46 Jahre Engagement für ermordete Antifaschisten

10. Januar 2018

„Unter dem Strang“
„Die ihr diese Zeit überlebt, vergesst nicht. Sammelt geduldig Zeugnisse von den Gefallenen. Sucht Euch einen von Ihnen aus und seid stolz auf ihn als einen großen Menschen, der für die Zukunft gelebt hat“.
Julius Fucik
1903 – 1943
Geschrieben in Gestapohaft
Ermordet in Plötzensee 8. September 1943
Im Juni 1971 fand in der evangelischen-lutherischen Kirchengemeinde in Bremen-Blumenthal ein Lateinamerika Seminar mit Dr. Salazar vom Lateinamerika Institut der Freien Universität Berlin statt, wo an einer Veranstaltung auch Altbürgermeister Willy Dehnkamp (SPD) teilnahm. Willy Dehnkamp, Widerstandskämpfer und inhaftiert, kannte Leo Drabent und Hans Neumann gut, „(……) Sie hätten aber zu leichtfertig ihr Leben geopfert“, so Willy Dehnkamp. Dehnkamp und mein Vater Paul (1911-1993) kämpften zusammen im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold.
Im Juli 1971 lernte ich die Widerstandskämpfer gegen die Nazityrannei, alle verfolgt und inhaftiert, Albert Häusler, Wohnungssenator in Bremen 1946 KPD, Marianne Häusler, Ludwig Rudniki, Jakob Pfarr, Seppl Handl, Albert Chmielewski, Mariechen Müller („Rosa Luxemburg“), Robert Wilczek und andere kennen. Sie erzählten viel über Leo Drabent und Hans Neumann , ihren gemeinsamen Kampf.
Albert Krohn, aktiver Teilnehmer an der Novemberrevolution 1918 in Berlin, nach den Märzaufständen 1919 ½ Jahr Festungshaft in Dresden, war da bereits 4 Jahre tot. Er starb 1967 in Blumenthal und litt unter der Ermordung Drabents und Neumanns, seinen guten Freunden. Fühlte mit Hannchen Neumann, die 3 3 Jahre alt war, als ihr Hans in Brandenburg enthauptet wurde. Sie starb bereits 4 1 jährig schwer an Krebs erkrankt im Jahr 1953. Hannchen war Mitglied der KPD, das erneute Verbotsverfahren lief bereits seit 1951, die Ermordung ihres Hannes hinterließ bei Hannchen schwere seelische Spuren.
Eine Idee wurde entwickelt, Formen einer besonderen Würdigung beider Kommunisten zu finden.
28. April 1974 – 19. Mai 1974 Antifaschistischer Widerstand 1933 – 1945 in Bremen. Eine Dokumentation für die Ausstellung Antifaschistischer Widerstand in der Unteren Rathaushalle in Bremen wurde erstellt. Im Kuratorium der Ausstellung waren als Schirmherr der Ausstellung Hans Koschnick, Bürgermeister SPD, Dr. Heinrich Hannover und auch Georg Gumpert, KPD, DKP, VVN Bund der Antifaschisten, der gemeinsam mit Leo Drabent und Hans Neumann gegen den Faschismus und den heraufziehenden Krieg der Nazis gegen andere Völker kämpfte. In der Dokumentation wird der aktive antifaschistische Widerstand von Leo und Hans gewürdigt. Tief beeindruckend vor allen Dingen die Briefe von Leo Drabent und Hans Neumann, die beide in den letzten Stunden vor ihrer Hinrichtung durch das Fallbeil an ihre Ehefrauen Marianne Drabent und Hannchen Neumann schrieben.
Im Januar 1983 organisierte die ÖTV-Betriebsgruppe des Hauses Blumenkamp mit Petra Wurst, Perdita Heise und Gerd-Rolf Rosenberger, der auch dem Betriebsrat angehörte, am Bronzerelief von Anna Stiegler eine Gedenkkundgebung zu Ihren Ehren und dem 5 0. Jahrestag der Machtübertragung an die Nazifaschisten am 30. Januar 1933. 1 1 Jahre sperrten die Faschisten die Sozialdemokratin und Frauenrechtlerin Anna Stiegler ins Zuchthaus und anschließend in das Frauen K Z Ravensbrück ein. Der Ehemann Carl Stiegler wurde von den Nazis erschossen. Die Veranstaltung fand im Haus Blumenkamp der Bremer Heimstiftung statt. Anna war MitgründerInnen der Bremer Heimstiftung. Dr. Henning Scherf hielt die Rede. Am 30. Januar 1988 anlässlich des 5 5. Jahrestages der Machtübertragung an die Nazis hat die ÖTV Betriebsgruppe Bremer Heimstiftung eine zweite Gedenkveranstaltung durchgeführt.
