Erben gesucht – Der „Verband Deutscher Soldaten“

geschrieben von Thomas

1. April 1999

Seit März 1999 verfügt der Landesverband Bremen des „Verbandes Deutscher Soldaten“(VDS) über einen neuen Vorsitzenden: Oberst Dirk v. Grone, Kommandeur im Verteidungungsbezirkskommando 20 der Bundeswehr. Im Lokalteil der Verbandszeitschrift „Soldat im Volk“ wandte sich v. Grone wie folgt an die Mitglieder:

Seit März 1999 verfügt der Landesverband Bremen des „Verbandes Deutscher Soldaten“(VDS) über einen neuen Vorsitzenden: Oberst Dirk v. Grone, Kommandeur im Verteidungungsbezirkskommando 20 der Bundeswehr. Im Lokalteil der Verbandszeitschrift „Soldat im Volk“ wandte sich v. Grone wie folgt an die Mitglieder:

„Liebe Kameradinnen und Kameraden: Auf Vorschlag des Ehrenvorsitzenden unseres kleinen Landesverbandes, Herrn Oberst a.D. Hans Michaelis, hat mich das zuständige Gremium zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Ich habe die Wahl für dieses wichtige Amt gerne angenommen – in Respekt vor dem ehrenvollen Einsatz des anständigen deutschen Frontsoldaten und in Anerkennung der nach dem Kriege geleisteten Aufbauarbeit für unser Land. Den Frauen und Männern Ihrer Generation gebührt die Achtung der nachfolgenden. Ich freue mich auf eine gute und gedeihliche Zusammenarbeit und verbleibe in Kameradschaft

Ihr Dirk von Grone“

Die hier vom höchsten Bremer Bundeswehr-Repräsentanten angeschlagene Tonlage wird auf Wohlwollen gestoßen sein, denn die Rechtfertigung und Glorifizierung der Wehrmacht und der Waffen-SS bildeten seit der Vereinsgründung 1951 das Zentrum der Aktivitäten des VDS.

Die Organisation des VDS

Der VDS bildet einen der vorläufig letzten Ausläufer der aus der Kaiserzeit stammenden Wehr- und Kriegerverbände. Ihren Höhepunkt erlebten diese Verbände im Kampf gegen die Weimarer Republik, als der „Stahlhelm“ in einer Reihe mit der NSDAP stand. Während nun der Nachkriegs-„Stahlhelm“ den Weg in das neonazistische Kleingruppenwesen nahm – der Verein löste sich kürzlich nach einer eineinhalbjährigen Kampagne der VVN-BdA Stade auf – legte der VDS Wert auf die Sicherung des Kontaktes zur Bundeswehr. Der Spagat zwischen praktischer Orientierung auf die Bundeswehr und inhaltlicher auf den Neofaschismus zeigt sich in jeder Ausgabe von „Soldat im Volk“: zuhauf findet sich Werbung für diverse neofaschistische Publikationen, keine rechte Geschichtsklitterung wird ausgelassen, selbst gegenüber Ausch- witz-Leugnern zeigt man sich solidarisch. Im Zentrum steht die stupide, unbelehrbare Losung vom „anständigen deutschen Frontsoldaten“.

Organisatorisch steht der VDS kurz vor seinem biologisch bedingten Ende. Aufgrund Jahrzehnte zurückreichender verbandspolitischer Fehler ist der VDS weder ein integrierter Massenverband (es existieren vielmehr eine Fülle gegenseitiger Kooperationen mit anderen Soldatenverbänden), noch durch Bundeswehrangehörige aufgefüllter Verband.

Der VDS verfügt in Bremen noch über ca. 180 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter jenseits der 70, wobei es sich zum großen Teil um Frauen (Witwen) handelt.

