Ansprache

geschrieben von René Thirion, ehemaliger Häftling des Lagers - Nr. B - 45508

4. Mai 2010

es bewegt mich sehr, heute vor Ihnen im Namen aller Toten und ehemaligen Häftlinge dieses Lagers Schützenhof zu sprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freundinnen und Freunde, Widerstandskämpfer und Häftlinge der Konzentrationslager,

es bewegt mich sehr, heute vor Ihnen im Namen aller Toten und ehemaligen Häftlinge dieses Lagers Schützenhof zu sprechen. Schützenhof war ein Unterlager von Blumenthal, das selbst Außenlager von Neuengamme war, dem einzigen großen Konzentrationslager Norddeutschlands, 23 km südöstlich von Hamburg. Dieses Stammlager umfasste ein Gebiet von 340 km von der dänischen Grenze im Norden bis Hildesheim im Süden und 300 km von der holländischen Grenze im Westen bis Schwerin im Osten. Es umfasste mehr als 80 Außenlager, auf die die Häftlinge verteilt waren. ES wurde im Dezember 1938 für Häftlinge aus Sachsenhausen errichtet und im Juni 1940 eigenständiges Lager. 106.000 Häftlinge, darunter 13.500 Juden, waren dort gefangen. Wenigstens 55.000 sind dort ums Leben gekommen. Das Unterkommando Schützenhof entstand Ende 1944/Anfang 1945 und wurde im April 1945 geräumt. Unter den 600 Häftlingen dieses Lagers gab es 71 Belgier. 13 von ihnen haben überlebt. Ich bin der letzte noch Lebende. Wegen einer bewaffneten Widerstandstat gegen die Besatzungsmacht unseres Landes wurde ich am 16. Juni 1944 in der Gegend von Huy festgenommen und in Lüttich inhaftiert. Am 31.08.44 wurde ich nach Neuengamme in Deutschland verschleppt, wo ich am 02.09.44 ankam. Am 6.9.44 erreichte ich Blumenthal. Am 15.01.45 wurde ich in den Schützenhof verlegt. Dieses Lager bestand aus 4 Baracken und dem Krankenrevier sowie mehreren Gebäuden, in denen sich die Küche, die Wäscherei und die Toiletten befanden. Alle diese Gebäude umgaben den Appellplatz. Ich wurde als Schweißer zur A.G.Weser geschickt. Unser Tagesablauf war sehr genau geregelt: – 5.30 Uhr: Aufstehen – Toilette – Bettenbau, Baracke fegen. Wir erhielten nur eine Schale mit schwarzer Brühe, die Kaffee genannt wurde! – 7.00 Uhr: Appell auf dem Lagerplatz – 7.45 Uhr: Abmarsch zu Fuß in 5er-Reihen in Begleitung der Kapos und Vorarbeiter unter Bewachung durch Marinesoldaten und SS. – 8.00 Uhr: Betretten des Werks. Die Arbeit wurde von zivilen deutschen Vorarbeitern eingeteilt. – 12.00 Uhr: Wir erhielten 1 Liter Suppe, die nur aus Wasser mit ein paar Kohlrabi und Steckrüben bestand. – 18.30 Uhr: Rückmarsch ins Lager – 19.00 Uhr: Zählappell auf dem Lagerplatz, der sehr lange dauern konnte. Wenn die Zählung stimmte, wurde das Essen ausgeteilt. Es gab ein Stück Brot, etwas Margarine und manchmal eine Scheibe Wurst. So verliefen sechs Tage in der Woche. Der Sonntag wurde als „Ruhetag“ bezeichnet, aber unsere Wachen fanden immer etwas für uns im Lager zu tun. Wir wurden nie in Ruhe gelassen. Wenn mittags die Suppe verteilt wurde, kämpften die Häftlinge um die vordersten Plätze in der Schlange vor den Kübeln. Die Kapos schlugen mit der Faust zu, manchmal ins Gesicht, oder verteilten Fußtritte, um Ordnung zu schaffen. Wir waren der Willkür der Kapos und vor allem der SS ausgeliefert. Der Lagerschreiber war Belgier, tat aber nichts, um seinen Landsleuten zu helfen. Ganz im Gegenteil, er hatte eine Gruppe Jugendlicher um sich, die im Lager als „Wachhunde“ auftraten. Einmal bin ich nicht mit meinem Kommando ins Werk arbeiten gegangen. Ich habe mich im Lager versteckt, wurde aber von einem dieser „Wachhunde“ aufgespürt. Ich habe die übliche Strafe erhalten: 25 Knüppelhiebe auf das Hinterteil. Als ich ohnmächtig wurde, hat man mir einen Eimer kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet, um mich wieder zu Bewusstsein zu bringen… In diesem Kommando gab es keinen Verbrennungsofen. Die Toten wurden entkleidet und vor dem Waschhaus nackt aufeinandergelegt. Eine Tür verdeckte sie, aber man konnte ihre armen, abgemagerten Körper noch sehen. Ich weiß nicht, was anschließend mit ihnen geschah. Beim Suchdienst zu den Kriegsverbrechen in Bremen gibt es die Zeugenaussage eines Bewohners der umliegenden Häuser vom 9.11.45 über sämtliche Misshandlungen, denen wir ausgesetzt waren. Als sich die alliierten Truppen näherten, wurden am 6. April 1945 die im Revier befindlichen Kranken mit dem Lastwagen zum Bahnhof gebracht und in einen Zug verladen. Am 7. April wurden die anderen, noch für gesund gehaltenen Häftlinge in 5er-Reihen zu Fuß evakuiert. Wir kamen zurück ins Lager Blumenthal. Am folgenden Tag wurde das ganze Lager geräumt: die Kranken mit der Bahn, die anderen zu Fuß in Gruppen zu 100 Häftlingen in Richtung Neuengamme. Sie gingen durch Schwanewede und machten nachts in Hagen, Kirchwistedt und Barchel halt. In Bremervörde wurden wir in einen Zug verladen und fuhren bis Winsen/Luhe. . Schließlich ging es zu Fuß weiter bis Neuengamme, wo wir am 15. April ankamen. Am 18. April wurden wir in Richtung Lübeck evakuiert und auf die Schiffe Cap Arcona und Athen verladen. Wir haben die Bombardierung der Schiffe am 3. Mai 1945 überlebt und am selben Tage durch die Briten befreit. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

