Gröpelinger Lichtspieltheater von 1906 bis 1944

29. Juni 2016

1922 wurde das Gröpelinger Centraltheater von dem Filmkaufmann Simon Horwitz aus Walle übernommen…Seine Geschicklichkeit in der Auswahl zugkräftiger Filme für das Gröpelinger Publikum führte schon bald zu einem höheren Sitzplatzbedarf. 1925 pachtete er von den Sielers den gesamten Ballsaal und machte damit das Centraltheater mit 753 möglichen Sitzplätzen zu einem der größten Lichtspielstätten in Bremen….Diese Konkurrenz und die Tatsache, dass Simon Horwitz bei Sielers häufig die teuren Projektionsgeräte beiseite räumen musste, wenn einer der vielen Gröpelinger Vereine an Wochenenden oder Feiertagen ein Fest im Ballsaal ausrichten wollte, bewog ihn 1926 zur Verlegung des Spielbetriebes in die Oslebshauser Heerstr. 125. Dort richtete er im Ballsaal des Ausflugslokals „Zum Grünen Jäger“ die „Uhu-Lichtspiele“ mit ca 200 Plätzen ein….Im Jahr 1928 eröffnete die Firma Horwitz die „Skala-Palast-Lichtbild-Bühne“ mit 597 Plätzen in Gröpelingen beim Ohlenhof 6 – 8, ganz in der Nähe ihrer alten Wirkungsstätte….Die Nationalsozialisten erkannten sehr früh die Bedeutung des Tonfilms als Propaganda- und Agitationsmedium. Sie verpflichteten die Theaterbesitzer gesetzlich zur Einrichtung von Jugend-vorstellungen…Erstes Machtinstrument war die vom Reichspropagandaminister Goebbels ins Leben gerufene Reichsfilmkammer,…Ein weiteres Druckmittel war die Aufforderung an Verpächter, bestehende Pachtverträge bei bestimmten unliebsamen Personen nicht zu verlängern….Auch die Programmgestaltung und die Anzahl der Besucher wurden gesteuert….1935 musste die Familie Horwitz auf Grund des wirtschaftlichen Drucks alle vier Skala-Filmtheater weit unter Wert verkaufen….Sohn Erich war inzwischen mit seiner jüdischen Frau und seiner Tochter nach Köln gezogen, von wo sie 1941 in das Ghetto Lodz verschleppt wurden und dort starben. 1939 wanderte Sohn Julius mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn über England in die USA aus. Simon und Minna Horwitz wurden 1941 gezwungen, ihr Haus in der Parkstraße 60 zu verlassen und in das “Judenhaus“ Parkstr. 1 zu ziehen. 1942 kauften sie sich von dem Erlös einer Grundstücksveräußerung in Gröpelingen in das dortige jüdische Altersheim ein. Eine Woche nach ihrem Einzug wurden die gesamten Insassen des Altersheims in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Simon und Minna Horwitz 1944 starben. Ein “Stolperstein” in der Parkstraße erinnert heute an ihr Leiden.
Auszug BAF-Artikel 08/09.2016