Bedingt empfehlenswert

geschrieben von Ulrich Suwe

6. Juni 2010

Ausschnitte zum Artikel im Juli/August BA

Unter der Schirmherrschaft von Innensenator Mäurer wurde am 19. April im Haus der Wissenschaft die aktuelle Ausstellung des niedersächsischen Verfassungsschutzes zum „Rechtsextremismus“ eröffnet. Die Ausstellung selbst ist für Schülerinnen und Schüler ab der achten Klasse geeignet. In relativ kurzen und prägnanten Sätzen werden Skinhead-, Kameradschafts- und Musikszene, die zwei wesentlichen rechtsextremen Parteien sowie auf zwei Sondertafeln die Situation in Bremen inhaltlich richtig dargestellt. Hauptproblem der Ausstellung ist aber, dass sie alles an der rechten Szene ausspart, aus dem mensch schließen könnte, dass es sich beim Ausstellungsthema nicht nur um eine gesellschaftliche Randerscheinung handelt. Dieses Manko konnte auch durch die am 22. April unter der Leitung von Cornelius Peltz-Förster durchgeführte Podiumsdiskussion nicht behoben werden. Die Beiträge von Holger Münch (Bremer Polizeipräsident) und Hans-Joachim von Wachter (Amtsleiter des Landesverfassungsschutzes Bremen) versuchten den „Rechtsextremismus“ in Bremen unter Hinweis auf fallende Mitgliederzahlen bei Parteien und Gruppen und weniger Straftaten (hauptsächlich so genannte Propagandadelikte) als kaum beachtenswerte Randerscheinung herunter zu spielen. Diesen schwachen Eindruck konnten auch die weiteren Podiumsgäste mit ihren guten bis sehr guten Beiträgen leider nicht völlig ausgleichen. Aus meiner Sicht leistet die Ausstellung als allererster Einstieg in die Thematik „Rechtsextremismus“ durch aus gute Dienste. Die Aktivitäten der äußersten Rechten werden weitgehend abgedeckt.

Gegen das Vergessen

geschrieben von Raimund Gaebelein

6. Juni 2010

Ausschnitte zum Artikel im Juli/August BAF

In Erinnerung an Bremerinnen und Bremer, die als Widerstandskämpfer, Kriegsdienstverweigerer, Juden oder Behinderte zwischen 1933 und 1945 ermordet wurden, konnten wir erneut den Kölner Künstler Gunter Demnig zur Stolpersteinverlegung bei uns begrüßen. 34 Steine an sieben Orten in der Bahnhofsvorstadt, Buntentor, Walle und Gröpelingen waren es am 18. und 19. Mai. Jens Böhrnsen wertete die bleibende Erinnerung als moralischen Pfeiler und dankte Gunter Demnig für seine Initiative, die mittlerweile 24.000 Stolpersteine zwischen Odessa und Paris umfasst.

Tag der Befreiung

geschrieben von Raimund Gaebelein

6. Juni 2010

Ausschnitte zum Artikel im Juli/August BAF

Am 8. Mai trafen sich 70 Friedensbewegte und Gewerkschaftsmitglieder auf Bahrs Plate, um der Befreiung von Faschismus und Krieg vor 65 Jahren zu gedenken. In seiner Eingangsrede erinnerte Gerd-Rolf Rosenberger an die Teilnehmer am Werftwiderstand und die Opfer des faschistischen Terrors gegen die Arbeiterbewegung, Eindrucksvoll begleitete Jannis Profitlich die Veranstaltung musikalisch mit jüdischen Partisanenliedern und dem Moorsoldatenlied.

Link zu den Reden auf Bahrsplate

http://www.dielinke-bremen.de/nc/politik/aktuell/detail/browse/2/zurueck/bremennews/artikel/gedenkveranstaltung-am-8-mai-2010-in-blumenthal/

Shoah in Griechenland

10. Mai 2010

Einführende Worte von Hans Koschnick, Willy Schwarz singt Lieder zur Shoah

11.05.2010

Vortrag von Christoph U. Schminck-Gustavus,

Shoah in Griechenland

Einführende Worte von Hans Koschnick, Willy Schwarz singt Lieder zur Shoah

Dienstag, 11. Mai 2010, 20:00 Uhr

Kulturkirche St. Stephani, Stephanikirchhof 28195 Bremen

Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs sind in Griechenland unvergessen. Der Vortrag wird fotografische Dokumente zur Shoah sowie Berichte von Überlebenden und Erinnerungen von griechischen Zeugen der Deportation darstellen. Der Referent hat sie in jahrelangen Nachforschungen in Griechenland und in deutschen Archiven gesammelt und aufgezeichnet.. Der Vortrag wird sich auf die Deportation der Jüdischen Gemeinde von Joannina konzentrieren. Bei dieser letzten Phase des Massenmords an der griechischen Judenheit war ein Bremer Gestapobeamter beteiligt. Gegen ihn und den verantwortlichen Chef der deutschen Sicherheitspolizei in Athen ermittelte die Bremer Staatsanwaltschaft seit 1964. Das Verfahren wurde aber 1970 eingestellt und die Täter außer Verfolgung gesetzt. Der Bericht über diesen Bremer Justizskandal und seine Hintergründe schließt den Vortrag ab. Willy Schwarz wird die verstummten Stimmen der griechischen Juden aus Thessaloniki zu Gehör bringen. Die jüdische Gemeinde dieser Stadt war mit 56.000 Seelen bis zur Deportation in die Vernichtungslager eine der größten jüdischen Gemeinden Europas. Hans Koschnick spricht einleitend zu den Botschaften gegen das Vergessen.

