Gedenktag am Denkmal Bahrsplate
16. Juli 2018
…Unser leiser Austausch darüber wird aber unterbrochen, als Fahrzeuge heranfahren, und die Belgier aussteigen. „Die Belgier“, das sind Mitglieder des Vereins „Amicale Internationale KZ Neuengamme“, welcher gegründet wurde von Überlebenden und den Angehörigen, und heutzutage nur noch aus den Verbliebenen besteht. Als sie aussteigen, falten sie Flaggen und Banner aus – auf ihnen die Symbole des Vereins, und auch das rote Dreieck – Symbol für politische Gefangene in KZ-System, und getragen von allen der Opfer, denen heute hier gedacht wird. Als die Belgier näher kommen mit ihren eigenen Angehörigen und Freunden, wird ersichtlich, dass eine überraschend gute Stimmung herrscht. Verwundert treten wir näher, und werden mit Begeisterung begrüßt als wir vorgestellt werden als Studenten, die die Veranstaltung im Rahmen eines Seminars aufsuchen und mitschreiben. Unser Interesse wird äußerst positiv aufgenommen, und allseits wird uns beiden mit lächelnden Gesichtern begegnet. Wir kommen ins Gespräch mit einigen, so zum Beispiel Rudi Beeken, dem Bürgermeister der Gemeinde Meensel-Kiezegem, aus welchem neun der auf diesem Denkmal genannten Opfer stammten. Er besucht offenbar oft die Gedenkveranstaltungen, und ist den deutschen Besuchern offenbar bestens bekannt…
Im letzten Abschnitt der Tagesreise fährt die Gruppe dann zum Schützenhof in der Bromberger Straße 117. Auch dort ist ein Denkmal, dieses in der Form von zwei Tafeln aus Stahl an der Wand. Erneut folgen Kranzniederlegung und Ansprachen, doch dann folgt eine Besonderheit, welche auch die regelmäßigen Teilnehmer so noch nicht gesehen hatte: Denn dieses Jahr hat eine Gruppe Studenten von der Universität Bremen unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Uta Halle von der Landesarchäologie Bremen eine Lehrgrabung auf dem Gelände vollzogen – und ist auf die Fundamente der Baracken des Gefangenenlagers gestoßen. Die Grabungsstelle ist noch offen, und mit großem Interesse wird Johanna und mir zugehört – wir beide waren Teil der Grabungsgruppe und erzählen, was vor uns liegt, und was wir gefunden haben. Prof. Dr. Halle hat mehrere Bilder, wie ein Luftbild von damals, Planzeichnungen, die originale Bauakte von den Baracken, und anderes mitgebracht, und gebannt wird uns dreien zugehört (und dann natürlich direkt übersetzt in die verschiedenen Sprachen).
Hiernach wurde noch in den Vereinsräumen des Schützenhofes etwas gegessen, und einige Gespräche über das Vergangene, den Tag, oder die Zukunft geführt. Dann mussten sich die Belgier auf den Weg machen. Was blieb, waren die Eindrücke – Betroffenheit, aber auch neues Wissen, neuer Mut – und die Gewissheit, dass wir so etwas wie Nationalsozialismus nie wieder aufkeimen lassen dürfen.
Auszug BAF-Artikel 08./09.18