Ansprache zur Gedenkveranstaltung

geschrieben von Dr. Karin Mathes Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft

4. Mai 2010

„Es gibt 300 Tote jeden Tag. Überall Stapel von Leichen, manchmal sorgfältig aufgereiht. Von Zeit zu Zeit bewegt sich eine Hand, öffnet sich ein blickloses Auge.“

Sehr geehrter Herr Thirion, verehrte Anwesende,

ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Es gibt 300 Tote jeden Tag. Überall Stapel von Leichen, manchmal sorgfältig aufgereiht. Von Zeit zu Zeit bewegt sich eine Hand, öffnet sich ein blickloses Auge.“ Dieses Zitat, meine Damen und Herren, stammt von Dr. Pierre Fertil. Der 86-jährige Franzose beschreibt damit das erduldete und gesehene Leid im Lager Sandbostel bei Bremervörde, das zum KZ Neuengamme gehörte. In dieses Lager wurde auch unser heutiger Gast, Herr René Thirion, getrieben. Und zwar am 7. April 1945, nachdem er zuvor fast drei Monate im Lager Schützenhof zur Zwangsarbeit verpflichtet worden war. Verfolgung, Demütigung und Entmenschlichung bestimmten seinen Alltag und den Tausender anderer bis vor 65 Jahren, als das KZ Hamburg-Neuengamme und seine Außenlager unter anderem in Bremen endlich befreit wurden. Seien Sie herzlich willkommen, verehrter Herr Thirion. Dass Sie als Opfer an den Ort Ihrer Peiniger zurückkehren und zu uns sprechen werden, empfinden wir als große Geste. Dafür sind wir Ihnen zutiefst dankbar. Die Zeit wird kommen, da die Stimmen der letzten Zeitzeugen verstummen müssen. Umso wichtiger ist es, Gedenk- und Aufklärungsstätten zu den deutschen Menschheitsverbrechen wie die in Neuengamme oder Bergen-Belsen im Bewusstsein auch der nachfolgenden Generationen zu verankern – als Mahnung und als Hoffnung: Wir dürfen nicht nachlassen, uns unserer Geschichte zu stellen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Nur daraus lernen wir, es besser als unsere Väter und Großväter, es besser als unsere Mütter und Großmütter e zu machen. Eine Herausforderung besteht darin, solche Mitbürgerinnen und Mitbürger in die Gedenkkultur einzubeziehen, denen die deutsche Geschichte eher fremd ist oder denen der Bezug zur Zeit des Nationalsozialismus fehlt.