Dienstag, 11. Mai 2010, 20:00 Uhr Kulturkirche St. Stephani, Stephanikirchhof 28195 Bremen Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs sind in Griechenland unvergessen. Der Vortrag wird fotografische Dokumente zur Shoah sowie Berichte von Überlebenden und Erinnerungen von griechischen Zeugen der Deportation darstellen. Der Referent hat sie in jahrelangen Nachforschungen in Griechenland und in deutschen Archiven gesammelt und aufgezeichnet.. Der Vortrag wird sich auf die Deportation der Jüdischen Gemeinde von Joannina konzentrieren. Bei dieser letzten Phase des Massenmords an der griechischen Judenheit war ein Bremer Gestapobeamter beteiligt. Gegen ihn und den verantwortlichen Chef der deutschen Sicherheitspolizei in Athen ermittelte die Bremer Staatsanwaltschaft seit 1964. Das Verfahren wurde aber 1970 eingestellt und die Täter außer Verfolgung gesetzt. Der Bericht über diesen Bremer Justizskandal und seine Hintergründe schließt den Vortrag ab. Willy Schwarz wird die verstummten Stimmen der griechischen Juden aus Thessaloniki zu Gehör bringen. Die jüdische Gemeinde dieser Stadt war mit 56.000 Seelen bis zur Deportation in die Vernichtungslager eine der größten jüdischen Gemeinden Europas. Hans Koschnick spricht einleitend zu den Botschaften gegen das Vergessen.

Gedenkveranstaltung zum 65. Jahrestag der Befreiung

7. Mai 2010

08.05.2010

Gedenkveranstaltung zum 65. Jahrestag der Befreiung

Samstag, 08. Mai 2010, 11:00 Uhr

Bahrsplate in Bremen-Nord, Außenlager des ehemaligen KZ Neuengamme

Hierzu laden wir, das Bremer Friedensforum, die VVN-BdA, die Internationale Friedensschule und andere Organisationen, alle unsere Freundinnen und Freunde, Genossinnen und Genossen, herzlich ein, sich auch mit eigenen Beiträgen an einer würdigen Kundgebung zu beteiligen. Ansprachen, nicht länger als 5 Minuten, Gedichte, feierliche Musik, Gestecke werden Bestandteil der Veranstaltung sein. Das Gedenken an die historische Befreiung durch die Sowjetunion und ihre Rote Armee, an alle Kämpferinnen und Kämpfer der Antihitlerkoalition, des Partisanenkampfes der Resistance, und des illegalen Widerstandes, muss allen fortschrittlichen Menschen ein Herzensanliegen sein. Gemeinsam zu handeln im Sinne des Schwures von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. NIE WIEDER FASCHISMUS ! NIE WIEDER KRIEG !

Samstag, 08. Mai 2010, 11:00 Uhr Bahrsplate in Bremen-Nord, Außenlager des ehemaligen KZ Neuengamme Hierzu laden wir, das Bremer Friedensforum, die VVN-BdA, die Internationale Friedensschule und andere Organisationen, alle unsere Freundinnen und Freunde, Genossinnen und Genossen, herzlich ein, sich auch mit eigenen Beiträgen an einer würdigen Kundgebung zu beteiligen. Ansprachen, nicht länger als 5 Minuten, Gedichte, feierliche Musik, Gestecke werden Bestandteil der Veranstaltung sein. Das Gedenken an die historische Befreiung durch die Sowjetunion und ihre Rote Armee, an alle Kämpferinnen und Kämpfer der Antihitlerkoalition, des Partisanenkampfes der Resistance, und des illegalen Widerstandes, muss allen fortschrittlichen Menschen ein Herzensanliegen sein. Gemeinsam zu handeln im Sinne des Schwures von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. NIE WIEDER FASCHISMUS ! NIE WIEDER KRIEG !

