es keine Gegenstimme, und ein Außenminister enthält sich, muss sich sein Staat militärisch und finanziell nicht an den Operationen beteiligen. Im „Geiste der Solidarität“ verhindert er aber nicht Maßnahmen, welche die anderen Staaten für erforderlich halten (z.B. Überflugrechte etc.). Enthalten sich min­destens ein Drittel der Minister und vertreten sie mindestens ein Drittel der Unionsbevölkerung so wird die Opera­tion als abgelehnt betrachtet (Art. III-201 EU-VerfE). Stimmt ein Staat zu, und kommt der Beschluss zustande, dann hat er keinerlei Einfluss mehr auf die zur Verfügung gestellten Truppen. Umsetzen sollen diese Operationen die Armeen der Mitgliedsstaaten (Art. I-40 Abs. 1 EU-VerfE).

Der Art. I-40 Abs. 3 Satz 3 EU-VerfE hat unter Friedensfreunden am meisten Aufsehen erregt, denn dort heißt es schön versteckt lapidar „Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“. Dies ist eine ständige Aufrüstungsverpflichtung. Um dies zu überwachen, wird ein Europäisches Rüstungsamt eingerichtet. Zu seinen Aufgaben wird es u.a., gehören den operativen Bedarf zu ermitteln, Maß­nahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern, zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und tech­nologischen Grundlage des Verteidigungssektors beizutragen und diese Maßnahmen ggf. durchzuführen. So erhält der militärisch-industrielle Komplex Europas eine eigene Behörde, die zumindest erheblichen Druck auf einzelne Mitgliedsstaaten ausüben kann, dieses oder jenes Waffensystem von diesem oder jenem Rüstungskon­zern zu kaufen bzw. entwickeln zu lassen.

An Atomwaffen Frankreichs und Großbritanniens kommt wahrscheinlich weder die EU noch ein anderer Mit­gliedsstaat heran. Staatsgeheimnisse dürfen die EU-Staaten nämlich für sich behalten (Art. III-342 EU-VerfE). Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die beiden offiziellen europäischen Atommächte von dieser Klausel Gebrauch machen. Das gilt aber auch für die möglichen biologischen und chemischen Waffen der Bundesrepublik.

D) Die EU verfasst ihren Grundrechtskatalog minimalistisch

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte legt die EU Grundrechte für ihre UnionsbürgerInnen (dies sind Staatsangehö­rige der Mitgliedsstaaten) und andere Menschen in der EU fest. Das Grundrechtsniveau entspricht in etwa dem des GG und unterschreitet ausdrücklich nie das Niveau der (von allen neuen und alten Mitgliedsstaaten unter­zeichneten) Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (Art II-52 Abs. 3).

Im Vergleich mit den Grundrechten des GG fällt auf, dass der EU-VerfE bestimmte Rechte (z.B. Versammlungs-, Koalitions- und Berufsfreiheit) als Menschen- und nicht als Bürgerrechte bestimmt. Der EU-VerfE erklärt auch dem GG fremde Rechte, wie z.B. die unternehmerische Freiheit (Art II-16), Rechte für Kinder (II-24) und ältere Menschen (Art. II-25), auf soziale Unterstützung und Sicherheit (Art. II-34), das Recht auf eine gute Verwaltung (Art. II-41 EU-VerfE) und ähnliche. Doch bleiben diese Rechte entweder sehr allgemein oder verweisen, wo sie konkreter werden, auf die Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten.

In einigem bleibt die EU-Verfassung hinter deutschem Verfassungsrecht zurück. So erlaubt Art. II-28 EU-VerfE nicht Arbeitnehmern und Gewerkschaften, sondern auch Arbeitgebern und ihren Verbänden „bei Interessenkon­flikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen… zu ergreifen.“ Dies konstituiert auch ein Recht auf Aussperrung, das zumindest die Arbeitgeber aus dem GG nie ableiten konnten.

Schlimmer wirkt sich die EU-VerfE allerdings beim Abschiebeschutz aus. Nach Art. II-19 Abs. 2 EU-VerfE darf niemand abgeschoben, ausgewiesen oder an einen Drittstaat ausgeliefert werden, wenn dort für ihn das „ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter… droht.“ Wann ein Risiko ernsthaft ist, bleibt offen. Da die EU eine gemeinsame (sprich einheitliche) Asyl- und Einwanderungspolitik anstrebt, scheinen zukünftig Abschiebungen in (der EU freundschaftlich verbundene) Folterstaaten – z.B. die Türkei – durchaus möglich.