Meine Damen und Herren, das Konzentrationslager Hamburg-Neuengamme funktionierte wie eine Krake im Terrorsystem der Nazis. Mehr als 80 Außenlager in vielen Teilen Norddeutschlands wurden der Bestie angegliedert. Was sie verband, war die Zwangs- Folter- und Mordmaschinerie. Mehr als 100.000 Menschen aus über 20 Ländern wurden zwischen 1938 und 1945 von diesem Monstrum gefangen gehalten. Fast die Hälfte davon überlebte den Horror nicht. Nur, es war kein Tier, das Schrecken, Schmerz und Tod verbreitete. Es handelte sich vielmehr um Männer und Frauen, von denen die meisten nach vollbrachter Tat seelenruhig zum gemütlichen Feierabend in die Familie heimkehrten. Das erste Bremer Außenlager von Neuengamme entstand 1943 in Farge, wo Häftlinge zum Bau des U-Boot-Bunkers „Valentin“ eingesetzt wurden. Insgesamt zählte man zehn Orte der Zwangsarbeit in Bremen und der näherer Umgebung. Das schwere Schuften setzte die Insassen ebenso zu wie die völlig unzureichende Ernährung. Der Schützenhof hier galt vor dem Krieg als Treffpunkt der Schützengilde, während des Krieges war er zunächst Sammelstelle von Bremer Sinti und Roma vor ihrer Deportation und von 1942/43 an Arbeitslager, in dem Aufträge vor allem des Krupp-Konzerns erledigt werden mussten. Das Lager in Gröpelingen wies eine überdurchschnittlich hohe Sterberate unter den Häftlingen aus. Hunger wurde zum Dauerzustand – wie auch die regelmäßigen Misshandlungen durch die SS. Im Frühjahr 1945, die alliierten Truppen nicht mehr fern von den deutschen Konzentrationslagern, ließen SS-Schergen die Lager räumen. Die Zeugen der Gräuel wollte man so oder so „eliminieren“. Es begannen die berüchtigten „Todesmärsche“. Tausende Häftlinge wurden in andere Lager getrieben – zu Fuß oder per Zug. René Thirion gelangte auf Umwege an die Lübecker Bucht und schließlich auf hohe See. Gott sei Dank hat er überlebt.

Meine Damen und Herren, wir sind heute dankbar, dass vor 65 Jahren die Todeslager in Bremen und anderswo von den Alliierten befreit wurden. Gleichzeitig erinnern wir uns an die Geschichte vor der Befreiung, die uns beschämt, die uns unverändert fassungslos macht. Insbesondere aber nimmt sie uns in Verantwortung und verpflichtet uns auf Menschlichkeit und Respekt, Redlichkeit und Toleranz. Und zwar Toleranz im Alltag, nicht in Sonntagsreden. Toleranz gegenüber Fremden und gegenüber Anderssein. Den Menschen, deren Leben die Nationalsozialisten häufig auf bestialische Weise auslöschten insbesondere unter unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, und den Menschen, die dem Terror in letzter Minute entkamen, sind wir es schuldig, braune Ideologien in Deutschland nie wieder aufkommen zu lassen. Doch die Realität sieht anders aus: Hakenkreuz-Schmierereien auf jüdischen Grabsteinen passieren immer wieder. Am Ostermontag wurde das Mahnmal in Neuengamme mit Nazi-Sprüchen und SS-Runen beschmiert. Das schockiert uns. Darüber hinaus fordert es uns heraus, der Aggression von Neonazis den Nährboden zu entziehen. Rechtsextremismus und Antisemitismus bilden eine Gefahr für Mensch und Demokratie. Sie greifen die Basis der Zivilgesellschaft an, in der Menschenrecht und Menschenwürde höchsten Schutz genießen. Bleiben wir also wachsam und wehrhaft.

Vielen Dank!

Grußwort

geschrieben von Jens Böhrnsen

4. Mai 2010

Wir denken heute daran, dass vor 65 Jahren Deutschland durch die Alliierten von Faschismus und Krieg befreit wurde

Sehr geehrte Damen und Herren, Wir denken heute daran, dass vor 65 Jahren Deutschland durch die Alliierten von Faschismus und Krieg befreit wurde. Noch immer ist es menschlich unfassbar, was damals, während der Herrschaft der Nationalsozialisten, geschah, was Menschen durch Menschen angetan wurde. Der Völkermord an den Juden und den Sinti und Roma, der Mord an Polen und Russen, an Homosexuellen, an Kriegsgefangenen, an Behinderten, an Antifaschisten, an Humanisten und Christen, die sich den Akteuren des Terrors in den Weg stellten – all das ist und bleibt unfassbar und in der Geschichte der Menschheit einzigartig.