13. Fahrt nach Neuengamme

geschrieben von Boris Vicca 24 Jahre (Polizeiinspektior)

6. Mai 2010

Inzwischen sind sechs Jahre vergangen, seit ich mit der Stiftung MK ’44 nach Neuengamme gefahren bin

Inzwischen sind sechs Jahre vergangen, seit ich mit der Stiftung MK ’44 nach Neuengamme gefahren bin. Dieses Jahr wird zum 65. Mal der Befreiung des KZ und des Endes des Zweiten Weltkriegs gedacht. Aufgrund äußerer Umstände konnte ich in den vergangenen Jahren nicht mitfahren. Zu diesem besonderen Jahrestag fand ich, es sei meine Pflicht mir zum Mitzufahren freizunehmen. Es war nicht einfach frei zu bekommen, aber ich bestand darauf, dass mein Urlaubsantrag bewilligt wird. Wie heißt es doch so schön: Beharrlichkeit führt zum Ziel. Ich schreibe diesen Artikel auf Bitte von Ray Gaebelein und höre dabei das Lied der Moorsoldaten. Ich möchte deutlich machen, dass das Darlegen von Gefühlen, wie ich sie in auf dieser Gedenkfahrt erfuhr, nicht so leicht fällt. Besonders nicht für einen jungen Menschen wie mir mit meiner kurzen Lebenserfahrung. Noch nicht ganz von einer Grippe auskuriert, stand ich am 2. Mai mit anderen Mitreisenden am Busbahnhof in Meensel. Ich fühlte mich nicht so besonders, unterdrückte aber den Wunsch mich zu verkriechen und fuhr mit. Wir liefen zuerst Fallingbostel an, wo sich eine britische Militärbasis befindet. Hier besuchten wir ein Armeemuseum. Es erinnerte mich ein wenig an meinen Dachboden, befand sich aber im Keller und war größer. Es war ein kurzer sanfter Einstieg. Als Nächstes hielt der Bus in Bergen-Belsen. Mir war bewusst, dass hier der Naziterror kaum greifbar war. Und doch hinterließ dieser Ort mit seinen langen flachen Hügeln, unter denen Hunderte und Tausende Opfer der Ideologie des Dritten Reichs begraben liegen, einen sehr tiefen Eindruck. Soweit man zwischen den Bäumen dieser Heidelandschaft hindurch sehen konnte, waren diese Grabhügel zu erkennen. Es wirkte wie ein beschaulicher, friedlicher Ort. Die Wahrheit, die unter der Heide begraben liegt, ist allerdings von ganz anderer Art. Auch der Russische Friedhof brauchte mich zum Verstummen. Unter der geringen Größe dieses Friedhofs liegen an die 50.000 Opfer verborgen. Diese Zahlen übersteigen mein Fassungsvermögen. Weiter ging es zum Bullenhuser Damm. Diesen Ort des Schreckens hatte ich schon auf früheren Fahrten besucht. Aber doch wird man jedes Mal wieder ganz still, wenn man in die Gedenkstätte kommt. Jedes Mal habe ich versucht mir ein Bild darüber zu machen, was sich in diesem Keller abspielte. Und immer muss ich feststellen, dass ich es nicht begreifen kann. Was geschehen ist, wirkt zu phantastisch. Als junger Mensch fühle ich mich dabei selbst ein bisschen schuldig. Weil Erwachsene den unschuldigsten aller menschlichen Wesen, den Kindern, ein so entsetzliches Unrecht angetan haben. Als Polizeibeamter habe ich auch schon tote oder schwer traumatisierte Kinder gesehen. Ob man will oder nicht, ein Kind berührt uns Polizisten sehr tief. Man erscheint von bestimmten Dingen abgestumpft zu sein, aber Kinder berühren bei uns eine empfindliche Seite. Im Rosengarten stand ich wieder vor der Tafel, uns anhält an diesem Ort zu schweigen, aber draußen darüber zu sprechen. Das geht mir durch den Kopf, wenn ich heute die Geschichte zu berichten versuche. Bei Abenddämmerung verließen wir den unheilvollen Ort. Am zweiten Tag wurden wir morgens vom Hamburger Senat erwartet. Ein prächtiges Gebäude. Bei den begleitenden Worten zu Krystinyaks Musikkomposition spürten die Gäste die Gefühle des alten Herrn. Auf phantastische Weise formte er Tonfolgen des Horst-Wessel-Lieds „Die Fahne hoch“ um in das herrliche Lied „Die Moorsoldaten“. Als dieses Lied gespielt wurde, erhoben sich alle respektvoll. Nach diesem schönen Empfang fuhren wir nach Neustadt/Holstein, von wo aus wir mit Schiffen zu der Stelle fuhren, wo genau vor 65 Jahren die Cap Arcona und die Thielbeck durch einen britischen Bombenangriff versenkt wurden. Dort, wo beide Schiffe untergingen, bildeten unsere Schiffe mit dem Bug nach innen einen Kreis. Zum Gedenken an die Opfer ließen die Schiffe ihre Sirene ertönen. Hier war nichts von dem zu spüren, was sich damals abspielte, aber die Spannung, die in diesem Moment herrschte, war gut zu fühlen. Das Aussenden der Blumen war eine schöne und ergreifende Geste. Dann folgte das Gedenken an die Opfer der Cap Arcona und der Thielbeck am Denkmal. Respektvoll folgte man der Musik des Moorsoldatenlieds. Der dritte Tag führte uns ins Stammlager Neuengamme. Im „Haus der Erinnerung“ konnten wir lange Listen mit Namen lesen. Unter dem 23. Februar 1945 findet sich zwischen vielen anderen Namen auch der meines Urgroßvaters Frans Pasteyns. Es ist ein Name unter 55.000! Aber das war doch der Name des Mannes den meine Großmutter Papa oder Vater nannte. