Wegen illegaler Betätigung
15. Januar 2017
Drei Stolpersteine liegen bislang in Bremen in Erinnerung an die Gruppe der Ernsten Bibelforscher, der Zeugen Jehovas. Mehrere größere Prozesse führte das Hanseatische Sondergericht 1935, 1937 und 1938 gegen 19 bis 29 ihrer Mitglieder. Ihnen wurde vorgeworfen, „fortgesetzt handelnd entgegen dem Verbot der bremischen Polizeidirektion vom 28.6.1933 den Zusammenhalt unter den Mitgliedern der ‚Internationalen Bibelforscher Vereinigung“ aufrechterhalten und illegale Druckschriften der Bibelforscher gekauft bzw. verbreitet zu haben.“ Als Zeuge wurde im ersten Prozess der Gestapomann Rohlfing benannt. Nur kurze Zeit sei es der Gestapo gelungen, die Mitglieder davon abzuhalten, Versammlungen durchzuführen und für ihre Überzeugungen zu werben. Der an sich nie verlorengegangene lose Zusammenhalt sei wieder enger geknüpft, die Organisation ab Sommer 1935 wieder neu aufgebaut worden. So die Anklageschrift vom 24. Juni 1937. Mindestens 80.000 Bögen Abzugspapier, sowie Sprechapparate seien gekauft, eigenes Material erstellt und verbreitet worden Namentlich werden auch Karl Klappan und Daniel Bischof genannt. …Gemeinsam mit ihm wurden auch der Bauarbeiter Martin Köhnken und der Güterbodenarbeiter Karl Klappan verurteilt. Der 1888 geborene Karl Klappan aus dem Breitenbachhof 6, Vater von drei Kindern, war seit 1922 Mitglied der Ernsten Bibelforscher. Wegen Verweigerung des Hitlergrußes wurde er bei der Reichsbahn entlassen. Am 14.07.1937 wurde er wegen Vergehens gegen §4 der „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933 (!) zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt und nach deren Verbüßung ins KZ Sachsenhausen gebracht. Der Totenschein vom 10.07.1942 lautete auf „Gehirnhautentzündung“, die Alliierte Hochkommission hingegen nahm nach dem Krieg an, dass er an „linkseitiger Rippenfellentzündung“ verstarb. …Der am 23.02.1905 geborene Kraftfahrer Johann Heere aus der Hahnenstraße 37 wurde am 17.12.1940 verhaftet, da er sich wiederholt weigerte, dem Einberufungsbefehl Folge zu leisten. Seit 1935 war er Zeuge Jehovas. Sein Führer sei der Schöpfer, machte er geltend. Er wäre kein Mörder und wolle keiner werden. Ein Angebot, den Einsatz im Sanitätsdienst oder als Schneider oder Schuhmacher in einer Militärfabrik zu leisten, wies er zurück. Auf Veranlassung des Oberreichskriegsgerichtsanwalts Korvettenkapitän Rische wurde er ein Vierteljahr lang in der Nervenanstalt Ellen auf seine Zurechnungsfähigkeit untersucht und anschließend ins Gefängnis Altmoabit verbracht, vom Reichskriegsgericht zu Tode verurteilt und am 19.07.1941 in Brandenburg-Görden erschossen. Das Landesamt für Wiedergutmachung lehnte am 09.06.1951 die Anerkennung als NS-Opfer ab, eine Verfolgung liege nicht vor, der Wehrpflicht unterliege „nach gültigem Gesetz“ jeder Wehrpflichtige. Eingeräumt wurde, dass „das Vergehen des Wehrdienstentzuges vom 3. Reich besonders hart bestraft wurde.“ Aber es sei „nicht als typisch nationalsozialistisches Gesetz (zu) bezeichnen.“ Zwei Jahre zuvor war das Grundgesetz verabschiedet worden, das weder Wehrpflicht noch Todesstrafe zuließ.
Auszug BAF 02/03.2017