Mit der Befreiung im Jahre 1945, mit dem Ende des barbarischen Krieges und der nationalsozialistischen Herrschaft war der Schrecken für viele Menschen nicht vorbei. Die körperlichen und seelischen Wunden, die der nationalsozialistische Terror bei den Überlebenden gerissen hat, können wohl nie ganz verheilen. Überlebende sprechen immer wieder davon, wie schwer die Last der Erinnerung zu tragen ist – viele fühlen sich ein Leben lang wie aus der Welt gefallen.

Gedenkfeiern wie diese am heutigen Tag können die Wunden wieder aufreißen. Umso dankbarer bin ich, dass heute auch ehemalige belgische KZ-Häftlinge und ihre Angehörigen zu dieser Gedenkfeier am ehemaligen Neuengamme-Außenlager angereist sind. Es fällt Ihnen gewiss nicht leicht, hier zu sein. Aber Sie zeigen mit Ihrer Anwesenheit, dass es Ihnen wichtig, ein inneres Anliegen ist, die Erinnerung wach zu halten. Uns allen ist wichtig und muss auch in Zukunft wichtig bleiben, dass wir uns der Erinnerung stellen, sie nicht beiseite schieben, weil sie eine schwere Last ist, weil sie quält, uns fassungslos und sprachlos macht, weil sie uns unerbittlich vor Augen führt, wozu Menschen fähig sind.

Wer sich erinnert, lässt nicht nur das Schmerzhafte und Unfassbare zu, er stellt sich auch der Verantwortung. Das Erinnern schärft unser moralisches Empfinden und unsere demokratische Wachsamkeit. Das sind wir den Opfern schuldig, das sind wir der Zukunft schuldig.

Es fällt schwer, sich diesem schrecklichen Kapitel unserer Geschichte zu stellen. Aber es gibt dazu keine Alternative. Wer sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus befasst, wird damit konfrontiert, wohin Vorurteile und Verblendung, wohin Rassenwahn und Hass führen können. Und er lernt auch, die Anfänge zu erkennen, jene Anfänge, denen es zu wehren gilt.

Erinnern bedeutet auch, zu handeln, wo Menschen ihrer Menschenrechte beraubt werden, wo Minderheiten benachteiligt und unterdrückt werden, wo andere Menschen ausgegrenzt und entwürdigt werden.

Eröffungsansprache

geschrieben von Raimund Gaebelein

4. Mai 2010

„Für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit“ stritten vor 65 Jahren 3.500 Bremerinnen und Bremer in der „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“.

Verehrte Anwesende. liebe Frau Dr. Mathes, cher René Thirion, beste burgemester Desaever-Cleuren, chers amis de l’Amicale Belge de Neuengamme, beste vrienden van het Stichting Meensel-Kiezegem 44, liebe Schülerinnen und Schüler unserer Gesamtschulen West und Mitte,

„Für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit“ stritten vor 65 Jahren 3.500 Bremerinnen und Bremer in der „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“. Neun Tage zuvor war Bremen von der Herrschaft des Faschismus befreit worden. 965 Bremerinnen und Bremer waren aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen umgebracht worden. Die Brücken waren zerstört, Produktion und Versorgung der Bevölkerung lagen danieder. In der ersten Ausgabe ihres Publikationsorgans „der Aufbau“ schrieben sie über die Zeit des Faschismus und die unmittelbar vor ihnen liegenden Aufgaben:

„In Nacht und Grauen war Deutschland verstrickt, wie ein lastender Alp lag die Hitlerherrschaft auf allen, die noch menschlich fühlten, die noch freiheitlich empfinden, die noch selbständig denken konnten… Ungeheuer ist die Zahl der Opfer, die dieses fluchbeladene System gefordert hat. Nirgends war ein Menschenleben so wenig wert wie im Reich Hitlers. Die Besten und Aufrechtesten fielen durch Henkershand, wurden in Zuchthäusern und Konzentrationslagern zu Tode gequält… Der deutsche Name wurde mit Fluch und Schande beladen durch die grauenhaften, unmenschlichen Taten, die das Hitlertum in der ganzen Welt verübte und verüben ließ… Mit Wehmut und Trauer gedenken wir der Toten! Ihr Sterben soll uns Gelöbnis sein, eine Welt zu bauen, die eine Wiederkehr dieses Wahnsinns unmöglich macht, in der für preußischen Militarismus und nationalsozialistische Weltherrschaftspläne und Überheblichkeit kein Raum mehr ist.“