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass mein eigener Vater ganz plötzlich aus der Familie gerissen wird, und sein Name viele Jahre später auf einem Stoffband verzeichnet ist. Es ist ganz ehrenvoll, bleibt aber doch anonym. Ein Name steht für einen Menschen. Aber genau dieser Mensch hat seine eigene Lebensgeschichte, und da ist – nichts. Für mich schon. Eines Abends fragte ich verschiedene Kriegswaisen, ob sie etwas über meinen Urgroßvater wüssten. Wer war das, wie war er, kannte man ihn im Ort? Fragen, die für mich ohne Antwort blieben. Ich habe mich um einen Menschen bemüht, über den ich gar nicht wirklich etwas weiß. Ich kenne gerade Mal ein klein wenig von seiner Lebensgeschichte, und das ist dazu noch der allerschlimmste Teil seines Lebens. Für manche unbegreiflich, und ehrlich gesagt verstehe ich es auch nicht richtig. An unserem Denkmal „Die Verzweiflung“ haben wir Blumen niedergelegt. Beim Aufziehen der Belgischen Trikolore erklang unsere Nationalhymne als Symphonie. Ich glaube, dass es für alle eines der am meisten bewegenden Augenblicke war. Die sanften Klänge, das langsame Entfalten und Wehen der Fahne, das Wissen darum, wo wir uns befanden, das Erinnern an unsere geliebten Verwandten. Es traf mich tief. Ich habe meinen Urgroßvater nie kennengelernt, aber in diesem Augenblick vermisste ich ihn sehr. Ich kann mir jetzt auch gut vorstellen, wie stark das schmerzliche Gefühl von Verlust für die gewesen sein muss, die ihren Mann, Vater oder Bruder verloren haben. Wie schon am Bullenhuser Damm erhielten wir auch in Neuengamme eine vorbildliche Führung durch Andreas. Ich möchte ihn kurz loben. Er vermittelte uns auch diesmal wieder eine eindrucksvolle Beschreibung der Stätten und hielt sich doch auf recht achtsame Weise bei den bewegenden Gefühlsmomenten für die Gruppe zurück. Das verdient großes Lob! Wir erhielten in den ehemaligen Walther-Werken viel und gut zu Essen, ganz im Gegensatz zu dem, was die KZ-Häftlinge früher immer erhielten. Die Stadt Hamburg hat wirklich den Euro nicht umgedreht, wofür auch ein Wort des Dankes fällig ist. Am Ende hielten wir Totenwache an den Grundmauern des früheren Krematoriums. Dort sind viele unserer Verwandten zur Asche verbrannt. Natürlich wurden auch hier mit der Nationalhymne und dem Senken der Fahnen die nötige Ehre und Respekt bezeugt An unserem vierten und letzten Tag ging es an die Rückfahrt. Nicht ohne an den Orten anzuhalten, an denen Menschen aus Meensel-Kiezegem umkamen. Am Schützenhof erwarteten uns Ray Gaebelein, unser kleiner Freund mit großem Herzen, und die Bremer VVN-BdA. Da waren auch Schüler Bremischer Schulen, was ich ganz wichtig finde. Wozu sind Erinnerungen gut, wenn daran auch Menschen teilnehmen, die die Geschichte kennen? Wenn wir die Jugendlichen nicht an das Gedenken heranführen, lernen sie auch nichts über die Vergangenheit. Erinnerungen sind wichtig für Nahestehende, aber auch Außenstehende sollen betroffen sein. Nach der Veranstaltung, bei der ich über eine Stunde lang in Haltung stand und dabei die Fahne trug, folgten die meisten von uns zu Fuß dem selben Weg, den die KZ-Häftlinge tagtäglich zur Weser zurücklegen mussten. Ein paar von uns sprachen mit den Schülern. Das muss sowohl für die Älteren als auch die Jüngeren eine einzigartige und interessante Erfahrung gewesen sein. Wir bekamen ein leckeres Mittagessen in der Schulkantine. Einige Schüler nehmen es auf sich uns zu bedienen, was ich sehr zu schätzen wusste. Nach dem Essen fuhren wir nach Blumenthal, wo ein letztes kurzes Gedenken stattfand. Ein plötzliches Nasenbluten hinderte mich nicht daran, in dieser letzten Gedenkminute die Fahne mit dem nötigen Respekt zu neigen, beim Niederlegen des Blumengebindes und den Klängen der Europahymne zu grüßen. Nach diesem letzten Gedenken führen wir nachhause zurück. Wir kamen dank der Fahrtkünste unseres Chauffeurs Paul sicher und wohlbehalten zuhause an. Mit ein paar Tagen Abstand habe ich beim Schreiben dieses Artikels für mich alles verarbeiten können. Es waren auch vier eindrucksvolle Tage. Ich bin froh, dass ich diese Fahrt noch einmal mitmachen konnte. Ich bin auch etwas stolz darauf, dass ich beim Gedenken meine Ausgehuniform und die Fahne tragen konnte. Ich habe dadurch alles viel intensiver erlebt. Mir ist klar, dass Manchem Uniform und militärisches Gehabe überholt erscheinen, für mich haben sie Symbolcharakter. Ich trage die Uniform einer Einrichtung, deren Werte ich achte. „Aufpassen, helfen, dienen“ war das Motto der Belgischen Polizei. Zugegeben, Manche haben diese Werte in ihrer Laufbahn nicht ehrenhaft genutzt. Ich halte diese Werte und Normen für mich selbst hoch und will sie in Ehren halten. Ich möchte mich bei der Stiftung MK ’44 bedanken wegen ihrer perfekten Organisation. Wir kamen nie zu kurz, und es hat mir trotz der gefühlsbewegenden Form der Fahrt doch Spaß gemacht. Ich habe dann doch noch mal nachgedacht. Ich hoffe als erstes, dass die Gedenkfahrten weiter alle fünf Jahre stattfinden. In fünf Jahren wird uns wieder eine große Zahl Überlebender der Lager fehlen. Bitte lasst es nicht Grund dafür sein mit großen Gedenkveranstaltungen aufzuhören. Wir haben eine wichtige Aufgabe. Die Gefahr heute liegt nach wie vor im Vergessen und Leugnen des Sterbens!

