Protestschreiben

geschrieben von Raimund Gaebelein (VVN-BdA Bremen)

15. Dezember 2003

Protestschreiben zur Durchsuchung der Räume der nordrhein-westfälischen Landesvereinigung und der Wohnung von Herrn Ulrich Sander

Sehr geehrte Damen und Herren, nachdrücklich protestieren wir gegen die Durchsuchung der Räume unserer nordrhein-westfälischen Landesvereinigung und der Wohnung von Herrn Ulrich Sander, sowie die Beschlagnahme von PCFestplatten und Adress-Dateien. Am 3.12.2003 wurden sowohl die Privatwohnung von VVN-Landessprecher Ulrich Sander als auch das Landesbüro der VVN-BdA in Wuppertal von der Polizei durchsucht. Der Vorwurf: Landessprecher Ulrich Sander habe im Namen des Oberstaatsanwaltes Maaß Briefe verschickt, in denen Ermittlungsverfahren angekündigt waren gegen die ehemaligen Wehrmachtssoldaten, die mutmaßlich die Verbrechen in Kephallonia begangen haben. Damit habe er Amtsanmaßung begangen, so der ermittelnde Oberstaatsanwalt Bernhard Düllmann. Diese Briefe können alle möglichen Leute verschickt haben. Wenn die Briefe Ähnlichkeit mit dem Schriftwechsel zwischen ihm und dem Oberstaatsanwalt Maaß hätten, beweist das gar nichts, der Briefwechsel ist schließlich im Internet veröffentlicht worden. Ulrich Sander hat in der Vergangenheit stets öffentlich als Journalist und Landessprecher der VVN-BdA seine notwendigen Aktionen durchgeführt, so auch die Übergabe der über 200 Namen und Adressen von möglichen Tätern an Massakern in Griechenland und Italien. Die nun erfolgte Durchsuchung und Beschlagnahmung des PC’s und persönlicher Briefe von Ulrich Sander, der sich u.a. mit der Recherche zu NS-Verbrechen in Griechenland befasst, werten wir als einen Angriff auf diejenigen, die sich mit der Aufklärung von NS-Verbrechen beschäftigen. Und ange- VVN-BdA Bremen e.V. – Bürgermeister-Deichmann-Straße 26 – 28217 Bremen Staatsanwaltschaft Dortmund Gerichtsplatz 1 44135 Dortmund Justizministerium NRW Martin Luther Platz 40 40212 Düsseldorf sichts der ungesühnt gebliebenen Verbrechen sehen wir sie auch als Ausdruck von Zynismus und Hohn gegenüber den Opfern des NS-Regimes! Wegen der Erschießung von über 5.000 italienischen Kriegsgefangenen im September 1943 auf der griechischen Insel Kephallonia ist es in der Bundesrepublik nie zu einer Strafverfolgung und Verurteilung der Täter gekommen, Ermittlungsverfahren wurden eingestellt. Die VVN hatte in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Angreifbare Traditionspflege in diesem Jahr den Staatsanwaltschaften in München, Dortmund und Ludwigsburg wiederholt eine Liste mit über 200 Namen und Adressen von möglichen Tätern an Massakern in Griechenland und Italien übergeben und die Staatsanwaltschaften zu Ermittlungen aufgefordert. Die Zentralstelle in Dortmund steht sowohl unter Leitung von Klaus Schacht als auch von Ulrich Maaß leider nicht im Verdacht schnell gegen NS-Kriegsverbrecher zu ermitteln. Im öffentlich stark beachteten Fall Kephallonia läuft die Ermittlung der Adressen der Tatverdächtigen so langsam, bis der letzte Gebirgsjäger gestorben ist. Anstatt die Mitgliederkartei des „Kameradenkreises der Gebirgstruppe“ in München zu beschlagnahmen, die Geburtstagsgrüße der alten Gebirgsjäger in ihrer Vereinszeitung „Die Gebirgstruppe“ zur Kenntnis zu nehmen oder sich die einschlägigen Telefonbücher in Österreich und Deutschland zu besorgen, werden jahrelang in Amtshilfe von Einwohnermeldeämtern und Auslandsvertretungen die Adressen der mutmaßlichen Täter gesucht. Auch für das jüngst eröffnete Verfahren gegen den niederländischen SS-Mann Herbertus Bikker vor dem Landgericht Hagen hat die Behörde von Ulrich Maaß acht Jahre gebraucht, obwohl ein Geständnis des Mörders im Magazin „Stern“ nachzulesen war. Wir fordern die Herausgabe der kopierten Dateien und die sofortige Einstellung des Verfahrens gegen Ulrich Sander! Wir fordern, Ermittlungen und Strafverfahren nicht als Mittel der Einschüchterung gegen AntifaschistInnen zu verwenden, sondern diejenigen strafrechtlich zu belangen, welche die Ermordung von Zivilbevölkerung und Kriegsgefangenen im Zuge deutscher Besatzungsherrschaft und Großmachtstreben organisiert und durchgeführt haben! Wir fordern die Verfolgung und Verurteilung der NS-Kriegsverbrecher und die Entschädigung aller NSOpfer!