Der Aufbau einer neuen Welt sollte kein Wiederaufbau sein. Den Männern und Frauen der „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“ stand vor Augen, dass es Faschisten und ihren Hintermännern nie wieder möglich sein sollte noch einmal die Welt mit Krieg und Vernichtung zu überziehen. Mit Beginn des „Kalten Kriegs“ wurden die Weichen in unserem Lande anders gestellt. Kriegsverbrecher wurden schrittweise begnadigt und zu Mitläufern umgestuft, Konzernherrn und Banker zum Aufbau der Wirtschaft entlastet, Lehrer, Richter, Ärzte und Verwaltungsbeamte konnten schrittweise wieder in ihre alte Stellung zurückkehren. Dafür wurden die Männer und Frauen der ersten Stunde von ihnen erneut unter Beobachtung gestellt, oftmals kriminalisiert und aus den Ämtern vertrieben.

Wie sieht es heute, 65 Jahre danach aus? Die Hakenkreuzschmierereien am Ostermontag in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die Bombenbasteleien eines NPD-Kreisverbands an der Schweizer Grenze, die Beschmierungen jüdischer Friedhöfe sind Anzeichen, dass es Kräfte in unserem Lande gibt, denen daran liegt, dass der 8. Mai in den Köpfen unserer Bevölkerung nicht als Tag der Befreiung empfunden wird. Wann wird die Keimzelle der Wiedererweckung faschistischen Denkens endlich das Handwerk gelegt? Ein Verbot der faschistischen NPD ist unbedingt erforderlich. In hohem Maße trägt auch unsere Bundesregierung dazu bei, dass ein neues militaristisches Weltbild am Wachsen ist. Mit dem Einsatz deutscher Soldaten am Hindukusch wird der Auftrag in unserer Verfassung verdreht, dass nie wieder ein Angriffskrieg von deutschem Boden ausgehen darf. Nach acht Jahren Krieg zeigt sich, dass die sogenannte Hilfsmission sich in den Augen der Bevölkerung als schnöde Besatzungspolitik erweist. Keines der Ziele ist erreicht worden, mit denen die damalige Bundesregierung ihre Eroberungsmission für freien Zugang zu Rohstoffquellen und Transportwegen antrat. Erneut und schmerzlich erleben wir, dass deutsche Soldaten tot aus einer Kriegsmission im Ausland zurückkehren. Diese unselige Mission ist zu beenden, ein sofortiger Abzug zu erklären, ohne erst noch zusätzliche Kräfte hineinzuschicken. Ich danke.

Paris – Boulevard St. Martin No. 11

26. April 2010

von Peter Gingold

27.04.2010

Ulrich Schneider und Silvia Gingold lesen:

Paris – Boulevard St. Martin No. 11

von Peter Gingold

Dr. Ulrich Schneider (Kassel), Generalsekretär der Fédération Internationale des Résistants (FIR) und Silvia Gingold lesen aus den Erinnerungen des Widerstandskämpfers Peter Gingold, Paris – Boulevard St. Martin No. 11. Ein jüdischer Antifaschist und Kommunist in der Résistance und der Bundesrepublik. Veranstalter sind Naturfreunde Bremen und VVN-BdA Bremen.

Dienstag, 27. April 2010, 19:30 Uhr

Ostkurvensaal des Weserstadions

Herausgegeben von Ulrich Schneider, 2009, Köln: PapyRossa Verlag, 188 Seiten, 14,90 Eur, ISBN 978-3-89438-407-4.

„Er konnte mit seinem rhetorischen Talent besonders junge Menschen ansprechen und begeistern“, vermerkt der Herausgeber Dr. Ulrich Schneider über Peter Gingold. Wer ihn kannte, der findet ihn in diesem Buch live wieder – ohne künstliche Schnörkel und sprachliche Raffinessen. Vielleicht lag darin die Begeisterung beim Zuhören. Schon wer Peter Gingold im Dialog erlebte, der sah bei ihm in Augen, „deren Blick man sucht und wieder sucht, von denen angesehen zu werden man als Erfrischung, als Belebung empfindet“, weil sie trotz seines hohen Alters jugendlichen Eifer und Flexibilität im Denken ausstrahlten. Der Funke sprang über, wenn er als Zeitzeuge des antifaschistischen Widerstands mit und vor Menschen sprach, die von ihm letztlich wissen wollten: „Was kann jeder einzelne tun?“ Peter Gingold lässt der Leserin und dem Leser die Chance, über den eigenen Lebensentwurf in Ruhe nachzudenken, will sie „gefühlsmäßig erreichen“ und ihnen „gleichzeitig Denkanstöße geben“, so wie er es bei einer Rundreise 2005 mit der IG BAU in Nordrhein-Westfalen tat, um sich etwa zweitausend Berufsschülern zu nähern. Doch bei allem Verständnis für Schwächen und Fehler der Handelnden und Zögerlichen „damals“ ist die Botschaft für die Jugendlichen der Gegenwart nicht nur unzweideutig, sondern auch provozierend, weil sie keinen Fluchtweg offenhält: „Sie hatten keine Erfahrung, was Faschismus bedeutet, wenn er einmal an der Macht ist. Aber heute haben wir alle diese Erfahrung, heute muss jeder wissen, was Faschismus bedeutet. Für alle zukünftigen Generationen gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn sie den Faschismus nicht verhindern.“