Am 21. April 1988, pünktlich zu Anna Stieglers 107. Geburtstag wurde im Haus Blumenkamp bei Kaffee und Kuchen eine Gedenkschrift von der sozialdemokratischen ÖTV-Sekretärin Susanne Heyn, der ÖTV Vertrauensfrau Petra Wurst und den beiden DKP Mitgliedern Perdita Heise und Gerd-Rolf Rosenberger, Betriebsrat, selbst SprecherInnen der ÖTV-Vertrauensleute in der Heimstiftung herausgegeben. In der Broschüre wurde das Leben, ihr Antifaschismus der früheren First Lady der bremischen Sozialdemokratie gewürdigt. Ehrengäste bei dieser Feierstunde waren die ehemalige 2. Bürgermeisterin der Hansestadt Bremen und langjährige Sozialsenatorin Annemarie Mevissen und der ehem. Gesundheitssenator Albert Müller von der SPD, vor der Naziherrschaft auch Mitglied der SAP, selbst inhaftiert, hielt die Festrede. Beide Ehrengäste waren sehr „gerührt“, dass KommunistInnen bei der Erstellung einer Gedenkbroschüre für eine besondere Sozialdemokratin mitwirkten. Albert Müller würdigte den gemeinsamen Widerstand von Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten! Beide, Annemarie Mevissen und Albert Müller, waren der Meinung, dass alle Menschen, die Opfer brachten im Kampf gegen die faschistische Barbarei, es verdient haben, eine besondere Ehrung zu erhalten. Das träfe natürlich auf Leo Drabent und Hans Neumann zu, die dafür ihr Leben opferten. In unserem Bemühen, die beiden besonders zu ehren, sollten wir nicht nachlassen, so Mevissen und Müller.
Gemeinsam forderten alle an diesem Frühnachmittag im Haus Blumenkamp am 21. April 1988, schnellstmöglich das Haus Blumenkamp in Anna Stiegler Haus Blumenkamp umzubenennen, was dann auch passierte. Auch sprachen wir von einer Straßenbenennung in Blumenthal, wo Anna ihre ersten Jahre verbrachte.
Der Kurier am Sonntag vom 24. April 1988 berichtete in einem Artikel von Volker J. Wesslau über die Gedenkkundgebung im Haus Blumenkamp.
1989 – 1991 dann, so wurde prophezeit, das ENDE DER GESCHICHTE !
Am 9. November 2001 wurde die Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg gegründet. An diesem historischen Tag fand die 1. Friedenskundgebung statt. Daraus sind inzwischen jeden Freitag insgesamt 7 9 0 Friedenskundgebungen geworden. Ich gehörte zu den Mitgründern neben Gerd Meyer, Pastor Volker Keller, Alois Engel, Björn Wehrs (SPD), Ludwig Schönenbach (ehem. Bündnis 90/Die Grünen) und weiteren FreundInnen.
Bis zum heutigen Tag wird immer am historischen 9. November an die Friedenskämpfer Leo Drabent und Hans Neumann gedacht, die am 20. November 1944 umgebracht wurden.
Freitag, den 19. November 2004 fand eine weitere Gedenkkundgebung zu Ehren von Leo Drabent und Hans Neumann statt. Der Redakteur Hans-Hermann Boeken berichtete in der Norddeutschen ausführlich über die Gedenkkundgebung mit 2 Fotos der Ermordeten. Es waren 2 besondere Gäste und Redner zugegen:
Ludwig Baumann, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Opfer der faschistischen Militärjustiz, der 1942 von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt worden war. Ludwig wird nächsten Monat 9 6 Jahre alt. Die Hauptrede hielt die Historikerin Dr. Bärbel Schindler-Saefkow aus Berlin. Ihr Vater Anton Saefkow, zu seiner starken kommunistischen Widerstandsorganisation hielten Leo Drabent und Hans Neumann Kontakt, der mit Professor Dr. Adolf Reichwein und Julius Leber, den Vertretern des SPD Widerstandes, beraten hatte, wie das verbrecherische Naziregime zu stürzen sei, wurde wie Leo und Hans ebenfalls 1944 im Zuchthaus Brandenburg, 8 Wochen vorher geköpft.
Ende des Jahres 2004 schrieb der ehemalige Leiter des Gustav Heinemann Bürgerhauses, Gründer der Internationalen Friedensschule Bremen, Gerd Meyer an das DGB Ortskartell Bremen-Nord:
„Seitens des Gustav Heinemann Bürgerhauses war seit 1 9 8 0 (!!) wiederholt an die Arbeiter Leo Drabent und Hans Neumann des Bremer Vulkan erinnert worden. Wir hatten mehrfach z. B. dem Beirat Vegesack eine Straßenbenennung vorgeschlagen. Dank der Initiative Nordbremer Bürger gegen den Krieg und anderer engagierter Personen kommt jetzt endlich eine öffentliche Anerkennung. Leider hat der Betriebsrat des Bremer Vulkan seine ehemaligen Kollegen nicht mehr ehren können. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, wenn der DGB/die IG Metall sich der Gewerkschaftskollegen erinnern würde, z. B. am 1. Mai.“
Im September 2004 im Rahmen des Projekts „Stolpersteine“ beschäftigten sich eine Klasse des Schulzentrums Lerchenstraße unter der Leitung von Detlef Stockinger schon seit längerer Zeit mit der Person Leo Drabent; sie übernahmen die Patenschaft für einen Stolperstein für Leo Drabent, Am Willmannsberg 26 in Vegesack. Die Stolpersteinverlegung fand am 4. Mai 2005 statt. Für Hans Neumann wurde in der Fresenbergstraße 79 in Bremen-Blumenthal ein Stolperstein gelegt. Die Patenschaft übernahm Gerd-Rolf Rosenberger. Der bekannte Schauspieler Rolf Becker legte im Herbst 2005 einen großen Rosenstrauß am Stolperstein von Hans Neumann nieder.