Einen Lapsus scheinen sich die Autoren des EU-VerfE beim Anwendungsbereich des Grundrechtskatalogs ge­leistet zu haben, denn danach gelten die Grundrechte nur für Organe bzw. Behörden der EU und für die Mit­gliedsstaaten bei der Durchführung des Rechtes der EU. Danach ist z.B. die Versammlungsfreiheit der EU völlig sinnentleert. Jede Versammlung (Kundgebung, Demo etc.), selbst wenn sie reine EU-Themen beträfe, fände auf dem Staatsgebiet eines Mitgliedsstaates (ein EU-Staatsgebiet, das nicht gleichzeitig zu einem Mitgliedsland ge­hörte, gibt es nicht) nach dessen gesetzlichen Regeln statt. Die Behörden, die sich mit der Versammlung be­schäftigen (in der BRD Polizei und Ordnungsämter), führen auch kein EU-Recht aus, denn die EU hat beim Ver­sammlungsrecht keinerlei Gesetzgebungskompetenz. Der wirkliche Grund für diesen Anwendungsbereich der EU-Grundrechte ist, dass einzelne Mitgliedsstaaten nicht über das EU-Recht (das ansonsten nationales Recht verdrängen würde) zur nationalen Einführung von ihnen unbekannten Grund- und Menschenrechten gezwungen werden wollen. So sind z.B. Datenschutzrechte meines Wissens in Großbritannien fast unbekannt.

E) Die EU entwickelt stufenweise eigene Strafkompetenzen

In dem EU-Verfassungsentwurf (EU-VerfE) wird auch die Tendenz der EU, sich schrittweise eigene Kompetenzen in der Strafverfolgung und Strafgerichtsbarkeit zu verschaffen, verstärkt. Dies wird unter der sympathischen Überschrift „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ abgehandelt. Doch wie häufig bei schönen Über­schriften handelt es sich lediglich darum, mit repressiven Methoden Kriminalität und was man dafür hält zu be­kämpfen. So erlaubt z.B. Art. III-172 Abs. 1 EU-VerfE über europäische Rahmengesetze Mindestanforderungen an Straftaten und Strafen festzulegen. Dies mag in Einzelfällen (aber nicht in der Regel) sinnvoll sein. Aber wenn die Kriminalitätsbereiche, in denen dies erlaubt sein soll, von Terrorismus, über Menschen und illegalen Drogen-, illegalen Waffenhandel bis zur einfachen Computerkriminalität und zur Leerformel der „organisierten Kriminalität“ reicht, dann plant man nicht sinnvolle Harmonisierungen in bestimmten Bereichen der Schwerkriminalität. Es wird eher beabsichtigt, eine fast allumfassende Kompetenz für die noch in den Kinderschuhen steckenden EU-Straf­verfolgungsbehörden zu schaffen.

Für die Einwohner dieses „Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ und auch für ihre Anwälte wird dann noch weniger durchschaubar, welche Polizeitruppe in welchen Fällen ermitteln, welche Staatsanwaltschaf­ten welches Delikt anklagen und welches Gericht verurteilen darf. Es hängt dann noch mehr vom Geldbeutel oder Beziehungen – und weniger von Schuld oder Unschuld – ab, ob strafrechtliche Ermittlungen mit einem Freispruch oder einer Verurteilung enden.

Diese EU-Behörden sind im Grundsatz im EU-VerfE bereits festgelegt. Eurojust soll nach Art. III-174 vorerst die Koordinierung und Zusammenarbeit von unterschiedlichen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedsstaaten bei grenzüberschreitenden Straftaten erleichtern.

Nach Art. III-175 EU-VerfE kann ausgehend von Eurojust eine europäische Staatsanwaltschaft geschaffen wer­den, die in noch eng begrenzten Fällen bereits eigene Ermittlungs- und Anklagekompetenzen besitzt.

Vorläufig ohne polizeiliche Eingriffskompetenzen bleibt Europol. Nach Art. III-177 Abs. 2 EU-VerfE ist die Haupt­aufgabe dieser Behörde die Informationsverarbeitung, der Informationsaustausch (auch mit Drittstaaten) und die Koordinierung, Organisation und Durchführung von EU-weiten Ermittlungen.

Doch lange wird es angesichts der Terrorhysterie in Europa nicht mehr dauern, bis die Kompetenzen der euro­päischen Staatsanwaltschaft soweit erweitert und diejenigen Europols geschaffen sind, dass sie von ihren Pen­dants in den USA (FBI, Bundesanwaltschaften und Bundesgerichte) kaum noch zu unterscheiden sein werden. Auch EU-Strafgerichte lassen dann nicht mehr lange auf sich warten.

