„Keine Nazi-Demo in Gröpelingen – friedliche Bürgerproteste unterstützen“

geschrieben von Cornelia Wiedemeyer Stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende

11. September 2006

In der Reichpogromnacht vom 09. auf den 10. November 1938 wurden auf Befehl des Nazi-Regimes jüdische Bürger ihrer Freiheit beraubt, misshandelt, verschleppt und ermordet, Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert, Synagogen angezündet.

In der Reichpogromnacht vom 09. auf den 10. November 1938 wurden auf Befehl des Nazi-Regimes jüdische Bürger ihrer Freiheit beraubt, misshandelt, verschleppt und ermordet, Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert, Synagogen angezündet.

Auch das jüdische Altersheim in der Gröpelinger Heerstraße war betroffen, Bewohner wurden auf die Straße getrieben und misshandelt. 1942 wurden aus diesem überfüllten Altersheim 142 jüdische Bewohner nach Theresienstadt deportiert. Dieses bedeutete nicht die von den Nazis propagierte Überführung in ein geruhsames Altenheim, sondern Vernichtungslager. Von 232 Bremern, die nach Theresienstadt kamen, sind 145 dort oder nach weiteren Verschleppungen ermordet worden. Die Gröpelinger erinnern jedes Jahr am 9. November mit einer Gedenkfeier vor dem ehemaligen Altersheim an diese schrecklichen Ereignisse.

Der Schützenhof in der Bromberger Straße in Gröpelingen war ein Außenlager des KZ-Neuengamme. Zeitzeugen berichten aus dem September 1944: ca. 300 Häftlinge wurden täglich durch die Straßen Gröpelingens zu ihren Zwangsarbeitsstellen auf der AG Weser getrieben, ausgemergelte Gestalten, sich gegenseitig unterhakend, um die Schwächsten zu stützen. Der Zug geht über die Heerstraße, durch die Morgenlandstraße, den Pastorenweg und die Lindenhofstraße rüber zur Ag Weser. Kaufleuten, die versuchten den Häftlingen auf ihrem Weg Lebensmittel zukommen zu lassen, wurde gedroht: noch einmal und ihr marschiert nächstes Mal selber mit.

Am Abend kommen die KZ-Häftlinge als letztes vom Werksgelände, zurück auf dem Weg zum Schützenhof. Die Kräftigsten müssen Handkarren schieben, beladen mit Leichen von Kameraden, die vor Entkräftigung bei der Arbeit gestorben sind. Diese schrecklichen Bilder haben viele alte Bewohner Gröpelingens bis heute nicht vergessen.

Die NPD hat für den 04. November 2006 einen Demonstrationszug durch Gröpelingen angekündigt – vorbei an genau diesen Orten. Das ist unerträglich und muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verhindert werden!

Gröpelingen war von jeher ein roter Stadtteil – schon 1925 wurden mit großer Kreativität der Gröpelinger Bürger Kundgebungen der NSDAP, z.B. in Sielers Ballhaus in der Lindenhofstraße, behindert.

Heute ist der Stadtteil davon geprägt, dass Menschen aus über 100 Nationen und unterschiedlicher Religionszughörigkeit überwiegend friedlich miteinander leben. Viele interkulturelle Veranstaltungen finden überregionale, sogar bundesweite Beachtung und zeigen die hohe Integrationsfähigkeit dieses Stadtteils. Nennen möchte z.B. ich die interreligiöse Feier anlässlich des Gröpelinger Sommers, eine gemeinsame Veranstaltung der evangelischen und katholischen Kirchen mit den beiden Moscheen des Stadtteils. Das jährliche Iftar-Essen auf Einladung der muslimischen Frauen für Frauen anderer Religionszugehörigkeit aus ganz Bremen. Die Veranstaltungen in Kooperation mit LSB – Integration durch Sport oder den seit 2001 anlässlich der schrecklichen Ereignisse in New York jährlich organisierten Friedensgang der Kirchen und Moscheen durch den Stadtteil. Das dieses Jahr erstmalig in Bremen stattfindende Fest der Europäischen Nachbarschaften war in Gröpelingen ein großer Erfolg.

Die Gröpelinger Bürger werden dem geplanten Nazi-Aufmarsch nicht tatenlos zusehen. In einem breiten Bündnis gegen Rechts aller Vereine, Institutionen und demokratischen Kräften im Stadtteil werden bereits jetzt viele friedliche und kreative Aktionen geplant.

Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage – die Gröpelinger Heinrich-Pestalozzi-Schule war die erste Schule Bremens, die diese Auszeichnung bekam und bundesweit für ihr Engagement gelobt wurde. Alle Abgeordneten haben im Rahmen dieses Projektes vor kurzem mit ihrer Unterschrift bekundet, dass sie sich einsetzen werden, gegen Fremdenhass und Rassismus. Mit dem vorliegenden interfraktionellen Antrag sprechen sich alle Fraktionen dieses Hauses gegen den geplanten Aufmarsch der NPD in Gröpelingen aus und erwarten vom Senat, alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen und auszuschöpfen, nach denen dieser Aufmarsch versagt werden kann. Wir wollen keine Nazi Demos – weder in Gröpelingen, noch sonst irgendwo! Wir unterstützen nachdrücklich alle friedlichen Aktionen gegen das neonazistische Gedankengut. Ich bin mir sicher, dass viele Abgeordnete dieses auch am 04. November in Gröpelingen zeigen werden!