Zum 65. Jahrestag der Befreiung

6. Mai 2010

es laden ein: BAL, Nordbremer Bürger gegen den Krieg und DKP Bremen-Nord

07.05.2010

Zum 65. Jahrestag der Befreiung

es laden ein: BAL, Nordbremer Bürger gegen den Krieg und DKP Bremen-Nord

Freitag, 07. Mai 2010, 19.30 Uhr

Konsul-Hackfeld Haus , Birkenstr. 34 28195 Bremen

Dort spricht die 86jährige Antifaschistin Hanna Podymachina aus Berlin. Hanna wurde als deutsche Halbjüdin Offizierin der Roten Armee, sie hatte Lautsprechereinsätze vor Stalingrad und war als Oberleutnant bei der Befreiung von Wien aktiv dabei. Zu ihren Aufgabengebieten gehörte u. a. das Verfassen von Flugblättern, Dolmetschen bei Verhören von Überläufern oder Gefangenen und die Tätigkeit als Sprecherin von Sendungen für die gegnerischen Truppen. Ihr Vater Rudolf Bernstein war hauptamtlicher Funktionär der KPD. Nach dem Reichstagsbrand 1933 wurde er verhaftet und ohne Anklage im Polizeigefängnis Alexanderplatz und anschließend im KZ Sonnenburg eingekerkert. Von dort wurde er als Zeuge zum Georgi Dimitroff-Prozess vorgeführt. Ihre Tante Else Imme wurde am 5. August 1943 in Plötzensee hingerichtet. Sie stellte ab 1938/1939 für illegale Treffen der Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen („Rote Kapelle“) ihre Wohnung zur Verfügung. Nach der Rede von Hanna werden Michael Henk und Jannes ein kulturelles Rahmenprogramm gestalten. Danach findet die Diskussion statt. Wir bitten um einen kleinen Solidaritätsbetrag von 2 Euro bzw. 1 Euro.

Freitag, 07. Mai 2010, 19.30 Uhr Konsul-Hackfeld Haus , Birkenstr. 34 28195 Bremen Dort spricht die 86jährige Antifaschistin Hanna Podymachina aus Berlin. Hanna wurde als deutsche Halbjüdin Offizierin der Roten Armee, sie hatte Lautsprechereinsätze vor Stalingrad und war als Oberleutnant bei der Befreiung von Wien aktiv dabei. Zu ihren Aufgabengebieten gehörte u. a. das Verfassen von Flugblättern, Dolmetschen bei Verhören von Überläufern oder Gefangenen und die Tätigkeit als Sprecherin von Sendungen für die gegnerischen Truppen. Ihr Vater Rudolf Bernstein war hauptamtlicher Funktionär der KPD. Nach dem Reichstagsbrand 1933 wurde er verhaftet und ohne Anklage im Polizeigefängnis Alexanderplatz und anschließend im KZ Sonnenburg eingekerkert. Von dort wurde er als Zeuge zum Georgi Dimitroff-Prozess vorgeführt. Ihre Tante Else Imme wurde am 5. August 1943 in Plötzensee hingerichtet. Sie stellte ab 1938/1939 für illegale Treffen der Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen („Rote Kapelle“) ihre Wohnung zur Verfügung. Nach der Rede von Hanna werden Michael Henk und Jannes ein kulturelles Rahmenprogramm gestalten. Danach findet die Diskussion statt. Wir bitten um einen kleinen Solidaritätsbetrag von 2 Euro bzw. 1 Euro.