Nun sind auch Traditionsverbände daran interessiert, das ideelle wie materielle „Erbe“ so weiter zu reichen, dass den Verbandszwecken weiterhin gedient ist. Die Entscheidung, dem lokalen Bundeswehrkommandeur das Erbe anzutragen, ist daher bezeichnend für das Bild, das sich der VDS von der Bundeswehr macht.

Sachwalter der Waffen-SS

Festgehalten werden muss, dass v. Grone auch das Erbe der Waffen-SS übernommen hat. Der VDS wurde nicht nur demonstrativ von den Generälen der Waffen-SS Hausser und Gille mitgegründet, sondern ist durch die kooperative Mitgliedschaft der verbliebenen HIAG-Gruppen auch praktisch der Sachwalter dieser vom Internationalen Militärtribunal in Nürnberg 1946 als verbrecherisch eingestuften Organisation. Praktisch konnte v. Grone bereits durch eine Geldsammlung für den „Verband der estnischen Kriegsversehrten“ (ebenfalls kooperatives Mitglied im VDS) tätig werden, dem aus Bremen 2000,- DM überwiesen wurden. Nachschlagewerke weisen aber nur einen einzigen estnischen Militärverband an deutscher Seite aus: die „20. Waffengrenadierdivision der SS“.

Die Entscheidung für v. Grone traf offenbar der im Mai diesen Jahres verstorbene Ehrenvorsitzende des Landesverbandes, zugleich Mitglied der „Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger“: Oberst a.D. Hans Michaelis. Michaelis wurde im WK II für „einen ganz besonders kampfentscheidenden Einsatzerfolg gegen übermächtigen Feind mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet“ wie v. Grone in seinem Nachruf auf Michaelis bewundernd schrieb. So einer konnte es in der Bundeswehr natürlich auch bis zum Kommandeur der Panzergrenadierbrigade in Schwanewede und dem „Goldenen Ehrenkreuz der Bundeswehr“ bringen.

Die Stabübergabe kam nicht überraschend. In den letzten Jahren führten das „Verteidigungsbezirkskommando 20“ und die „Dachorganisation Bremischer Soldatenverbände“, in dem offenbar der VDS den Ton angibt, regelmäßig eine gemeinsame Gedenkfeier zum Volkstrauertag durch. Man traf sich in der Scharnhorst-Kaserne (Huckelriede) zu Festakt, Kranzniederlegung, Totenehrung, Kaffee und Kuchen.

Zwei Erbberechtigte Natürlich stehen auch andere Erben bereit: Die neofaschistischen Organisationen werden bekanntlich nicht müde, dafür auf die Strasse zu gehen, dass ihre „Großväter keine Verbrecher waren“. Doch im VDS vertraut man offenbar auf „das Soldatische an sich“ innerhalb der Bundeswehr, deren Entwicklung vom VDS rückhaltlos begrüsst wird.

Aus Sicht der Bundeswehr-Führung fällt die Zusammenarbeit mit dem VDS unter das Kapitel „freiwillige Reservistenarbeit“ und wird gelegentlich finanziell unterstützt. Welch weitreichenden inhaltlichen Aussagen in der Zusammenarbeit mit dem VDS von den höchsten Militärspitzen getroffen werden, soll abschließend das Beispiel des gemeinsam vom Inspekteur des Heeres und den Soldatenverbänden betriebene „Ehrenmals des deutschen Heeres“ zeigen. Das 1972 in der Festung Koblenz errichtete Denkmal trug bis 1995 die Inschrift: „Den Toten des Deutschen Heeres 1914-1918 + 1939-1945/ Ihr Vermächtnis: Frieden“ Stattdessen heißt es seitdem: „Den Toten des deutschen Heeres“ Erstens wurden die verschiedenen deutschen Armeen des vergangenen Jahrhunderts einschließlich der Bundeswehr auf einen Nenner gebracht. Zweitens entfiel die zumindest verbale Ermahnung zum Frieden und drittens wurde ausdrücklich bereits an die zukünftigen Toten des Heeres der Bundeswehr gedacht.