Einziger Lichtblick des „Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ ist, dass nach Art. III-158 Abs. 3 die EU u.a. „durch Maßnahmen der Prävention und Bekämpfung von Kriminalität sowie von Rassismus und Frem­denfeindlichkeit… ein hohes Sicherheitsniveau“ gewährleisten will. Selbst wenn hieraus keine Gleichsetzung zwischen Kriminalität und Rassismus bzw. Fremdenfeindlichkeit durch die EU abgeleitet werden kann, so wird doch alles drei zusammen verurteilt. Bezeichnenderweise wurde der Neofaschismus nicht verdammt. Hier gäbe es meines Erachtens für die antifaschistische Bewegung in Europa einen Ansatzpunkt für die Ergänzung des EU-Verfassungsentwurfes.

F) Bewertung

Den EU-Verfassungsentwurf muss man im Großen und Ganzen eher negativ bewerten. Zwar ist vielfach der Versuch erkennbar, die Kompetenzen der EU von denen ihrer Mitgliedsstaaten stärker abzugrenzen, doch lässt der Entwurf der EU fast immer ein Hintertürchen, um sich weitere Kompetenzen anzueignen. Die undemokrati­schen und undurchschaubaren Verhältnisse der EU und die Größe des EU-Raumes machen es für den einzelnen Bürger bzw. Bürgerbewegungen (ganz gleich welcher Art) schwer, Einfluss auf die Entscheidungen der EU zu nehmen. Für Wirtschafts- und Lobbyverbände, die in Brüssel usw. schon jetzt ausgezeichnet vertreten sind, gilt dies natürlich nicht in gleicher Weise.

Außenpolitisch erlaubt dieser Verfassungsentwurf der EU und ihren Mitgliedsstaaten die Durchsetzung ihrer Inte­ressen (analog zu den Mitteln der USA) durch wirtschaftlichen Druck, durch die Androhung oder den Einsatz militärischer Mittel. Hierzu werden die militärischen und rüstungswirtschaftlichen Kompetenzen der EU ausge­baut. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten bleiben zwar in militärischen Angelegenheiten die Entscheidungsträ­ger. Aber die Einflussmöglichkeiten der einzelnen Parlamente der Mitgliedsstaaten werden erheblich verringert. Das EU-Parlament bleibt sowieso außen vor.

Innenpolitisch wird der Primat der Wirtschaft über die anderen Politikbereiche (in der EU schon immer ausge­prägter als in der BRD) noch stärker betont. Zur besseren Bekämpfung von Kriminalität und allem was dafür gehalten wird, schafft die EU sich immer mehr eigene Kompetenzen. Auch in dieser Hinsicht ist die Kompetenz­verteilung zwischen der EU und ihren Mitgliedsstaaten nicht wirklich durchschaubar.

Es zeigt sich sowohl im militärischen als auch in anderen Bereichen, dass der vorliegende EU-Verfassungsent­wurf keine endgültige Regelung der Kompetenzabgrenzung zwischen der EU und ihren Mitgliedsstaaten darstellt. Es werden dieser wohl noch einige EU-Verfassungen folgen. Doch bedarf es unserer Aktivitäten, damit sich die aggressiv kapitalistische und aggressiv militaristische Tendenz dieses Verfassungsentwurfes in den zukünftigen Verfassungen nicht mehr finden wird.

Protestschreiben

geschrieben von Raimund Gaebelein (VVN-BdA Bremen)

15. Dezember 2003

Protestschreiben zur Durchsuchung der Räume der nordrhein-westfälischen Landesvereinigung und der Wohnung von Herrn Ulrich Sander