Eröffungsansprache

geschrieben von Raimund Gaebelein

4. Mai 2010

„Für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit“ stritten vor 65 Jahren 3.500 Bremerinnen und Bremer in der „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“.

Verehrte Anwesende. liebe Frau Dr. Mathes, cher René Thirion, beste burgemester Desaever-Cleuren, chers amis de l’Amicale Belge de Neuengamme, beste vrienden van het Stichting Meensel-Kiezegem 44, liebe Schülerinnen und Schüler unserer Gesamtschulen West und Mitte,

„Für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit“ stritten vor 65 Jahren 3.500 Bremerinnen und Bremer in der „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“. Neun Tage zuvor war Bremen von der Herrschaft des Faschismus befreit worden. 965 Bremerinnen und Bremer waren aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen umgebracht worden. Die Brücken waren zerstört, Produktion und Versorgung der Bevölkerung lagen danieder. In der ersten Ausgabe ihres Publikationsorgans „der Aufbau“ schrieben sie über die Zeit des Faschismus und die unmittelbar vor ihnen liegenden Aufgaben:

„In Nacht und Grauen war Deutschland verstrickt, wie ein lastender Alp lag die Hitlerherrschaft auf allen, die noch menschlich fühlten, die noch freiheitlich empfinden, die noch selbständig denken konnten… Ungeheuer ist die Zahl der Opfer, die dieses fluchbeladene System gefordert hat. Nirgends war ein Menschenleben so wenig wert wie im Reich Hitlers. Die Besten und Aufrechtesten fielen durch Henkershand, wurden in Zuchthäusern und Konzentrationslagern zu Tode gequält… Der deutsche Name wurde mit Fluch und Schande beladen durch die grauenhaften, unmenschlichen Taten, die das Hitlertum in der ganzen Welt verübte und verüben ließ… Mit Wehmut und Trauer gedenken wir der Toten! Ihr Sterben soll uns Gelöbnis sein, eine Welt zu bauen, die eine Wiederkehr dieses Wahnsinns unmöglich macht, in der für preußischen Militarismus und nationalsozialistische Weltherrschaftspläne und Überheblichkeit kein Raum mehr ist.“

Der Aufbau einer neuen Welt sollte kein Wiederaufbau sein. Den Männern und Frauen der „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“ stand vor Augen, dass es Faschisten und ihren Hintermännern nie wieder möglich sein sollte noch einmal die Welt mit Krieg und Vernichtung zu überziehen. Mit Beginn des „Kalten Kriegs“ wurden die Weichen in unserem Lande anders gestellt. Kriegsverbrecher wurden schrittweise begnadigt und zu Mitläufern umgestuft, Konzernherrn und Banker zum Aufbau der Wirtschaft entlastet, Lehrer, Richter, Ärzte und Verwaltungsbeamte konnten schrittweise wieder in ihre alte Stellung zurückkehren. Dafür wurden die Männer und Frauen der ersten Stunde von ihnen erneut unter Beobachtung gestellt, oftmals kriminalisiert und aus den Ämtern vertrieben.

Wie sieht es heute, 65 Jahre danach aus? Die Hakenkreuzschmierereien am Ostermontag in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die Bombenbasteleien eines NPD-Kreisverbands an der Schweizer Grenze, die Beschmierungen jüdischer Friedhöfe sind Anzeichen, dass es Kräfte in unserem Lande gibt, denen daran liegt, dass der 8. Mai in den Köpfen unserer Bevölkerung nicht als Tag der Befreiung empfunden wird. Wann wird die Keimzelle der Wiedererweckung faschistischen Denkens endlich das Handwerk gelegt? Ein Verbot der faschistischen NPD ist unbedingt erforderlich. In hohem Maße trägt auch unsere Bundesregierung dazu bei, dass ein neues militaristisches Weltbild am Wachsen ist. Mit dem Einsatz deutscher Soldaten am Hindukusch wird der Auftrag in unserer Verfassung verdreht, dass nie wieder ein Angriffskrieg von deutschem Boden ausgehen darf. Nach acht Jahren Krieg zeigt sich, dass die sogenannte Hilfsmission sich in den Augen der Bevölkerung als schnöde Besatzungspolitik erweist. Keines der Ziele ist erreicht worden, mit denen die damalige Bundesregierung ihre Eroberungsmission für freien Zugang zu Rohstoffquellen und Transportwegen antrat. Erneut und schmerzlich erleben wir, dass deutsche Soldaten tot aus einer Kriegsmission im Ausland zurückkehren. Diese unselige Mission ist zu beenden, ein sofortiger Abzug zu erklären, ohne erst noch zusätzliche Kräfte hineinzuschicken. Ich danke.