Dienstag, 27. April 2010, 19:30 Uhr Ostkurvensaal des Weserstadions Herausgegeben von Ulrich Schneider, 2009, Köln: PapyRossa Verlag, 188 Seiten, 14,90 Eur, ISBN 978-3-89438-407-4. „Er konnte mit seinem rhetorischen Talent besonders junge Menschen ansprechen und begeistern“, vermerkt der Herausgeber Dr. Ulrich Schneider über Peter Gingold. Wer ihn kannte, der findet ihn in diesem Buch live wieder – ohne künstliche Schnörkel und sprachliche Raffinessen. Vielleicht lag darin die Begeisterung beim Zuhören. Schon wer Peter Gingold im Dialog erlebte, der sah bei ihm in Augen, „deren Blick man sucht und wieder sucht, von denen angesehen zu werden man als Erfrischung, als Belebung empfindet“, weil sie trotz seines hohen Alters jugendlichen Eifer und Flexibilität im Denken ausstrahlten. Der Funke sprang über, wenn er als Zeitzeuge des antifaschistischen Widerstands mit und vor Menschen sprach, die von ihm letztlich wissen wollten: „Was kann jeder einzelne tun?“ Peter Gingold lässt der Leserin und dem Leser die Chance, über den eigenen Lebensentwurf in Ruhe nachzudenken, will sie „gefühlsmäßig erreichen“ und ihnen „gleichzeitig Denkanstöße geben“, so wie er es bei einer Rundreise 2005 mit der IG BAU in Nordrhein-Westfalen tat, um sich etwa zweitausend Berufsschülern zu nähern. Doch bei allem Verständnis für Schwächen und Fehler der Handelnden und Zögerlichen „damals“ ist die Botschaft für die Jugendlichen der Gegenwart nicht nur unzweideutig, sondern auch provozierend, weil sie keinen Fluchtweg offenhält: „Sie hatten keine Erfahrung, was Faschismus bedeutet, wenn er einmal an der Macht ist. Aber heute haben wir alle diese Erfahrung, heute muss jeder wissen, was Faschismus bedeutet. Für alle zukünftigen Generationen gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn sie den Faschismus nicht verhindern.“

Landesmitgliederversammlung

19. März 2010

20.03.2010

Landesmitgliederversammlung

Samstag, 20. März 2010, 15:00 Uhr

in den Räumen von Use Akschen im Lichthaus in Bremen-Gröpelingen

Thema Begriffsklärung Faschismus – Rechtsextremismus – Rechtspopulismus

Samstag, 20. März 2010, 15:00 Uhr in den Räumen von Use Akschen im Lichthaus in Bremen-Gröpelingen Thema Begriffsklärung Faschismus – Rechtsextremismus – Rechtspopulismus

„Er tanzte das Leben“

16. März 2010

17.03.2010

Filmvorstellung mit dem Regisseur Kuno Kruse

„Er tanzte das Leben“

Der Dokumentarfilm „Er tanzte das Leben“ porträtiert den jüdischen Tänzer Sylvin Rubinstein. Kuno Kruse begleitete Sylvin auf einer Reise in die Vergangenheit: Im 2. Weltkrieg wird Sylvin als Widerstandskämpfer mit den schlimmsten Widrigkeiten des Lebens konfrontiert. Seine Mutter und Schwester werden durch Nazis ermordet. Nach dieser Schreckenszeit wird er, als Frau verkleidet, ein Flamencostar der fünfziger Jahre. Zu ehren seiner Schwester nennt er sich Dolores.