1 9. Juni 2 0 1 2 BürgerInnen und Bürger stellen an den Ortsamtsbeirat Blumenthal gerichtet den Bürgerantrag, eine Straße in Blumenthal nach dem ermordeten Widerstandskämpfer Leo Drabent zu benennen. Durch die Verlängerung der B 74 in Richtung Farge wurde die Richard-Taylor Straße geteilt. Eine der beiden Teile könnte zur Leo Drabent Straße werden.
Der Bürgerantrag wurde einstimmig beschlossen, keine Gegenstimme. Trotz mehrmaliger Anfragen von Andreas Bähr, sachkundiger Bürger der Linkspartei, auch an den Ortsamtsleiter Peter Nowack, ist nach 5 Jahren und 6 Monaten gar nichts passiert!!
Freitag, den 21. November 2 0 1 4 3 7 FriedensfreundInnen dachten an Leo Drabent und Hans Neumann, die vor 7 0 Jahren enthauptet wurden. Bei den Stolpersteinen von Leo und Hans legten wir Rosensträuße und brennende Kerzen nieder. Ich hielt die Friedensrede auf der Gedenkkundgebung.
Am 10. Juni 2 0 1 6 wurde nach der Friedenskundgebung im Bürgerhaus Vegesack von Johannes Philipp, engagierter Christ und seit 6 0 Jahren Mitglied in der IG Metall, Andreas Bähr, sachkundiger Bürger der Linkspartei im Ortsamtsbeirat Blumenthal, Helmut Rosieka, Fußballer und Mitglied im Blumenthaler Sportverein (BSV) seit 6 0 Jahren, Mitglied im Ältestenrat des BSV und Gerd-Rolf Rosenberger das Projekt entwickelt, wenn von den OFFIZIELLEN SEIT VIELEN JAHREN NICHTS GEMACHT WIRD, AUCH KEIN INTERESSE UND ENGAGEMENT VORHANDEN IST, alles selbst in die Hand zu nehmen, individuell zu spenden und eine Benefiz Veranstaltung zu Ehren der beiden ermordeten Arbeiter durchzuführen, die Voraussetzungen zu schaffen, Leo Drabent und Hans Neumann mit einer Straße oder einem Weg ehrenvoll zu würdigen.
Von den Verantwortlichen des Stadtteils Blumenthal wurde wiederholt gesagt, für eine Straßen- oder Wegebenennung wäre kein Geld vorhanden, so was würde um die 2000 Euro kosten! Wir machten Brücken, Wege und Straßen aus, die noch keine Namensnennung tragen. Ich rief den Filmschauspieler Rolf Becker an, der zusagte, im Gustav Heinemann Bürgerhaus eine Benefiz- Lesung durchzuführen.
Donnerstag, den 17. November 2 0 1 6 Der Schauspieler Rolf Becker rezitiert in der Cafeteria des Gustav Heinemann Bürgerhauses fast 2 Stunden H E I N R I C H
H E I N E. 1 0 5 Freundinnen und Freunde spenden auf der Benefiz Veranstaltung 2 6 0 0 Euro. Gute Freunde aus der Stadt Bremen, die an der Veranstaltung teilnahmen, mit unserem Anliegen für Leo Drabent und Hans Neumann voll solidarisch sind, handwerklich dabei sehr geschickt, versprachen uns, bei einer Straßen- oder Wegebenennung uns aktiv zu unterstützen und praktisch zu helfen.
NICHT EIN OFFIZIELLER AUS BREMEN-NORD WAR BEI DER BENEFIZ-VERANSTALTUNG ANWESEND.
4. O k t o b e r 2 0 1 7 Der Historiker Ulrich Schröder referiert im Gemeindehaus über die Arbeiterbewegung in Bremen-Nord. Ein Diskussionsbeitrag von mir war dem Gedenken an Leo Drabent und Hans Neumann gewidmet mit der Forderung, eine Straße oder einen Weg nach den standhaften Kommunisten Leo und Hans zu benennen.
Mitglieder der evangelischen-reformierten Kirchengemeinde in Blumenthal, einschließlich Pastor Ulrich Klein, unterstützen die Forderung nach einer Wegebenennung für 2 Menschen, den beiden nacheinander die Köpfe abgeschlagen wurden, weil sie konsequent für den Völkerfrieden, gegen den Krieg, für soziale Gerechtigkeit und gegen Armut einstanden!
Bremen-Blumenthal, den 6. D e z e m b e r 2 0 1 7
Gerd-Rolf Rosenberger