Grußwort

geschrieben von Jens Böhrnsen

4. Mai 2010

Wir denken heute daran, dass vor 65 Jahren Deutschland durch die Alliierten von Faschismus und Krieg befreit wurde

Sehr geehrte Damen und Herren, Wir denken heute daran, dass vor 65 Jahren Deutschland durch die Alliierten von Faschismus und Krieg befreit wurde. Noch immer ist es menschlich unfassbar, was damals, während der Herrschaft der Nationalsozialisten, geschah, was Menschen durch Menschen angetan wurde. Der Völkermord an den Juden und den Sinti und Roma, der Mord an Polen und Russen, an Homosexuellen, an Kriegsgefangenen, an Behinderten, an Antifaschisten, an Humanisten und Christen, die sich den Akteuren des Terrors in den Weg stellten – all das ist und bleibt unfassbar und in der Geschichte der Menschheit einzigartig.

Mit der Befreiung im Jahre 1945, mit dem Ende des barbarischen Krieges und der nationalsozialistischen Herrschaft war der Schrecken für viele Menschen nicht vorbei. Die körperlichen und seelischen Wunden, die der nationalsozialistische Terror bei den Überlebenden gerissen hat, können wohl nie ganz verheilen. Überlebende sprechen immer wieder davon, wie schwer die Last der Erinnerung zu tragen ist – viele fühlen sich ein Leben lang wie aus der Welt gefallen.

Gedenkfeiern wie diese am heutigen Tag können die Wunden wieder aufreißen. Umso dankbarer bin ich, dass heute auch ehemalige belgische KZ-Häftlinge und ihre Angehörigen zu dieser Gedenkfeier am ehemaligen Neuengamme-Außenlager angereist sind. Es fällt Ihnen gewiss nicht leicht, hier zu sein. Aber Sie zeigen mit Ihrer Anwesenheit, dass es Ihnen wichtig, ein inneres Anliegen ist, die Erinnerung wach zu halten. Uns allen ist wichtig und muss auch in Zukunft wichtig bleiben, dass wir uns der Erinnerung stellen, sie nicht beiseite schieben, weil sie eine schwere Last ist, weil sie quält, uns fassungslos und sprachlos macht, weil sie uns unerbittlich vor Augen führt, wozu Menschen fähig sind.

Wer sich erinnert, lässt nicht nur das Schmerzhafte und Unfassbare zu, er stellt sich auch der Verantwortung. Das Erinnern schärft unser moralisches Empfinden und unsere demokratische Wachsamkeit. Das sind wir den Opfern schuldig, das sind wir der Zukunft schuldig.

Es fällt schwer, sich diesem schrecklichen Kapitel unserer Geschichte zu stellen. Aber es gibt dazu keine Alternative. Wer sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus befasst, wird damit konfrontiert, wohin Vorurteile und Verblendung, wohin Rassenwahn und Hass führen können. Und er lernt auch, die Anfänge zu erkennen, jene Anfänge, denen es zu wehren gilt.

Erinnern bedeutet auch, zu handeln, wo Menschen ihrer Menschenrechte beraubt werden, wo Minderheiten benachteiligt und unterdrückt werden, wo andere Menschen ausgegrenzt und entwürdigt werden.

Ansprache zur Gedenkveranstaltung

geschrieben von Dr. Karin Mathes Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft

4. Mai 2010

„Es gibt 300 Tote jeden Tag. Überall Stapel von Leichen, manchmal sorgfältig aufgereiht. Von Zeit zu Zeit bewegt sich eine Hand, öffnet sich ein blickloses Auge.“