Mittwoch, 17. März 2010, 20 Uhr

Infoladen Bremen / St. Pauli-Str. 10-12 / 28203 Bremen

Mittwoch, 17. März 2010, 20 Uhr Infoladen Bremen / St. Pauli-Str. 10-12 / 28203 Bremen

Info-Tisch am 13.03.2010, 11-13 Uhr, am Brill in Bremen

12. März 2010

Um 12 Uhr herum wollen wir eine Grußbotschaft nach Dessau funken.“

13.03.2010

Info-Tisch am 13.03.2010, 11-13 Uhr, am Brill in Bremen

Um 12 Uhr herum wollen wir eine Grußbotschaft nach Dessau funken.“

Samstag, 13. März 2010, 11:00 Uhr

Am Brill- Bremen

Neben dem mittlerweile bekannten „Trauermarsch“ in Dresden gibt es über das Jahr verteilt dutzende Naziaufmärsche bundesweit. Es ist uns ein Anliegen, nicht nur vor der eigenen Haustür (Bremer Nazitreffpunkt „Sportsfreund“) zu kehren, sondern auch zu überregionalen rechtsextremistischen Vorgängen zu informieren. Da es die Bremer Medien nicht für notwendig halten, über den geplanten, mehrere hundert Personen starken Naziaufmarsch in Dessau im Vorfeld zu berichten, möchten wir Dir einige Informationen hierzu mitgeben.

Am 13.03.2010 wollen in Dessau die „Freien Nationalisten Dessau und Anhalt-Bitterfeld“ sowie andere Nazis und Rechtskonservative einen „Trauermarsch“ anlässlich des 65. Jahrestages der Bombardierung Dessaus während des Zweiten Weltkrieges durchführen und versuchen an diesem Aufhänger nationalistische Geschichtsverdrehung für ihre Zwecke zu betreiben. Neben dem gruppen- und parteiübergreifenden „Kameradschaftsgefühl“, welches ein solcher Marsch vermitteln soll, und der gewünschten Ausstrahlung von Stärke, Entschlossenheit und Präsenz, geht es auch um das Benutzen eines emotional aufgeladenen Themas für rechtsextremistische Propagandazwecke. Uns geht es nicht darum, einem Menschen, der persönlichen Verlust erlitten hat, das Trauern zu verbieten, sondern an die Ereignisse zu erinnern, die zur Bombardierung geführt haben. Der Angriff auf Dessau fällt geschichtlich betrachtet in die Endphase der menschenverachtenden und mörderischen Herrschaft des „Dritten Reiches“ und dessen Bekämpfung und ist nicht, wie von den (Neo-)Nazis gerne behauptet wird, ein alleinstehendes Vorkommnis. So war die ehemalige „Gauhauptstadt“ seit den 20er Jahren eine ideologische Hochburg der nationalsozialistische Bewegung und später größter Produktionsstandort für das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B, mit dem in den deutschen Tötungsfabriken Millionen Menschen ermordet wurden.

Samstag, 13. März 2010, 11:00 Uhr Am Brill- Bremen Neben dem mittlerweile bekannten „Trauermarsch“ in Dresden gibt es über das Jahr verteilt dutzende Naziaufmärsche bundesweit. Es ist uns ein Anliegen, nicht nur vor der eigenen Haustür (Bremer Nazitreffpunkt „Sportsfreund“) zu kehren, sondern auch zu überregionalen rechtsextremistischen Vorgängen zu informieren. Da es die Bremer Medien nicht für notwendig halten, über den geplanten, mehrere hundert Personen starken Naziaufmarsch in Dessau im Vorfeld zu berichten, möchten wir Dir einige Informationen hierzu mitgeben. Am 13.03.2010 wollen in Dessau die „Freien Nationalisten Dessau und Anhalt-Bitterfeld“ sowie andere Nazis und Rechtskonservative einen „Trauermarsch“ anlässlich des 65. Jahrestages der Bombardierung Dessaus während des Zweiten Weltkrieges durchführen und versuchen an diesem Aufhänger nationalistische Geschichtsverdrehung für ihre Zwecke zu betreiben. Neben dem gruppen- und parteiübergreifenden „Kameradschaftsgefühl“, welches ein solcher Marsch vermitteln soll, und der gewünschten Ausstrahlung von Stärke, Entschlossenheit und Präsenz, geht es auch um das Benutzen eines emotional aufgeladenen Themas für rechtsextremistische Propagandazwecke. Uns geht es nicht darum, einem Menschen, der persönlichen Verlust erlitten hat, das Trauern zu verbieten, sondern an die Ereignisse zu erinnern, die zur Bombardierung geführt haben. Der Angriff auf Dessau fällt geschichtlich betrachtet in die Endphase der menschenverachtenden und mörderischen Herrschaft des „Dritten Reiches“ und dessen Bekämpfung und ist nicht, wie von den (Neo-)Nazis gerne behauptet wird, ein alleinstehendes Vorkommnis. So war die ehemalige „Gauhauptstadt“ seit den 20er Jahren eine ideologische Hochburg der nationalsozialistische Bewegung und später größter Produktionsstandort für das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B, mit dem in den deutschen Tötungsfabriken Millionen Menschen ermordet wurden.