Sehr geehrte Damen und Herren, nachdrücklich protestieren wir gegen die Durchsuchung der Räume unserer nordrhein-westfälischen Landesvereinigung und der Wohnung von Herrn Ulrich Sander, sowie die Beschlagnahme von PCFestplatten und Adress-Dateien. Am 3.12.2003 wurden sowohl die Privatwohnung von VVN-Landessprecher Ulrich Sander als auch das Landesbüro der VVN-BdA in Wuppertal von der Polizei durchsucht. Der Vorwurf: Landessprecher Ulrich Sander habe im Namen des Oberstaatsanwaltes Maaß Briefe verschickt, in denen Ermittlungsverfahren angekündigt waren gegen die ehemaligen Wehrmachtssoldaten, die mutmaßlich die Verbrechen in Kephallonia begangen haben. Damit habe er Amtsanmaßung begangen, so der ermittelnde Oberstaatsanwalt Bernhard Düllmann. Diese Briefe können alle möglichen Leute verschickt haben. Wenn die Briefe Ähnlichkeit mit dem Schriftwechsel zwischen ihm und dem Oberstaatsanwalt Maaß hätten, beweist das gar nichts, der Briefwechsel ist schließlich im Internet veröffentlicht worden. Ulrich Sander hat in der Vergangenheit stets öffentlich als Journalist und Landessprecher der VVN-BdA seine notwendigen Aktionen durchgeführt, so auch die Übergabe der über 200 Namen und Adressen von möglichen Tätern an Massakern in Griechenland und Italien. Die nun erfolgte Durchsuchung und Beschlagnahmung des PC’s und persönlicher Briefe von Ulrich Sander, der sich u.a. mit der Recherche zu NS-Verbrechen in Griechenland befasst, werten wir als einen Angriff auf diejenigen, die sich mit der Aufklärung von NS-Verbrechen beschäftigen. Und ange- VVN-BdA Bremen e.V. – Bürgermeister-Deichmann-Straße 26 – 28217 Bremen Staatsanwaltschaft Dortmund Gerichtsplatz 1 44135 Dortmund Justizministerium NRW Martin Luther Platz 40 40212 Düsseldorf sichts der ungesühnt gebliebenen Verbrechen sehen wir sie auch als Ausdruck von Zynismus und Hohn gegenüber den Opfern des NS-Regimes! Wegen der Erschießung von über 5.000 italienischen Kriegsgefangenen im September 1943 auf der griechischen Insel Kephallonia ist es in der Bundesrepublik nie zu einer Strafverfolgung und Verurteilung der Täter gekommen, Ermittlungsverfahren wurden eingestellt. Die VVN hatte in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Angreifbare Traditionspflege in diesem Jahr den Staatsanwaltschaften in München, Dortmund und Ludwigsburg wiederholt eine Liste mit über 200 Namen und Adressen von möglichen Tätern an Massakern in Griechenland und Italien übergeben und die Staatsanwaltschaften zu Ermittlungen aufgefordert. Die Zentralstelle in Dortmund steht sowohl unter Leitung von Klaus Schacht als auch von Ulrich Maaß leider nicht im Verdacht schnell gegen NS-Kriegsverbrecher zu ermitteln. Im öffentlich stark beachteten Fall Kephallonia läuft die Ermittlung der Adressen der Tatverdächtigen so langsam, bis der letzte Gebirgsjäger gestorben ist. Anstatt die Mitgliederkartei des „Kameradenkreises der Gebirgstruppe“ in München zu beschlagnahmen, die Geburtstagsgrüße der alten Gebirgsjäger in ihrer Vereinszeitung „Die Gebirgstruppe“ zur Kenntnis zu nehmen oder sich die einschlägigen Telefonbücher in Österreich und Deutschland zu besorgen, werden jahrelang in Amtshilfe von Einwohnermeldeämtern und Auslandsvertretungen die Adressen der mutmaßlichen Täter gesucht. Auch für das jüngst eröffnete Verfahren gegen den niederländischen SS-Mann Herbertus Bikker vor dem Landgericht Hagen hat die Behörde von Ulrich Maaß acht Jahre gebraucht, obwohl ein Geständnis des Mörders im Magazin „Stern“ nachzulesen war. Wir fordern die Herausgabe der kopierten Dateien und die sofortige Einstellung des Verfahrens gegen Ulrich Sander! Wir fordern, Ermittlungen und Strafverfahren nicht als Mittel der Einschüchterung gegen AntifaschistInnen zu verwenden, sondern diejenigen strafrechtlich zu belangen, welche die Ermordung von Zivilbevölkerung und Kriegsgefangenen im Zuge deutscher Besatzungsherrschaft und Großmachtstreben organisiert und durchgeführt haben! Wir fordern die Verfolgung und Verurteilung der NS-Kriegsverbrecher und die Entschädigung aller NSOpfer!

Abschied von Willy Hundertmark

geschrieben von Der Landesvorstand

28. Dezember 2002

Wir arbeiten in seinem Sinne weiter

Wer ihn kannte, ihn argumentieren hörte, mit ihm zusammenarbeitete mag es kaum glauben: Willy Hundertmark, Ehrenvorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Bremen ist von uns gegangen. Mit nahezu ungebrochener Vitalität nahm er bis zum Schluss Anteil am gesellschaftlichen Leben unserer Stadt, arbeitete aktiv in demokratischen Organisationen und Institutionen und war bemüht, besonders jungen Menschen Erfahrungen und Lehren seines langen und kämpferischen Lebens zu vermitteln.