Sehr geehrter Herr Thirion, verehrte Anwesende,

ich möchte mit einem Zitat beginnen: „Es gibt 300 Tote jeden Tag. Überall Stapel von Leichen, manchmal sorgfältig aufgereiht. Von Zeit zu Zeit bewegt sich eine Hand, öffnet sich ein blickloses Auge.“ Dieses Zitat, meine Damen und Herren, stammt von Dr. Pierre Fertil. Der 86-jährige Franzose beschreibt damit das erduldete und gesehene Leid im Lager Sandbostel bei Bremervörde, das zum KZ Neuengamme gehörte. In dieses Lager wurde auch unser heutiger Gast, Herr René Thirion, getrieben. Und zwar am 7. April 1945, nachdem er zuvor fast drei Monate im Lager Schützenhof zur Zwangsarbeit verpflichtet worden war. Verfolgung, Demütigung und Entmenschlichung bestimmten seinen Alltag und den Tausender anderer bis vor 65 Jahren, als das KZ Hamburg-Neuengamme und seine Außenlager unter anderem in Bremen endlich befreit wurden. Seien Sie herzlich willkommen, verehrter Herr Thirion. Dass Sie als Opfer an den Ort Ihrer Peiniger zurückkehren und zu uns sprechen werden, empfinden wir als große Geste. Dafür sind wir Ihnen zutiefst dankbar. Die Zeit wird kommen, da die Stimmen der letzten Zeitzeugen verstummen müssen. Umso wichtiger ist es, Gedenk- und Aufklärungsstätten zu den deutschen Menschheitsverbrechen wie die in Neuengamme oder Bergen-Belsen im Bewusstsein auch der nachfolgenden Generationen zu verankern – als Mahnung und als Hoffnung: Wir dürfen nicht nachlassen, uns unserer Geschichte zu stellen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Nur daraus lernen wir, es besser als unsere Väter und Großväter, es besser als unsere Mütter und Großmütter e zu machen. Eine Herausforderung besteht darin, solche Mitbürgerinnen und Mitbürger in die Gedenkkultur einzubeziehen, denen die deutsche Geschichte eher fremd ist oder denen der Bezug zur Zeit des Nationalsozialismus fehlt.

Meine Damen und Herren, das Konzentrationslager Hamburg-Neuengamme funktionierte wie eine Krake im Terrorsystem der Nazis. Mehr als 80 Außenlager in vielen Teilen Norddeutschlands wurden der Bestie angegliedert. Was sie verband, war die Zwangs- Folter- und Mordmaschinerie. Mehr als 100.000 Menschen aus über 20 Ländern wurden zwischen 1938 und 1945 von diesem Monstrum gefangen gehalten. Fast die Hälfte davon überlebte den Horror nicht. Nur, es war kein Tier, das Schrecken, Schmerz und Tod verbreitete. Es handelte sich vielmehr um Männer und Frauen, von denen die meisten nach vollbrachter Tat seelenruhig zum gemütlichen Feierabend in die Familie heimkehrten. Das erste Bremer Außenlager von Neuengamme entstand 1943 in Farge, wo Häftlinge zum Bau des U-Boot-Bunkers „Valentin“ eingesetzt wurden. Insgesamt zählte man zehn Orte der Zwangsarbeit in Bremen und der näherer Umgebung. Das schwere Schuften setzte die Insassen ebenso zu wie die völlig unzureichende Ernährung. Der Schützenhof hier galt vor dem Krieg als Treffpunkt der Schützengilde, während des Krieges war er zunächst Sammelstelle von Bremer Sinti und Roma vor ihrer Deportation und von 1942/43 an Arbeitslager, in dem Aufträge vor allem des Krupp-Konzerns erledigt werden mussten. Das Lager in Gröpelingen wies eine überdurchschnittlich hohe Sterberate unter den Häftlingen aus. Hunger wurde zum Dauerzustand – wie auch die regelmäßigen Misshandlungen durch die SS. Im Frühjahr 1945, die alliierten Truppen nicht mehr fern von den deutschen Konzentrationslagern, ließen SS-Schergen die Lager räumen. Die Zeugen der Gräuel wollte man so oder so „eliminieren“. Es begannen die berüchtigten „Todesmärsche“. Tausende Häftlinge wurden in andere Lager getrieben – zu Fuß oder per Zug. René Thirion gelangte auf Umwege an die Lübecker Bucht und schließlich auf hohe See. Gott sei Dank hat er überlebt.

Meine Damen und Herren, wir sind heute dankbar, dass vor 65 Jahren die Todeslager in Bremen und anderswo von den Alliierten befreit wurden. Gleichzeitig erinnern wir uns an die Geschichte vor der Befreiung, die uns beschämt, die uns unverändert fassungslos macht. Insbesondere aber nimmt sie uns in Verantwortung und verpflichtet uns auf Menschlichkeit und Respekt, Redlichkeit und Toleranz. Und zwar Toleranz im Alltag, nicht in Sonntagsreden. Toleranz gegenüber Fremden und gegenüber Anderssein. Den Menschen, deren Leben die Nationalsozialisten häufig auf bestialische Weise auslöschten insbesondere unter unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, und den Menschen, die dem Terror in letzter Minute entkamen, sind wir es schuldig, braune Ideologien in Deutschland nie wieder aufkommen zu lassen. Doch die Realität sieht anders aus: Hakenkreuz-Schmierereien auf jüdischen Grabsteinen passieren immer wieder. Am Ostermontag wurde das Mahnmal in Neuengamme mit Nazi-Sprüchen und SS-Runen beschmiert. Das schockiert uns. Darüber hinaus fordert es uns heraus, der Aggression von Neonazis den Nährboden zu entziehen. Rechtsextremismus und Antisemitismus bilden eine Gefahr für Mensch und Demokratie. Sie greifen die Basis der Zivilgesellschaft an, in der Menschenrecht und Menschenwürde höchsten Schutz genießen. Bleiben wir also wachsam und wehrhaft.

Vielen Dank!

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