Die Tasche

geschrieben von Marion Bonk

8. März 2010

Roman von Martin Grotjahn

…..heißt das Romandebüt des Bremer Autors und Sozialwissenschaftlers Martin Grotjahn, der viele Jahre in gemeinnützigen Organisationen in Bremen und Hamburg gearbeitet hat. In Zeitsprüngen beschreibt das Buch, wie es dem Juden Joseph Kohn und seiner Nichte Rebekka gelingt sich gegen die Verfolgung durch die Nazis zur Wehr setzen, zu fliehen und sich in Hongkong eine neue Zukunft auf zu bauen, wie es dem Kommandanten von Auschwitz gelingt sich noch vor Ende des Krieges abzusetzen und jahrelang als Nutznießer jüdischen Vermögens unerkannt in der Schweiz zu leben. Einem Rechtsanwalt, der mit zunehmendem Alter seiner Arbeit immer überdrüssiger wird, fällt durch Fund eines alten Tresors im Bombenkeller des früheren elterlichen Wohngebäudes die Tasche Joseph Kohns und somit sein Vermächtnis in die Hände. In mühseliger Kleinarbeit gelingt es ihm die verstreuten Spuren der Familie Kohn zu finden, um den leiblichen Erben des beträchtlichen Kohnschen Vermögens zu ihrem Recht zu verhelfen. Ein Roman, der trotz oder grade wegen seiner Zeitsprünge nie langweilig wird. Ich konnte es kaum erwarten ans Ende zu kommen. War öfters versucht, einfach hinten ein wenig weiter zu lesen, habe es dann aber doch gelassen und gewartet, bis ich an Ende des 320-seitigen Romans kam. Wer sich mal wieder ein paar unterhaltsame und trotzdem zeitkritische Lesestunden gönnen möchte, dem kann ich diesen Roman nur empfehlen. Die Tasche von Martin Grotjahn erschienen bei tomEICKHORST 320 Seiten ISBN 978-3-9812936-0-9 Preis 19,90 €

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Eine engagierte Diskussion

geschrieben von Raimund Gaebelein/Hartmut Büchsel

8. März 2010

Positiv bewertet wurde allgemein die diesjährige Nordkonferenz am 27./28. Februar in Heideruh.

Bernd Meimberg spann den Roten Faden durch die Entwicklung der globalen Friedensfrage nach Beendigung des Kalten Krieges. Die EU-Osterweiterung sollte Hand in Hand mit einer Vergrößerung der NATO über die Ukraine bis in den Kaukasus betrieben werden. Die Anordnung des Luftangriffs auf Zivilisten an den Tankwagen bei Kundus ist nun ein Versuch gewesen, die Begrenzung des Artikels 26 zu sprengen und die direkte Einflussnahme deutscher Interessen stärker zur Geltung zu bringen. Eingebettet in die friedenspolitischen Themen der Nordkonferenz war ein Workshop zum Thema „Rechte Musik“. Der Referent war Christian Waclawczyk aus Berlin, Das Publikum im Alter von 16-96 Jahren füllte die Kantine von Heideruh bis auf den letzten Platz. Ausgehend von diesen Leitfragen verdeutlichte W., dass die neofaschistischen Musiker ihre Musik und die unterlegten Texte sowohl für die Straße als auch für den „Nadelstreifenanzugträger“ erstellen. Eine wesentliche Rolle spielt auch das Nazi-Frauenbild, das der Referent am Beispiel von Texten Rennickes, aber auch Annett Moecks aufzeigte. Die versammelten AntifaschistInnen sorgten für eine engagierte Diskussion. Die andere Seite globaler Kriegseinsätze der Bundeswehr beleuchtete Ulrich Sander am Sonntag Die Ausweitung der Einsatzgebiete wurde mit den Notstandsgesetzen auf den Spannungs- und Verteidigungsfall erweitert. Am Grundgesetz vorbei wird nun die Bundeswehr in Afghanistan zur Einsatzleitung für die Aktivitäten humanitärer Gruppen. In der Bundesrepublik sind Oberbürgermeister und Landräte gehalten, ihre Verwaltung, Technisches Hilfswerk, Sanitätsdienste, Feuerwehr bei Großereignissen mit den Möglichkeit der Bundeswehr abzugleichen

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