Experimentierfeld der Machteroberung Eröffnung der Ausstellung über das frühe Konzentrationslager in Ahrensbök
23. September 2013
„Ganz Deutschland war ein KZ“. Unübersehbar, gut lesbar steht der Text über einer Landkarte, die Deutschland in den Grenzen von 1933 zeigt. Wer weiterliest erfährt: „1933/34 gab es über 80 frühe Konzentrationslager (KZ) in Deutschland mit fast 30.000 ‚Schutzhäftlingen’. Ab Oktober 1933 gehörte auch Ahrensbök für 8 Monate mit rund 100 KZ-Häftlingen zu diesen Orten“.
Die Landkarte wurde 1936 während der Olympischen Spiele in Berlin von französischen Teilnehmern verteilt. Großformatig hängt sie als erste Tafel einer Ausstellung, die den sperrigen aber informativen Titel „Das Konzentrationslager Eutin – Ahrensbök – Holstendorf mit den Außenlagern für ‚Schutzhäftlinge’ in Bad Schwartau, Nüchel und Neukirchen“ trägt. Diese Ausstellung wird am Sonntag, den 29. Oktober 2013 um 11 Uhr in der Gedenkstätte Ahrensbök in Anwesenheit des Staatssekretärs im Ministerium für Justiz, Kultur und Europa, Eberhard Schmidt-Elsaeßer, und der Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Marlies Fritzen, eröffnet. Bärbel Seehusen, stellvertretenden Kreispräsidentin spricht Grußworte für den Kreis.
Die Ausstellung ist das Ergebnis intensiver und jahrelanger Forschungsarbeit des Historikers und Erziehungswissenschaftlers Jörg Wollenberg (Universität Bremen), ein geborener Ahrensböker. Er hat sie seinem Mitstreiter Lawrence D. Stokes gewidmet, mit dem Wollenberg den ersten Entwurf dieser Ausstellung erarbeitete. Stokes, der 2007 verstorbene kanadische Historiker ist Autor des Werks „Eutin, eine Kleinstadt im Nationalsozialismus“ .
Wollenberg bezeichnet das frühe Konzentrationslager als „Experimentierfeld“ der nationalsozialistischen Machteroberung. Verantwortlich war Johann Heinrich Böhmcker, Regierungspräsident des Landesteils Lübecks im Freistaat Oldenburg, zu dem Eutin, Ahrensbök
und andere Teile des späteren Ostholsteins damals gehörten. Der SA-Führer ließ die etwa hundert Häftlinge des frühen KZs in Ahrensbök entgegen damals noch geltender Gesetze für ihre Haftkosten arbeiten, indem er sie im Straßenbau einsetzte – ein „erster verhängnisvoller Schritt auf dem Weg zur späteren Vernichtung durch Arbeit“, so Wollenberg.
Wie kaum anderswo lassen sich in der Gedenkstätte Ahrensbök Anfang (1933) und Ende (1945) der NS- Diktatur beispielhaft thematisieren. Die Gedenkstätte wurde im Mai 2001 mit der Dauerausstellung „Der Todesmarsch von Ausschwitz nach Holstein“ eröffnet. Nun wird in den Räumen des ehemaligen Schlafsaals des frühen KZ der Teil der Geschichte des Hauses gezeigt, der Anlass war, im Direktionsgebäude einer ehemaligen Fabrik einen Ort des Gedenkens dauerhaft einzurichten. Wollenberg spricht von „überregionaler Bedeutung“ der Gedenkstätte Ahrensbök, in der auch Zwangsarbeit und nationalsozialistisches Bildungssystem am Beispiel von Ahrensbök exemplarisch dargestellt werden,.
Zur Eröffnung der Ausstellung, in die Professor Wollenberg einführen wird, sind Interessierte eingeladen. Die Gedenkstätte liegt an der Flachsröste 16 im Ahrensböker Ortsteil Holstendorf (B 432), Telefon 04525 – 493 060, E mail: gedenkstaetteahrensboek@t-online.de. Eintritt und Teilnahme an Sonntagsgesprächen sind kostenfrei. Spenden sind willkommen. Die Gedenkstätte und ihre Dauerausstellungen können außerdem jeden Sonntag von 14 bis 18 Uhr besucht werden. Auf Wunsch führen Mitglieder des Trägervereins – auch zu anderen Terminen – durch das historische Gebäude.