Anlässlich seines 85. Geburtstages sagte einer seiner Gratulanten: „Willy Hundertmark ist zu einer festen politischen Institution Bremens geworden, die zu unserer Stadt gehört wie die Bürgerschaft und der Senat. Wie kaum ein anderer Kommunist ist er bekannt und geachtet, davon zeugen auch der ihm verliehene Friedenspreis der Villa Ichon und die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im Oktober 1989 auf Vorschlag des Senates.“

Was machte ihn zu einer so hochgeachteten Persönlichkeit? Es war seine unermüdliche Aktivität und Solidarität mit den sozial Schwachen, den Unterdrückten und Ausgebeuteten; sein unversöhnlicher Kampf gegen Faschismus und Krieg, für eine friedliche demokratische Welt, in der nicht der Profit, sondern das Wohl des Menschen das Maß der Dinge ist. Es war seine Bereitschaft mit allen zusammenzuarbeiten, die sich für solche Ziele einsetzen, ungeachtet bestehender weltanschaulicher, politischer oder anderer unterschiedlicher Auffassungen. Und es sind solche persönlichen Eigenschaften wie sein Wissensdurst, sein phänomenales Gedächtnis und seine Konsequenz, das für richtig Erachtete auch offen und mutig zu vertreten.

Den Faschisten war der junge Kommunist ein Dorn im Auge. Sie verhafteten ihn am 03. März 1933 und brachten ihn später ins KZ Sonnenburg. Er war nur kurz in Freiheit und wurde 1934 ins Lager Brauweiler verbracht.

1947 gehörte er zu den Mitbegründern der VVN. In der Bremer Landesvereinigung war er seit 1975 Sekretär, von 1983-91 Vorsitzender und seit dem Ehrenvorsitzender. Seine Kollegen und seine Genossen in der DKP wählten den unbeugsamen, nie angepaßten Sprecher ihrer Interessen viele Male in Funktionen. So war er von 1961 bis 1972 Betriebsrat bei der Gewoba und Funktionär seiner Gewerkschaft HBV. Anfang Dezember 2002 wurde er für seine achtzigjährige Gewerkschaftsmitgliedschaft geehrt.

Der ehemalige Präsident der Bremischen Bürgerschaft, Dr. Dieter Klink, sagte von ihm: „Für Willy Hundertmark ist die persönliche Glaubwürdigkeit zum Maß aller Dinge geworden. Das macht ihn zu einem ernst zu nehmenden Gesprächspartner, vor allem auch zu einem wichtigen Zeitzeugen für junge Menschen, für die das von ihm Durchlebte längst zu einem Teil der Geschichte geworden ist.“

Als glaubwürdiger Zeitzeuge und antifaschistischer Widerstandskämpfer war er nahezu unersetzlich in der heutigen Zeit, in der zum Beispiel im Zusammenhang mit der Diskussion um die Ausstellung „VERNICHTUNGSKRIEG – VERBRECHEN DER WEHRMACHT 1941-1944″ von den Neonazis bis hinein in die Spitzen der Bremer CDU nicht nur Verdrängung, sondern sogar Glorifizierung der braunen Vergangenheit betrieben wurde.

Mit dem Namen Willy Hundertmark untrennbar verbunden sind: Seine Ehefrau und treue Mitstreiterin in der politischen Arbeit Tilla; seine Initiative und Mitarbeit an der Broschüre „ANTIFASCHISTISCHER WIDERSTAND 1933 – 1945 IN BREMEN“ und an anderen antifaschistischen Schriften; sein Wirken für Ausstellungen und in Kommissionen zur Erforschung der Geschichte der Arbeiterbewegung Bremens; die antifaschistischen Stadtrundgänge und sein Auftreten vor Schulklassen; die Gedenkmärsche nach Sandbostel und Neuengamme; die Gedenkveranstaltungen auf dem Osterholzer Friedhof und zum 04. Februar auf dem Waller Friedhof; die Mitbegründung und aktive Mitarbeit in der Lidice-Initiative; der langjährige Vorsitz des Ausschusses für Vergessene Opfer und vieles mehr.

Wir arbeiten in seinem Sinne weiter.

Der Landesvorstand

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